Grant County 03 - Dreh dich nicht um
die Benutzer eintragen. Du könntest mal nachschauen, wer Zugang hatte.«
»Mach ich«, sagte er. »Aber wenn beide Zugang hatten, wird es schwer zu beweisen sein.« Jeffrey zögerte. »Ehrlich gesagt, Sara, wenn Brian einen seiner Söhne umgebracht hätte, dann doch sicher Richard, und zwar nicht mit einer Nadel.«
»Was für eine schreckliche Art zu sterben«, sagte Sara und stellte sich die letzten Minuten in Andy Rosens Leben vor.
»Zuerst werden seine Glieder taub, dann hören sein Herz und die Lungen auf zu arbeiten. Das Gehirn ist nicht betroffen, also hat er alles bei vollem Bewusstsein mitbekommen.«
»Wie lange dauert es, bis die Wirkung eintritt?«
»Je nach Dosierung, zwanzig, dreißig Sekunden.«
»Puh.«
»Genau. Und bei der Obduktion ist es fast unmöglich nachzuweisen. Der Körper baut es zu schnell ab. Bis vor fünf Jahren hat es nicht mal ein geeignetes Testverfahren dafür gegeben.«
»Klingt, als ob die Suche ganz schön teuer werden dürfte.«
»Wenn du Keller mit dem Succinylcholin in Verbindung bringst, treibe ich das Geld für den Test auf. Notfalls zahle ich selbst.«
»Ich tue, was ich kann«, sagte Jeffrey, doch allzu hoffnungsvoll klang er nicht. »Du wirst deiner Familie sicher alles erzählen wollen, aber könntest du bei Tessa bitte damit warten? Ich möchte es ihr selbst sagen.«
»Okay«, sagte Sara, doch sie hatte eine Sekunde zu lange gezögert.
Er schwieg, dann sagte er: »Weißt du was? Ich hab sowieso noch jede Menge zu tun hier. Wir sehen uns, wenn du wieder kommst.«
»Jeffrey – «
»Nein«, sagte er. »Bleib du bei deiner Familie. Du brauchst sie jetzt.«
»Das ist nicht – «
»Komm schon, Sara«, sagte er. Sie hörte ihm an, wie verletzt er war. »Wieso machen wir uns was vor?«
»Nein. Ich will nur …« Sara suchte nach Worten, doch ihr fiel nichts ein. »Ich habe dir gesagt, dass ich Zeit brauche.«
»Die Zeit wird auch nichts ändern«, sagte er. »Wenn wir nicht darüber wegkommen – darüber, was ich vor fünf Jahren getan habe – «
»Bei dir klingt es, als wäre ich die Unvernünftige.«
»Das bist du nicht«, sagte er. »Ich will dich auch gar nicht drängen, ich will nur …« Er stöhnte. »Ich liebe dich, Sara. Ich habe die Nase voll davon, mich jeden Morgen aus deinem Haus zu schleichen. Ich habe die Nase voll von diesen Halbheiten. Ich will mit dir zusammen sein. Ich will, dass du mich heiratest.«
»Dich heiraten?« Sie lachte, als hätte er sie gebeten, auf dem Mond spazieren zu gehen.
»Ich weiß gar nicht, warum du so entsetzt tust.«
»Ich bin nicht entsetzt. Nur …« Wieder fand sie keine Worte. »Jeff, wir haben schon mal geheiratet. Es war nicht unbedingt erfolgreich.«
»Ja«, sagte er, »ich war dabei, erinnerst du dich?«
»Warum können wir nicht einfach so weitermachen wie bisher?«
»Das reicht mir nicht«, antwortete er. »Ich will nach einem stressigen Tag nach Hause kommen und von dir gefragt werden, was es zu essen gibt. Ich will mitten in der Nacht über Bubbas Schüssel stolpern. Ich will morgens von deinen Flüchen aufwachen, weil ich wieder das Holster an die Türklinke gehängt habe.«
Sie musste grinsen. »Klingt wirklich romantisch.«
»Ich liebe dich.«
»Ich weiß«, sagte Sara. Sie liebte ihn auch, doch sie schaffte es nicht, es auszusprechen. »Wann bist du hier?«
»Schon gut.«
»Nein, ich will, dass du es ihr sagst«, sagte sie. Als er schwieg, fuhr sie fort: »Sie haben sicher Fragen, die ich ihnen nicht beantworten kann.«
»Du weißt alles.«
»Ich glaube, ich kann es ihnen nicht sagen«, erwiderte sie. »Ich habe im Moment nicht die Kraft dazu.«
Er wartete eine Sekunde, dann sagte er. »Um die Zeit brauche ich ungefähr viereinhalb Stunden.«
»Gut.« Sara gab ihm Tessas Zimmernummer. Sie wollte gerade auflegen, doch dann sagte sie: »Hey, Jeff?«
»Ja?«
Aber sie wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. »Nichts. Wir sehen uns, wenn du hier bist.«
Als Sara auflegte, hatte sie das Gefühl, sie hätte gerade einen Seiltanz über einem Alligatorbecken vollführt. In dieser Woche war so viel passiert, dass sie gar nicht recht begriff, was Jeffrey gerade gesagt hatte. Ein Teil von ihr wollte noch einmal zum Telefon greifen, ihm sagen, dass es ihr leidtat und dass sie ihn liebte, aber ein anderer Teil von ihr hätte am liebsten angerufen und ihm gesagt, er solle daheim bleiben.
Vor der Tür hörte sie, wie Ärzte angepiept und Codes gewählt wurden. Schatten huschten vor der Scheibe
Weitere Kostenlose Bücher