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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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den einzigen Menschen in Sichtweite, zwei alten Leuten, die unter einem Tamarindenbaum auf der Erde hockten. Um sie herum erstreckte sich das leere Camp: Grüppchen windschiefer Hütten, erbaut aus Stroh und zerschlissenen Plastikplanen.
    » Kudual «, begrüßte Gott die beiden Alten. »Seid ihr hungrig? Ihr seht hungrig aus.«
    Der Mann schlief im Sitzen, vornübergebeugt, die nackten Beine unter sich geknickt wie zerbrochene Stecken. Die Frau hob langsam den Blick und nickte. Gott bot ihr von der unerschöpflichen Hirse an. Mit einer Hand, die so schwarz
und verschrumpelt war wie ein Streifen Dörrfleisch, langte sie in den Sack und nahm sich ein wenig, drückte das Korn dann mit beiden Händen an ihre Brust, nickte bescheiden und murmelte dazu Worte des Danks.
    »Nimm noch mehr«, sagte Gott. »Bitte. Es ist genug da.« Ohne Umstände gehorchte die alte Frau. Sie häufelte die Hirse neben sich auf dem Boden auf, griff nach Gottes Hand (die er ihr, beschämt und gepeinigt von seiner Unfähigkeit, ihrem Elend abzuhelfen, zu entziehen versuchte) und küsste sie, ehe sie ihren Mann mit einem derben Stoß mit dem knochigen Ellenbogen weckte.
    »Los, such uns Holz und Wasser zum Kochen«, befahl sie. »Wir haben zu essen.«
    Mit der Bedächtigkeit dessen, den die Erfahrung gelehrt hat, seinem Glück nicht ohne Weiteres zu trauen, faltete der alte Mann sich auseinander und stand auf. Gott sah ihm nach, wie er durch das leere Camp davonschlurfte.
    »Dieser Mann hat einmal fünfhundert Rinder besessen«, sagte die Frau. »Und schau ihn dir jetzt an.«
    »Alte Frau, darf ich dich fragen«, sagte Gott, »ob du einen Jungen kennst, der Thomas Mawien heißt? Fünfzehn Jahre alt, aber ziemlich groß? Die Dschandschawid haben ihn vor vielen Jahren als Sklaven genommen. Aber er ist ihnen entwischt.«
    »Ich kenne ihn nicht«, erwiderte die Frau. »Aber deshalb kann er trotzdem hier sein.«
    »Hier ist gar niemand, so wie es aussieht«, sagte Gott. »Haben die Dschandschawid das Lager überfallen?«
    Die Frau entblößte viel rotes Zahnfleisch ohne Zähne. »Nein, heute nicht«, lachte sie. »Heute ist der große Mann hier, da sind wir sicher.«
    »Was für ein Mann?«

    »Der ajak , der Dicke. Fett und bleich wie eine Mango. Der ist aus Amerika zu Besuch. Wo immer das sein soll. Geht herum, lächelt, schüttelt Hände.«
    Aus Amerika. Damit wusste Gott, wer dieser ajak war und wie er ihm vielleicht dabei behilflich sein konnte, Thomas zu finden.
    Die Frau fuhr fort: »Morgen fährt er wieder heim« - sie hob langsam die Hand in die Höhe, um ein startendes Flugzeug anzudeuten - »und die Dschandschawid kommen zurück.«
    »Wo ist er jetzt?«, fragte Gott.
    »Drüben auf der Westseite«, sagte die Frau. »Deshalb siehst du hier niemand. Sie laufen alle hinter ihm her wie die Blöden und singen und tanzen herum.«
     
    Colin Powell in seinem vollklimatisierten Chevrolet Suburban konnte die zornige Sonne nichts anhaben. Er hatte den Kopf gesenkt und sprach mit gedämpfter Stimme in ein Satellitentelefon. Auf dem Ledersitz ihm gegenüber saß ein ranghoher Beamter des Außenministeriums, Powells Ralph-Lauren-Leinenjackett auf dem Schoß. Draußen bildete der Secret Service einen engen Kordon um den Wagen. Alle Agenten trugen schwarze Stiefel, khakifarbene Hosen und Westen, verspiegelte Sonnenbrillen und dazu Schenkelhalfter mit SIG-Sauer-P229-Pistolen, alle hielten sie eine Heckler & Koch-MP5 im Anschlag. Solcherart angetan, spähten sie hinaus auf die singende, heulende Menge der Dinka-Flüchtlinge, tauschten über winzige Ohrstöpsel Informationen und gelegentlich ein knappes Kommando aus und demonstrierten trotz 35 Grad im Schatten eine roboterhafte, transpirationsfreie Führungspräsenz.
    Mit einem Fluch schaltete Powell das Telefon aus. »Verraten
Sie mir eins«, sagte er zu dem Beamten. »Warum bekomme ich jedes verdammte Mal die armseligsten Aushilfs-Knallchargen im ganzen Weißen Haus an die Strippe? Warum habe ich in fast vier Jahren ganze drei Mal mit diesem Proleten-Arschloch selber gesprochen? Und zweimal davon bei der Scheiß- Weihnachts feier?«
    »Keine Ahnung, Sir«, sagte der Beamte. »Wegen diesem Fauxpas vielleicht, den Sie sich im Februar in der Washington Post geleistet haben? Aber hören Sie, wir sollten unsere Stichworte für die Pressekonferenz heute Abend durchgehen …«
    »Ich kann Ihnen ganz genau sagen, warum«, sagte Powell. »Weil ich schwarz bin.«
    »Also, ich weiß nicht, Sir«, sagte der Beamte,

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