0705 - Schrei nach dem Satan
Aber sie liebte Carter Eastland doch. Es hatte beide wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen, aber dann waren sie in ein Karussell des Schreckens hineingeraten, und das Grauen hatte sich potenziert.
Ihr Zimmer lag an der Rückseite des Hauses, im Parterre. Im ersten Stock befanden sich die drei Gästezimmer. Dort wollten die beiden Fremden aus London logieren, die zusammen mit einem Mönch aus dem Kloster St. Patrick in Farthham eingetroffen waren.
Zum Haus gehörte auch eine Gaststätte. Sie lag nach vorn hin, und dicke Mauern dämpften die Stimmen der Gäste, wobei sich kaum einer mehr in den »Highlander« verirrte.
Die Bewohner des Dorfes hatten Angst, seit sechs von ihnen von einer dämonischen Pest befallen waren.
Wer zog die Fäden?
Darüber hatte Beth mit ihrer Großmutter gesprochen. Doch auch die alte Dame hatte keinen Rat gewusst und konnte nur Vermutungen äußern, die sich samt und sonders auf die alten Sagen und Legenden bezogen, die man sich in Farthham flüsternd erzählte.
Es waren schlimme Geschichten von einem Alchimisten namens Ampitius, der zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges sein Unwesen in den einsamen schottischen Hochtälern getrieben hatte. Zwar hatten sich großen Wirren des Krieges mehr auf dem Festland abgespielt, aber ganz ungeschoren waren auch die Schotten und Briten nicht davongekommen.
Es war auch die Zeit der Pest gewesen, die Millionen von Opfern gefordert hatte.
Und jetzt war die Pest, zurückgekehrt. Ausgerechnet nach Farthham, aber es war nicht die normale, sondern eine Pest, die einen dämonischen Ursprung besaß.
Beths Großmutter glaubte fest daran, und sie hatte auch ihre Enkelin davon überzeugt.
Nicht aus dem Zimmer gehen. Es um Himmels willen nicht verlassen. So und nicht anders lauteten die Warnungen der alten Frau, an die sich Beth unbedingt halten wollte.
Bisher hatte sie sich im Haus ihrer Eltern immer sicher wie in Abrahams Schoss gefühlt.
Das war jetzt vorbei!
Trotz der geschlossenen Tür und des ebenfalls geschlossenen Fensters hatte sie den Eindruck, als wäre sie zwischen diesen Wänden nicht mehr als ein kleiner Käfer, der irgendwann zerquetscht werden konnte, wann immer es seinem mächtigen Gegner passte.
So dunkel das Haus auch von außen aussah, so gegenteilig wirkte das Zimmer.
Es war hell tapeziert worden. Die Wände sahen aus, als würde frisch gefallener Schnee an ihnen kleben. Dazwischen lockerten die bunten Aquarelle das strenge Bild auf, und durch ein quadratisches Fenster fiel eigentlich genügend Licht, um dem Zimmer eine freundliche Note zu geben.
Aus hellem Holz bestanden auch die Möbel. Sie waren mit bunten Tüchern dekoriert, und bunte Sommerblumen gaben dem Raum ein noch freundlicheres Aussehen.
Und doch fühlte sie sich nicht wohl.
Sie saß auf dem modischen Sessel, dessen Rückenteil wie eine Birne geformt war, starrte auf die Mattscheibe des TV-Apparates, ohne ihn jedoch einzustellen.
Zeit floss dahin…
Ihr Gefühl besserte sich nicht. Der Druck blieb. Wenn ihr jetzt jemand das köstlichste Gericht angeboten hätte, sie hätte es stehen lassen und nicht gegessen.
Dieser Tag war schrecklich, und er war noch nicht beendet, denn zu ihm gehörte eine Nacht.
Die Nacht der Nächte, die Nacht der Entscheidung, wie ihre Großmutter gesagt hatte.
Wenn sie vorbei war und alle noch lebten, dann erst würden sie aufatmen können, aber soweit war es noch nicht. Draußen schien die Sonne, auch wenn sie ihren höchsten Stand längst hinter sich gebracht hatte und nach Westen hin wanderte, wo sie irgendwann hinter den hohen Bergspitzen untergehen würde.
Schatten waren da.
Jeder Mensch warf einen Schatten, jedes Haus, jeder Baum. Der Schatten brachte Kühlung. Mensch und Tier sehnten sich nach ihr, aber nicht Beth.
Ihr machten die ersten Schatten Angst!
Sie erinnerten sie an gefährliche Wesen, die aus irgendwelchen düsteren Reichen gekrochen waren, um die Welt der normalen Menschen zu erobern.
Auch in ihrem Zimmer breiteten sich die ersten Schatten aus. Die Sonne schien nicht mehr in das Fenster hinein. Es war düsterer geworden. Beth schien es, als wollte sich die Umgebung ihrer Stimmung anpassen. Ihren Eltern hatte sie persönlich nichts erzählt. Was es zu sagen gab, hatte ihre Großmutter berichtet, und damit mussten sich die Morgans eben abfinden.
Zur Einrichtung gehörte auch ein Kühlschrank. Er war nicht groß, reichte für eine Person aus und war meist mit Getränken gefüllt. Da ihr die Zunge wie ein
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