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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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von Eiskrähen zu erkennen, der in der Luft über ihm gekreist hatte und sich gerade wie auf ein geheimes Kommando hin auf ihn stürzte.
    Blitzschnell ließ er seine Waffen durch die Luft wirbeln, wie er es von seinem Vater gelernt hatte. Er sah jeden Angriff voraus, und jeder seiner Hiebe, jeder Stich traf sein Ziel. Innerhalb weniger Augenblicke lagen ein Dutzend blutige Vögel regungslos im Schnee, und der Rest stob in heller Panik davon.
    Die Gestalt, die das alles mit grausamer Ruhe betrachtete, bemerkte Gorian zunächst nicht.
    »Beachtlich, wie du kämpfen kannst!«, sagte eine spöttische Stimme, die Gorian nur allzu bekannt war. Er hatte sie in seinen Gedanken zu oft gehört, seit er sich im Einflussbereich von Morygors Aura befand.
    Ein junger Caladran befand sich gut ein Dutzend Schritte von ihm entfernt. Er trug Stiefel mit hohen Schäften, eine eng anliegende Hose und ein weites Hemd, das fast bis zum Gürtel offen war und den Blick auf fast pergamentartige elfenbeinfarbene Haut freigab. Das Haar fiel dunkel und seidig über die Schultern herab und wurde durch ein edelsteinbesetztes Stirnband zusammengehalten. Das Kinn wirkte markant und das Lächeln, das in dem jugendlich wirkenden Gesicht stand, ausgesprochen zynisch.
    »Na, freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?«, fragte der Caladran. »Ist es nicht das, wonach du gestrebt hast? Die Schicksalslinie des Herrn der Frostfeste zu kreuzen? Nun, dein Wunsch sei mir Befehl und werde hiermit erfüllt.« Er lachte und stemmte überlegen die Hände in die schmalen Hüften.
    Der Caladran trug keinerlei Waffen, wie Gorian verwundert registrierte.
    Was ist das für ein Spiel, das er hier treibt?, ging es Gorian durch den Kopf.
    Der Caladran – wer immer er auch sein mochte – schien tief genug in Gorians Geist eindringen zu können, um die Gedanken des Ordensschülers zu lesen. Manchmal spürte Gorian, wie die magischen Fühler eines fremden Wesens seine Seele durchforschten, ohne dass er sich im Moment dagegen zu wehren vermochte. Vielleicht lag das an seiner gegenwärtigen Schwäche, vielleicht aber auch an der ungeheuren Stärke seines Gegenübers. Er spürte die magischen Kraftlinien, die von dem jungen Caladran ausgingen.
    »Na los, worauf wartest du?«, höhnte der Caladran. »Wolltest du mich nicht erschlagen? Bist du nicht deswegen hergekommen? Oder stört es dich, dass ich unbewaffnet bin. Du solltest dich nicht von Äußerlichkeiten täuschen lassen, Ordensschüler. Lernt man das bei euch nicht mehr? Oder haben mich meine Freunde, die ich unter den Ordensmeistern habe, vielleicht in diesem Punkt falsch informiert?« Er zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer, die Bezeichnung Magie ist für das, was in dieser Vereinigung von jämmerlichen Gestalten getrieben wird, etwas arg großspurig, würde ich sagen.«
    »Du bist nicht Morygor!«, stellte Gorian fest.
    Der Caladran lächelte erstaunt. »Du hast ja sogar deine Sprache wiedergefunden, Bürschchen. Bemerkenswert. Allmählich scheinst du wieder zu Kräften zu kommen, und ich täte wohl gut daran, dafür zu sorgen, dass du bald erschlagen wirst. Warum, meinst du, kann ich nicht Morygor sein? Weil man erzählt, dass der sich im Laufe der Zeit und unter dem Einfluss magischer Kräfte in ein abgrundtief hässliches Wesen verwandelt habe? In ein Monstrum, das die Frostfeste seit hundert Jahren nicht mehr verlassen hat und bei dessen Anblick selbst ein Orxanier Grauen verspürt?« Er schüttelte wie mitleidig den Kopf. »Man sollte erstens nicht alles glauben, was so erzählt wird. Und zweitens gebe ich zu, auf mein Äußeres zu achten, wenn ich auf die Jagd gehe. So wie jetzt!«
    Er streckte die Hand aus und entriss Gorian den Rächer durch die Kraft seiner Magie. Die Waffe flog in die ausgestreckte Rechte des Caladran. »Überrascht?« Er lächelte kalt. Ansatzlos schleuderte er den Rächer zurück.
    Gorian wollte ausweichen, schaffte es aber nicht rechtzeitig und wurde an der Schulter getroffen. Tief drang die Klinge in sein Fleisch, er ging zu Boden und stöhnte laut auf, als er mit der freien Hand den Rächer aus der Wunde zog. Schwarzes Blut trat aus, und für einen kurzen Moment schwanden ihm erneut die Sinne.
    »Man erzählt so vieles, und es zeigt sich immer erst später, ob es der Wahrheit entspricht oder nicht«, sagte der Caladran. »So sagt man auch, dass dieser Speerstein die letzte Hinterlassenschaft eines Geschlechts von Riesen sei, die man einst von hier durch das Weltentor

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