Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)
nun direkt vor ihm.
„Und nun, Sheriff, schauen Sie sich mal zum Beispiel die Lampe an, die dort oben an der Decke hängt.“
Connor blickte sofort automatisch nach oben und machte damit einen seiner wenigen großen Fehler. Blitzschnell ließ Tom das Brotmesser durch die Luft kreisen, wobei es kurz in Connors ungeschützten Hals eindrang und die darin befindliche Schlagader sauber durchtrennte. Mit einem gurgelnden Aufschrei ging Connor zu Boden, während sich helles Blut über dem Fußboden ergoss. Er tastete mit seiner rechten Hand nach der Dienstwaffe, doch Tom war bereits über ihm und stach erneut zu, diesmal in die Brust. Ein Schrei voll Blut kam aus Connors Mund.
„Haben Sie jetzt verstanden, Sheriff, was in einem so komplizierten Apparat alles kaputtgehen kann?“
Während zwei Häuserblocks entfernt seine Frau fröhlich mit Mrs. Underwood plauderte, hauchte der Sheriff mit einem letzten Zittern sein Leben aus.
Tom setzte sich und trank nun endlich seinen Kaffee.
*
Flannagan stand in der Schlange, die sich ab der Kinokasse schon mit zwanzig Metern Länge bis an die Hauptstraße wand. Er hatte seine ganze väterliche Autorität ausspielen müssen, um Joey den Besuch dieser Vorstellung zu verbieten. Das war nichts für kleine Kinder.
Er würde sich nun diesen scheußlichen Film nun in aller Ruhe selbst ansehen, und anschließend würde er vielleicht bei den Connors reinschauen und mit Luke ein Bier trinken.
Irgendwann stand er dann endlich vor dem Kassenhäuschen, in welchem Tom Fuller saß. Eine Rasur hätte diesem nicht geschadet.
„Guten Abend, Tom. Na, kassieren sie heute wieder selbst? Ist Jo krank?“
„Ja, ich muss mal wieder alles alleine machen, Jo geht's nicht besonders“, erklärte Tom. „Ausgerechnet heute, wo wir soviel einnehmen, dass diese Kasse mit Fort Knox konkurrieren kann.“
Lächelnd ging Flannagan mit seinem Billett weiter Richtung Zuschauerraum.
Das war schon ein netter Kerl, dieser Fuller , er mochte ihn gut leiden.
Heute war das Kino tatsächlich zum Bersten voll.
Flannagan nahm Platz.
*
Desmond Rosenberg träumte schlecht.
Er warf sich zuckend und wimmernd auf seinem Krankenbett von einer Seite auf die andere. Speichel trat aus seinem Mund, und seine Hände krallten sich wie Klauen in das Bettlaken.
Schon der Anblick seiner toten Mutter war mehr gewesen, als die meisten Menschen verkraftet hätten. Der Mörder war bestialisch über sie hergefallen.
Aber was er gesehen hatte, als er den toten Bürgermeister entdeckte, war schlimmer gewesen. O’Brian hatte vollkommen nackt von der Decke herabgehangen, unter ihm ein umgestoßener Hocker.
Und hinter der Leiche war der leibhaftige Satan hervorgetreten. Nur kurz hatte diese Vision angedauert, zwei Sekunden vielleicht, aber lange genug für ihre zerstörerische Wirkung.
Desmond hatte wie ein verwundetes Tier gellend geschrien und war daraufhin zusammengebrochen.
Seitdem war er nicht mehr aufgewacht.
Er träumte, und er sah alle Zusammenhänge sich ineinanderfügend. In seinem unguten Schlaf sah er seinen Onkel Tom Fuller , bei dem die Fäden aller Geschehnisse der letzten Tage zusammenliefen. Er sah seinen toten Vater, der kein Mörder war, in Müllsäcken verfaulen, und er sah seine Tante aufgebläht in einem Ozean von übel riechendem Badewasser mit himmelwärts aufgerissenen, toten Augen treiben. Er sah Sheriff Connor tot auf den blutigen Steinfließen liegen, die er aus Fullers Haus kannte.
Und über allem schwebte drohend eine Kreatur, die ihm verbot, jemals wieder aufzuwachen. Für alle Zeiten würde er den schlimmsten Höllenqualen ausgesetzt sein, sobald er die Augen öffnete.
Er wachte nie wieder auf.
*
Tom betrat den Vorführraum und schloss die Tür hinter sich.
Es war soweit. Gerade eben hatte er die letzte Karte verkauft, und das Kino war zum ersten Mal, seit er es übernommen hatte, ausverkauft.
Tom ließ den Werbeblock abfahren. Die üblichen Sportartikel, Kaugummis und Schnellimbissketten wurden nacheinander in einer Reihe von kurzen Werbefilmen angepriesen. Nicht, dass dies jetzt noch nötig gewesen wäre, aber Tom wollte an seinem letzten Tag eine runde Sache abliefern, und dazu gehörte eben auch nun mal die Werbung.
Durch das Sichtfenster ließ er zufrieden seinen Blick über die vielen Menschen gleiten, die nun hier in seinem Kino jetzt versammelt waren.
Dies war das Publikum, welches er sich immer gewünscht hatte, und jetzt würde er es nicht mehr fortlassen. Von diesen Menschen
Weitere Kostenlose Bücher