Granger Ann - Varady - 05
kennen: Die Familie Baskerville
wird wegen der Verbrechen irgendeines Vorfahren von einem übernatürlichen Hund bedroht. Sir Charles Baskerville
wurde tot aufgefunden, und neben seinem Leichnam war
der Abdruck einer Hundepfote. Sein Erbe, Sir Henry, ist soeben aus Kanada nach England gekommen, um sein Erbe
anzutreten. Der Hausarzt der Familie wendet sich an Holmes, weil er befürchtet, der Hund könne auch Henry töten.
Also schickt Holmes seinen Assistenten Watson nach Devon, um Sir Henry zu beschützen, während er sich selbst
draußen im Moor versteckt. Dann gibt es da noch einen
Schmetterlingsjäger namens Stapleton und seine Schwester
(die in Wirklichkeit seine Frau ist) und einen entkommenen
Sträfling (der mit Sir Henrys Haushälterin verwandt ist),
und alles wird ein wenig kompliziert. Der Höhepunkt ist das
Auftauchen des grässlichen Hundes, der den armen Sir
Henry verfolgt. Sir Henry wird von Holmes und Watson in
letzter Minute gerettet und das Rätsel aufgeklärt. Es gibt
noch ein paar weitere Charaktere in der ursprünglichen Geschichte, doch Marty hat sie herausgeschnitten. Sie werden
verstehen, warum.
Ich sollte die weibliche Hauptrolle übernehmen: Mrs
Stapleton, die Frau, in die sich Sir Henry verliebt. Marty
selbst spielte Sir Henry. Holmes konnte er nicht spielen,
weil er nicht die richtige Figur besaß. Jeder, der sich Holmes
vorstellt, denkt an Basil Rathbone in jenen wundervollen
Schwarz-Weiß-Filmen oder Jeremy Brett in der alten Fernsehserie. Marty jedoch war klein und untersetzt mit einem
pummeligen Gesicht, zurückweichendem blonden lockigen
Haar und Brillenträger. Er besaß eine starke Ähnlichkeit mit
einem Teddybär. Ich war nicht einmal sicher, ob er die richtige Besetzung für Sir Henry Baskerville war, aber wahrscheinlich sah ich auch nicht nach der richtigen Besetzung
für die Rolle einer exotischen Schönheit wie Mrs Stapleton
aus; deswegen verkniff ich mir jede Kritik. Ich bin ebenfalls
eher klein und trage die Haare kurz geschoren, bis auf vorne, wo sie länger sind und wie eine buschige Tiara abstehen.
Ich hatte mich von einem ehrgeizigen Friseurlehrling zu
dieser Frisur überreden lassen.
Marty hatte jemanden namens Nigel gefunden, einen
großen, hageren Burschen, der die Rolle des Sherlock Holmes spielen sollte. Mein Freund Ganesh spielte Dr. Watson.
Ich weiß, dass der Dr. Watson aus den Romanen kein Inder
ist, doch ich war überzeugt, dass Gan seine Rolle gut spielen
würde. Es war schwierig gewesen, ihn zu überzeugen; er hatte sich nie besonders für die Bühne interessiert, doch wir
hatten an ihm festgehalten, weil Marty ihn unbedingt in dieser Rolle haben wollte. Obwohl wir ihn zu zweit bearbeitet
hatten, war Ganesh anfangs stark geblieben, bis uns sein
Onkel Hari schließlich zu Hilfe gekommen war und ein
Machtwort gesprochen hatte. Hari hat eine heimliche romantische Ader, die ihr Ventil normalerweise darin findet,
dass er sich endlos Videos mit Bollywood-Filmen ansieht. Er
war überzeugt davon, dass Ganesh mit seiner Rolle als Watson im Rose Pub den ersten Schritt auf dem Weg zum Star
machen würde. Haris Begeisterung für das ganze Projekt
war alarmierend. Er war sogar bereit, Ganesh früher aus
dem Laden gehen zu lassen, damit er pünktlich zu den Proben kam – vorausgesetzt, es geschah nicht allzu häufig.
Wir hatten das Stück in meiner Wohnung gemeinsam gelesen. Das war nicht so einfach gewesen, wie es vielleicht
klingen mag. Marty, der es geschrieben und ausgedruckt
hatte, litt an einer leichten Dyslexie und entzifferte seine
Zeilen auf die abenteuerlichste Weise. Wir alle waren zunehmend ungeduldig und nervös geworden, bis ein derb
aussehendes rothaariges Mädchen nach Kostümen gefragt
hatte.
Sie würde gleich zwei Rollen spielen, die von Sir Henrys
Haushälterin und die von Holmes’ Wirtin, Mrs Hudson,
und hatte daher ein besonderes Interesse an der Antwort.
Marty sagte ihr, dass er entschieden hätte, sie müsse sich mit
Schaumstoff polstern, um dick genug für Mrs Hudson zu
sein, und zusätzlich eine Haube tragen, um ihr Haar zu verbergen. Für die Rolle der Haushälterin solle sie schlank auftreten und ein Pincenez tragen. Marty persönlich hatte ein
Pincenez aus Draht gefertigt, und die Haube war eigentlich
eine Duschhaube, die er von seiner Vermieterin geborgt
hatte. Er holte beide Artikel mit einer Geste von bescheidenem Triumph aus einer Plastiktüte.
Das zeitigte jedoch nicht ganz den Effekt, den er sich erhofft
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