Granger Ann - Varady - 04
Großmutter, ja? Jede Wette,
dass dieses sentimentale Erinnerungsstück inzwischen ein
hübsches Sümmchen einbringt.«
Bertie beugte sich zu mir vor, und in seinen kleinen
Schweinsaugen funkelte nackte Bosheit. Dieser Mann schien
mich wirklich zu hassen. »Um es in Ihrer Sprache zu sagen:
Machen Sie, dass Sie sich verpissen!«
Und das tat ich dann auch. Ich wusste, dass ich keine
Chance hatte, die Auseinandersetzung mit Bertie zu gewinnen. Was er über den Immobilienmakler gesagt hatte, war
nicht ganz falsch. Ich vermute, es hätte für einen potenziellen Käufer tatsächlich nicht besonders gut ausgesehen, mich
in der Küche vorzufinden. Ich sammelte meine wenigen mir
verbliebenen Besitztümer ein, und dann machte ich mich
mit Bonnie im Schlepptau zu Haris Zeitungsladen auf, um
Ganesh von meinem Rauswurf zu berichten.
»Das ist unglaublich!«, sagte Ganeshs Onkel Hari, nachdem er sich meine Geschichte mit wachsender Bestürzung
angehört hatte. Doch dann hellte sich seine Miene auf. »Ich
hab eine Idee! Sie können in meiner Garage wohnen, bis das
Amt Ihnen eine neue Wohnung zugewiesen hat.«
Es war eine große Erleichterung. Und es wäre der geeignete Augenblick gewesen, um Onkel Hari gegenüber anzudeuten, dass das Sozialamt mir, allein stehend, kinderlos
und nicht einmal in dieser Gemeinde gebürtig, ganz bestimmt keine Wohnung zuweisen würde. Ich war ein Fall
von, wie es in der Sprache der Bürokraten heißt, »untergeordneter Priorität«. Das ist die offizielle Umschreibung dafür, dass ich an allerletzter Stelle komme.
Doch Hari hatte genügend andere Sorgen. Warum sie also unnötig vermehren? Ich bedankte mich artig bei ihm,
und Ende Januar zog ich in seine Garage ein. Hernach
konnte das Jahr 2000 eigentlich nur noch besser werden.
Hoffte ich.
Ich musste meine neue Unterkunft mit einem Stapel Kisten teilen. Die Luft stank nach Motoröl und Benzin, auch
wenn es Ewigkeiten her war, dass Onkel Hari einen motorisierten Untersatz hier in der Garage abgestellt hatte. Das
einzige – und rein symbolische – Transportmittel war ein
altes rostiges Fahrrad mit platten Reifen und fehlendem Sattel. Wenn das Garagentor geschlossen war, musste man
ständig das Licht brennen lassen, weil es keine Fenster gab.
Aber wenigstens gab es elektrischen Strom. Und es gab eine
kleine Tür auf der Rückseite, die auf den Hinterhof hinter
Onkel Haris Laden führte, sodass ich auf diese Weise kommen und gehen und das vordere Garagentor aus Sicherheitsgründen verschlossen bleiben konnte. Ich hatte ein
Klappbett aufgestellt mit einem Schlafsack darauf sowie einen Calor Gasofen. Ich benutzte die Toilette und das
Waschbecken von Onkel Haris Laden, und wenn ich ein
Bad nehmen wollte, konnte ich nach oben in die Wohnung
über dem Geschäft gehen, wo Hari und Ganesh wohnten.
An einigen Abenden aß ich auch bei ihnen. Und so war es,
um fair zu sein, längst nicht so schlimm um mich bestellt,
wie es vielleicht im ersten Augenblick geklungen hatte.
Hari war zufrieden mit dem Arrangement, weil er wohl
davon ausging, dass es nur vorläufig war. Ich war zufrieden,
weil ich frei war. Ganesh war missgelaunt und unglücklich,
weil er der Meinung war, dass es menschenunwürdig wäre.
»In einem Hauseingang zu schlafen ist noch viel schlimmer«, widersprach ich ihm zu Beginn unserer Unterhaltung.
»Niemand verlangt von dir, in einem verdammten Hauseingang zu schlafen!«, entgegnete Ganesh. »Du könntest auf
Onkel Haris Sofa schlafen!«
»Das hat dein Onkel Hari mir aber nicht angeboten.«
»Weil er geglaubt hat, du würdest nur für ein paar Tage
hier bleiben! Inzwischen wohnst du schon einen ganzen
Monat in der Garage!«
»Ich hab doch schon gesagt, dass ich meinen Teil zur
Stromrechnung beisteuere.«
»Vergiss die Stromrechnung!« Ganesh redete sich allmählich in Rage. »Ich weiß, dass ich Hari überreden kann, dich
als Untermieterin in der Wohnung aufzunehmen, wenn du
mich nur lässt!«
»Auf gar keinen Fall! Bist du verrückt? Deine Familie
würde in die Luft gehen! Sie würden alle auf der Matte stehen, jeder Onkel, jede Tante, jeder Cousin und jede Cousine, und auf dich einreden! Du weißt genau, was deine Familie von mir hält!«
»Sie mögen dich.«
»Aber nur, wenn ich genügend Sicherheitsabstand zu ihnen einhalte. Sie denken, ich hätte einen schlechten Einfluss
auf dich.«
An diesem Punkt ging Ganeshs Temperament mit ihm
durch, was wirklich nur selten geschieht, aber wenn es so weit
ist, dann muss man sich
Weitere Kostenlose Bücher