Gralszauber
wieder anbrechen. Es ist nicht nur
Artus’ Schwert, das den Menschen in diesem Teil des
Landes Frieden und Freiheit garantiert, Dulac. Es ist Artus
selbst.« Sie legte eine kurze Pause ein, als fiele es ihr
schwer, weiterzureden. »Aber Artus ist nicht unsterblich,
Dulac, so wenig wie du oder ich. Camelot braucht einen
Erben. Irgendwann wird der Tag kommen, an dem Artus
nicht mehr da ist, und dann muss jemand Camelots Thron
besteigen. Jemand aus seinem Geschlecht.«
»Und du –«
»Ich bin die Einzige, die ihm einen Sohn schenken kann,
der seines Blutes ist«, unterbrach ihn Gwinneth. »Ich verlange nicht, dass du das verstehst, Dulac. Es ist so. Glaube
mir einfach.«
Dulac nahm all seinen Mut zusammen. »Aber ist denn
da niemand, dem dein Herz gehört?«
Wieder dauerte es lange, bis Gwinneth antwortete, und
erneut glaubte er Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen.
Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab. Sie drehte
mit einem Ruck den Kopf zur Seite und starrte den ausgetretenen Stein zwischen ihren Füßen an.
»Nein«, sagte sie. »Es … es gab jemanden. Für eine
kurze Zeit dachte ich, da … da wäre jemand.«
»Und was ist aus ihm geworden?« In Dulacs Kehle war
plötzlich ein harter, bitterer Kloß. Wo sein Herz sein sollte, war nur eisige Leere.
»Er ist fort«, antwortete Gwinneth. »Er ist gegangen.«
»Lancelot.«
»Lancelot«, bestätigte Gwinneth. »Ein bisschen war er
wie du, weißt du? Ich glaube, er ist fortgegangen, weil er
gewusst hat, dass er Camelot den Untergang bringt, wenn
er bleibt.«
»Lancelot? Niemals! Er hätte sein Leben für Artus geopfert!«
Gwinneth sah ihn wieder an und ein trauriges Lächeln
erschien auf ihrem Gesicht. »Du hast also auch von ihm
gehört. Und du hast Recht. Er ist vielleicht der aufrechteste Mensch, dem ich je begegnet bin. Zu aufrecht, um mit
der Lüge leben zu können, für die Artus und ich uns opfern müssen. Deshalb ist er gegangen. Weil auch er weiß,
dass Camelot weiterleben muss.«
»Und wenn er zurückkäme?«
»Das wird er nicht«, antwortete Gwinneth seufzend. »Es
vergeht kein Tag, an dem ich nicht darum bete, dass er
zurückkommt, und doch flehe ich Gott an, dass es nicht
geschieht. Es wäre unser aller Ende.«
»Er hat Artus versprochen, Euer Brautführer zu sein«,
sagte Dulac.
Gwinneth sah ihn verwirrt an.
»Artus hat es mir erzählt«, sagte Dulac rasch. Er rief
sich in Gedanken zur Ordnung. Er musste aufpassen, was
er sagte.
»Dann scheinst du wirklich sein Vertrauen zu genießen«, sagte Gwinneth, aber zögernd und in einem Tonfall,
der nicht sehr überzeugt klang. Dann schüttelte sie den
Kopf. »Aber er wird nicht kommen.« Sie stand auf und
straffte sich. Während auch Dulac hastig auf die Füße
sprang, drehte sie sich herum, und als sie weitersprach,
war in ihrer Stimme ein entschiedener Ton.
»Artus und ich sind die Letzten unserer Art und wir
werden tun, was getan werden muss.«
Der Tag verging, ohne dass Dulac des Verstreichens der
Zeit überhaupt gewahr wurde. Das Gespräch mit Gwinneth machte ihm so zu schaffen, dass er sich kaum auf die
einfachsten Dinge zu konzentrieren vermochte und selbst
bei den simpelsten Handgriffen immer wieder einen Fehler beging. Tander brüllte sich die Kehle wund und Dulac
erinnerte sich düster, dass er ihn sogar geschlagen hatte …
als ob es noch irgendetwas gäbe, was ihm wehtun konnte!
Spät am Nachmittag deckte er zusammen mit Evan die
große Tafel im Thronsaal. Artus hatte ihm zwar aufgetragen, es allein zu tun, aber die Bewirtung von mehr als
fünfzig Gästen war eine Aufgabe, die von einem allein
unmöglich zu bewältigen war. Selbst zu zweit schafften
sie es gerade, die Gedecke aufzutragen, bevor draußen auf
dem Gang die schweren Schritte eisenbeschlagener Stiefel
laut wurden.
Es war Artus, der den Thronsaal als Erster betrat. Er trug
Kettenhemd und Wappenrock und darüber einen dunkelroten Mantel, der mit goldenen Stickereien verziert war.
Um seine Hüfte lag ein silberbeschlagener Gürtel, an
dem eine ebenfalls mit Silber beschlagene Schwertscheide
hing. Excaliburs reich verzierter Griff ragte daraus hervor.
Artus verhielt mitten im Schritt, als er Evan erblickte,
und runzelte missbilligend die Stirn, aber dann ließ er seinen Blick über die riesige gedeckte Tafel schweifen und
Dulac konnte in seinen Augen lesen, dass er die Unmöglichkeit seines Befehles einsah. Er nickte fast unmerklich
in Dulacs Richtung und steuerte dann mit schnellen
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