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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ich die Augen. Es war der Mann, der neben mir saß. Er wollte aufs Klo.
    Ich brauchte eine Weile, bis ich die Sachen beiseitegepackt hatte. Er quälte sich vom Fensterplatz auf den Gang. Als er sich mit den Händen an den Vordersitzen entlang hangelte, blieb er mit einem Finger im kunstvollen Lockendutt der Frau hängen, die vor ihm saß. Die fing sofort an zu trompeten. Er entschuldigte sich hastig. Dann versuchte der Unglücksrabe, die Locken wieder herzurichten. Die erboste Tussi kreischte und haute ihm auf die Finger.
    Es war total komisch. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Kommen Sie, ich helfe Ihnen«, bot ich an und reichte ihm meinen Arm. Endlich stand er schwer atmend neben mir auf dem engen Gang. Die Frau zeterte noch immer und sagte etwas wie »Tollpatsch«.
    »Ist ja gut!«, zischte ich sie genervt an. »Er hat's doch nicht absichtlich getan. Ohne Dutt sehen Sie außerdem viel besser aus!«
    Der Mann warf mir einen dankbaren Blick zu. Ich bemerkte erst jetzt, dass er um den Hals ein Holzkreuz an einem Lederriemen trug. Messerscharf schloss ich, dass er der Pater sein könnte, der sich für die Bildungsreise angemeldet hatte.
    »Danke«, stammelte er. Seine Brillengläser hatten die Stärke von Glasbausteinen und waren durch die Dutt-Affäre beschlagen.
    »Wollten Sie nicht aufs Klo?«, fragte ich. Er nickte und schlich davon.
    Ich blieb auf dem Gang stehen. Meine Armbanduhr erzählte mir, dass wir Athen in zwei Stunden erreichen würden.
    »Sie können ja richtig nett sein«, sagte eine Stimme in meiner Nähe. Es war Kondis, der die Aktion beobachtet hatte. Er saß in der Mitte des Fliegers in einer Viererreihe. Jetzt schaute er zwischen zwei Sitzen hindurch und lächelte. Die Sonnenbrille zierte noch immer sein klassisches Profil. Ich fühlte mich provoziert.
    »Nehmen Sie endlich diese blöde Brille ab«, schnarrte ich ihn an, »haben Sie den bösen Blick, oder fürchten Sie meine weibliche Ausstrahlung?«
    Sein Grinsen vertiefte sich.
    Der Pater kam verrichteter Dinge zurück und verstellte die Sicht auf Kondis. Mutig trat er an die Sitzreihe heran. Er zögerte und guckte mich hilfesuchend an.
    »Bringen Sie Ihre Frisur in Sicherheit«, bat ich die Frau, »sonst verpasst er Ihnen wieder ein neues Modell.« Sie gehorchte und ging auf Tauchstation.
    Als er ohne nennenswerte Pannen auf seinem Po saß, fragte ich: »Sie sind der Pater, nehme ich an?«
    »Ja«, fühlte er sich verstanden, »gehören Sie auch zu unserer Reisegruppe ›Klassisches Griechenland‹?«
    Ich stellte mich vor und erklärte ihm meine Arbeit. Flugs vereinbarte ich einen Interviewtermin mit ihm für den Abend, wenn wir in unserem Hotel in Delphi eintreffen würden. Dann setzte ich mir die Kopfhörer aufs Haupt und lauschte Maria Callas.
    Irgendwann zupfte wieder wer. Es war erneut der Gottesmann. »Tut mir leid, wenn ich Sie noch mal störe«, entschuldigte er sich, »aber Sie singen die Arien mit. Die Leute gucken schon komisch!«
    »Pardon! Immer wenn mir Musik gefällt, muss ich mitsingen. Leider trifft mein Stil nicht jedermanns Geschmack. Die Seite ist aber gleich zu Ende.«
    Es kam nur noch der »Tanz der Furien«, und da sang ohnehin niemand. Hätte ich versucht, die Blechbläser und die Becken nachzumachen, wäre die Maschine vermutlich abgestürzt.

Apollon, Knabenliebe, Retsina und Fleischbällchen
    Der Bus kam pünktlich zum Flughafen, um uns abzuholen. Der Busfahrer war Grieche und hieß Aris Christopoulos. Seine Zähne hatten Lücken, die Haut war sonnengegerbt wie die einer Echse. Er bat uns, ihn Aris zu nennen. Das Schönste an ihm war sein Sohn Costas. Ich schätzte ihn auf 25 Jahre. Er hatte dunkle Augen, eine makellose leicht gebräunte Haut, eine knackige Jungenfigur, dunkle, gelockte Haare und war schön wie Apollon in seinen allerbesten Jahren.
    Seine Augen überprüften in Windeseile die weiblichen Gäste, blieben eine kurze Weile an Daphne Laurenz hängen und stellten dann fest, dass außer ihr nichts Passendes dabei war, um Urlaubserinnerungen zu sammeln. Ich überlegte, in welchen Körperteil sich der Bengel die Kerben einritzte, um mit dem Zählen seiner Eroberungen nachzukommen.
    Das kann ja heiter werden, dachte ich, wenn alle Männer hierzulande so gut aussehen, dann …
    »Gefällt er Ihnen?«, fragte Kondis, der im Bus hinter mir saß.
    »Und ob!«, gestand ich mit Enthusiasmus. »So müssen früher die griechischen Götter ausgesehen haben. Er hat bestimmt jenen hübschen strammen Po, dem

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