Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Beverfjord
Vom Netzwerk:
in der Verbandszeitung gehörig kommentiert worden war.
    Gerade über diesen Fall hatten zahlreiche Gerüchte kursiert. Ein Kind, ein fünfjähriges Mädchen, war eines Nachmittags von zu Hause verschwunden. Man war von Entführung ausgegangen, bis Joakim der Polizei einen Tipp gegeben hatte, wo die Leiche versteckt war. Als man das Mädchen gefunden hatte, war der Vater zusammengebrochen und hatte gestanden, das Kind missbraucht und ermordet zu haben. Kurze Zeit nach der Preisverleihung hatte Joakim an der Journalistenschule einen Vortrag über Kriminaljournalistik gehalten, doch woher er gewusst hatte, wo die Leiche des Mädchen vergraben war, hatte er nicht verraten. Agnes hatte sichtlich beeindruckt in der letzten Reihe gesessen und dem großen Mann in dem weißen Hemd und der dunklen Jeans zugehört.
    Seit sie bei Nyhetsavisen arbeitete, hatte sie ihren Eindruck korrigieren müssen. Joakim war sehr zurückhaltend, doch Agnes hatte bisher nicht herausgefunden, ob er nun schüchtern oder arrogant war. Er war auch nicht sonderlich großzügig, was Komplimente anging. Dass sie den Stoff geliefert und ihnen zu dem Exklusivinterview mit der Freundin des Mordopfers verholfen hatte, hatte er nicht einmal kommentiert. Er gehörte vermutlich zu denen, die am liebsten die Lorbeeren für die Arbeit anderer ernteten, wie das bei den karrieregeilen männlichen Kollegen oft der Fall war.
    Das Stopp Pressen lag nicht weit von den Redaktionsräumen entfernt. Die Raucher hatten sich an den schmalen Stahltischen draußen vor der Bar zusammengerottet. In den Fenstern hingen Pressebilder. Drinnen war es nur halb voll. Die imposante Theke aus dunklem Holz dominierte das kleine Lokal.
    Â»Agnes!«
    Sie drehte sich um und sah ihren Chef. Sverre Ekker leitete das politische Ressort von Nyhetsavisen. Er saß mit mehreren Kollegen ganz hinten im Lokal und winkte sie zu sich. Agnes lächelte und ging zu ihm.
    Â»Agnes, setz dich!«, insistierte Ekker und zeigte auf den Platz neben sich auf dem Sofa.
    Er war ein gut aussehender Mann Anfang vierzig, mit schwarzen Haaren, die von silbernen Strähnen durchzogen waren, einem intensiven Blick und einem charmanten Lächeln. Während ihres Vorstellungsgesprächs hatten sie sich gut unterhalten, fast schon miteinander geflirtet. Sie zwängte sich auf das Sofa und setzte sich.
    Die Stimmung war super. Agnes trank schnell und gierig, um die anderen einzuholen. Sie unterhielten sich über die bevorstehende Wahl, die neuen Parteivorsitzenden und darüber, welcher der Kandidaten im Wahlkampf siegen und wer wohl scheitern werde. Agnes war so engagiert, dass sie zunächst gar nicht wahrnahm, wie nahe Ekker an sie herangerückt war. Sie bemerkte es erst, als er ihr etwas ins Ohr flüsterte. Er raunte, dass ihr bei Nyhetsavisen womöglich eine große Zukunft bevorstehe. Sie habe Eindruck auf ihn gemacht. Vielleicht werde sie sogar einmal eine Führungsposition einnehmen?
    Anfangs hatte er mit seinen Schmeicheleien Erfolg. Sie drehte sich zu ihm und lächelte. Sie war in Hochstimmung, begeistert, überwältigt. Doch dann fielen Agnes die Reaktionen der Kollegen auf. Skeptische Blicke, leichtes Augenrollen. Agnes begriff zunächst nicht, was los war, bis sie die Hand spürte, die unter dem Tisch ihren Oberschenkel hinaufwanderte. Freundlich, aber bestimmt schob sie sie weg und legte sie zurück in Ekkers Schoß. Er neigte den Kopf und warf ihr einen frotzelnden Blick zu, bevor seine Hand wieder unter ihren kurzen Jeansrock kroch. Ekker gab nicht auf und war zu betrunken, um sich um ihren Protest zu scheren. Er lachte heiser, lehnte sich gegen sie und ließ die Hand weiter ihren Schenkel hinaufwandern.
    Sie spürte seine feuchte Stirn an ihrer Wange, die Hand, die sie zwischen den Beinen berührte. Als sie immer weiterkroch, sich unter den Rand ihres Slips schob, sah Agnes rot und warf Sverre Ekker das Bierglas an den Kopf, das sie in der rechten Hand hielt. Sie war auf der Stelle wieder nüchtern, als sie das Blut an seiner Stirn hinunterlaufen sah.
    Am Tisch wurde es still. Auch vom Nachbartisch starrten alle zu ihnen herüber, und Sverre Ekker schrie wütend: »Mach, dass du fortkommst, du verdammte Hure! Du bist fertig bei der Zeitung, hörst du? Fertig!«
    Agnes stand auf, griff nach ihrer Tasche und lief nach draußen.

Kapitel 5
Montag, 2. Mai
    Die Morgenkonferenz bei TV2 war für neun

Weitere Kostenlose Bücher