Grant County 03 - Dreh dich nicht um
all das wollte sich dieser kleine undankbare Scheißer in eine Tüte rollen und inhalieren.«
Der Hass in seiner Stimme ließ Lena erschauern. Sie hatte eine vage Vorstellung, wie es für Andy oben auf der Brücke gewesen sein musste.
»Ich hätte ihn quälen können«, Richard änderte seinen Tonfall, offensichtlich wollte er vernünftig klingen. »Ich hätte ihn dafür bestrafen können, was er mir antat – mir und meiner Beziehung, die ich zu meinem Vater aufbauen wollte –, doch ich beschloss, Gnade vor Recht ergehen zu lassen.«
»Er muss fürchterliche Angst gehabt haben.«
»Er hatte so viel WC-Fix geschnüffelt, dass er kaum geradeaus sehen konnte«, sagte Richard angewidert. »Ich legte ihm die Hand auf« – er hielt die Hand ein paar Zentimeter vor Lenas Brust – »drückte ihn sanft gegen das Geländer und spritzte ihm eine Dosis Succinylcholin. Weißt du, was das ist?«
Sie schüttelte dem Kopf, wünschte inbrünstig, er würde die Hand fortnehmen.
»Wir nehmen es im Labor, um Tiere einzuschläfern. Es wirkt lähmend – es lähmt alles. Er sackte mir in die Arme wie eine Puppe und hörte zu atmen auf.« Richard sog scharf Luft ein und riss die Augen auf, um Andys Reaktion zu illustrieren. »Ich hätte ihn leiden lassen können. Ich hätte ihn fürchterlich quälen können. Doch das habe ich nicht getan.«
»Sie kommen dir auf die Schliche, Richard.«
Endlich ließ er die Hand sinken. »Es lässt sich nicht nachweisen.«
»Sie kommen dir trotzdem auf die Schliche.«
»Wer?«
»Die Polizei«, erklärte sie. »Sie wissen, dass es Mord war.«
»Hab ich gehört.« Anscheinend hielt er die Tatsache nicht für allzu bedrohlich.
»Am Ende führen die Spuren zu dir.«
»Wie denn?«, fragte er. »Es gibt überhaupt keinen Grund mich zu verdächtigen. Brian würde nie zugeben, dass ich sein Sohn bin, und selbst wenn, würde Jill den Kopf in den Sand stecken, weil sie viel zu große Angst hat, auszusagen.«
»Wieso Angst?«
»Wegen Brian«, sagte Richard, als läge das auf der Hand.
»Angst vor seinen Fäusten.«
»Er schlägt seine Frau?« Lena konnte nicht glauben, was Richard da sagte. Jill Rosen war so stark. Sie war nicht der Typ, sich irgendwas gefallen zu lassen.
Richard sagte: »Natürlich schlägt er sie.«
»Jill Rosen?«, wiederholte sie immer noch ungläubig. »Er schlägt Jill?«
»Er schlägt sie seit Jahren«, sagte er. »Und sie ist bei ihm geblieben, weil ihr keiner zu Hilfe kam, so wie ich dir zu Hilfe kommen kann.«
»Ich brauche keine Hilfe.«
»Doch, du brauchst Hilfe«, sagte er. »Oder glaubst du, er lässt dich einfach gehen?«
»Wer?«
»Du weißt genau, wer.«
Lena unterbrach ihn. »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Ich weiß, wie schwer es ist, sich zu befreien«, sagte er und legte sich die Hand auf die Brust. »Ich weiß, dass es allein kaum zu schaffen ist.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Lass mich das für dich erledigen.«
»Nein«, sagte sie und trat einen Schritt zurück.
»Ich lasse es so aussehen wie einen Unfall«, beharrte er und kam näher.
»So, wie du es bis jetzt gemacht hast?«
»Du könntest mir einen Rat geben«, sagte Richard und hob die Hand, damit sie ihn nicht unterbrach. »Nur ein kleiner Tipp, das ist alles. Wir können uns gegenseitig von all dem befreien.«
»Wie willst du mir helfen?«
»Ich schaff ihn dir vom Hals.« Richard schien eine Reaktion in ihren Augen zu registrieren, denn er lächelte traurig.
»Du weißt es, nicht wahr? Du weißt, dass das der einzige Weg ist, ihn je wieder loszuwerden.«
Lena starrte ihn an. »Warum hast du Ellen Schaffer umgebracht?«
»Lena.«
»Sag mir warum«, sagte Lena. »Ich muss es wissen.«
Richard wartete einen Moment, dann sagte er: »Sie hat mich im Wald gesehen. Sie hat mich angestarrt, während sie die Cops angerufen hat. Ich wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis sie es meldete.«
»Und Scooter?«
»Warum tust du das?«, fragte Richard. »Meinst du vielleicht, ich lege ein ausführliches Geständnis ab, damit du mich verhaften kannst?«
»Wir wissen beide, dass ich dich nicht verhaften kann.«
»Kannst du nicht?«
»Schau mich an«, sagte sie und streckte die Arme aus, um ihm ihren geschundenen Körper zu zeigen. »Du weißt am besten, in was ich da reingeraten bin. Glaubst du, sie hören auf mich?« Sie berührte die blauen Flecken an ihrem Hals.
»Ich kann ja kaum sprechen.«
Er lächelte schief und schüttelte den Kopf, wie um zu sagen, dass er sich
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