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Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser

Titel: Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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blassblaue Augen, die überhaupt nicht romantisch wirkten. Die Frau erschien mir sympathischer, als ihre Produkte erwarten ließen.
    Lilo von Berghofens beziehungsweise Gerlinde Bomballas Nummer war nicht im Telefonbuch verzeichnet und auch die Auskunft konnte nicht helfen.
    Ich fragte beim Verlag nach, der die Groschenromane herausgab. Doch Telefonnummern von Autoren wurden grundsätzlich nicht herausgegeben.
    »Sie müssen das verstehen«, sagte die Telefonistin. »Sonst kann Frau von Berghofen sich vor ihren Fans nicht retten. Aber ich verbinde Sie mal mit der zuständigen Lektorin, Frau Born.«
    Kurz darauf versprach diese: »Ich werde Ihr Anliegen weiterleiten.«
    »Wäre es nicht einfacher, mir Frau von Berghofens Telefonnummer zu geben?«, versuchte ich, die Sache abzukürzen. »Ich bin schließlich kein aufdringlicher Fan.«
    »Einfacher schon«, räumte Frau Born ein. »Doch ich habe meine Vorschriften. Sie müssen sich also gedulden.«
    Auch gut, dachte ich, dann kann Jansen die Homestory fürs kommende Wochenende vergessen.
    Ich ging in Jansens Zimmer und berichtete ihm von meinem Misserfolg. Er schaute mich schräg an.
    »Seit wann wartest du denn, bis dich jemand zurückruft?«, grinste er. »Bis vor Kurzem bist du den Leuten noch direkt auf die Bude gerückt – und zwar ungebeten.«
    »Ich habe meine Sitten eben verfeinert«, erklärte ich. »Die wird mich hochkant rausschmeißen, wenn ich plötzlich vor der Tür stehe. Sie scheint ein bisschen komisch zu sein. Vielleicht ist sie auch krank oder mittendrin in einer klimakterischen Depression.«
    »Dann hättet ihr ja sofort ein Gesprächsthema«, erwiderte mein Chef. »Nichts verbindet die Menschen mehr als gemeinsame Leiden.«
    »Was hast du nur gegen mich?«, rief ich klagend aus. »Ich habe schon genug gelitten, indem ich diesen Schund gelesen habe. Ich werde die Geschichte ja irgendwann schreiben, nur nicht für diese Wochenendausgabe.«
    »Du fährst heute Nachmittag zu Lilo von Berghofen, und damit basta.«
    »Jetzt kehrst du auch noch den Chef raus«, beschwerte ich mich. »Ist das die Sache wert?«
    »Ich kehre den Chef nicht raus«, antwortete Jansen. »Ich bin der Chef.« Er nahm einen Zettel zur Hand, beschrieb ihn mit einer sechsstelligen Zahl und einem Straßennamen.
    »Das ist ihre Telefonnummer«, erläuterte er, mir das Papier reichend. »Aber sie geht nicht dran. Du musst also hinfahren. Die Adresse steht da. Kann ich dir sonst noch helfen?«
    »Woher hast du denn die Nummer?« Ich war erstaunt.
    »So was nennt man Recherche«, erklärte Jansen. »Eine durchaus übliche journalistische Technik. Du solltest dich bei Gelegenheit mal näher damit befassen, Grappa!«
    Jansen hatte mir den Kopf gewaschen und recht damit gehabt. Früher war mein Jagdinstinkt besser ausgeprägt gewesen. Wie ein geprügelter Hund verzog ich mich zurück in mein Zimmer. Ich setzte mich in den Bürostuhl, haderte noch eine Weile mit mir und der bösen Welt und zückte dann Jansens Zettel. Er hatte die Telefonnummer einfach so daraufgekritzelt, ohne irgendwo nachsehen zu müssen. Er schien sie auswendig zu kennen.
    Merkwürdig, dachte ich. Dass mein Chef über ein besonders gutes Zahlengedächtnis verfügte, war mir in den Jahren unserer Zusammenarbeit nie aufgefallen. Ganz im Gegenteil! Jansen vergaß oft die eigene Handynummer und musste erst in sein Notizbuch sehen. Wenn das jemand mitbekam, redete er sich gewöhnlich mit dem Satz »Ich ruf mich ja selbst nie an« heraus.
    Ich las die sechs Zahlen. Na ja, sie waren wirklich einfach zu behalten: 41 51 41. Das hätte sogar ich geschafft.
    Ich tippte die Ziffernfolge in den Apparat und wartete. Niemand hob ab. Warum sollte sich dieser Tag auch einfach gestalten?, dachte ich und seufzte.
    Jetzt krieg endlich den Arsch hoch, Grappa, schalt ich mich und stellte den Computer ab. Eine kleine Tour an den Rand von Bierstadt hat noch niemanden umgebracht.

Der Rabe im Wind
    Lilo von Berghofen hatte sich an der Grenze der Stadt niedergelassen, dort, wo es ein bisschen hügelig und fast noch dörflich war. Ich hatte auf dem Stadtplan nachgesehen und festgestellt, dass ihr Haus am äußersten Ende der Bebauung errichtet worden war, angrenzend an landwirtschaftliche Nutzflächen und einen aufgegebenen Steinbruch, der wegen seiner Vogel- und Amphibienwelt unter Naturschutz stand. In der Nähe musste sich auch eine Burgruine befinden – zumindest entdeckte ich im Stadtplan das Symbol dafür: ein Türmchen mit Fahne

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