Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
Landefeld rammte und explodierte. Finn ging
auf den wartenden Lewis los und hielt Schwert und
Pistole schon in den Händen; er hatte ein breites
Grinsen im Gesicht und ein wildes Licht in den Au
gen. Lewis gab Samstag und Jesamine mit scharfer
Geste zu verstehen, dass sie sich heraushalten soll
ten. Finn blieb ein kleines Stück vor Lewis stehen,
und die beiden Männer betrachteten einander eine
Zeit lang forschend.
»Du steckst hinter all dem, nicht wahr?«, fragte
Lewis. »Von Anfang an war alles, was passierte, was
schief ging, deine Schuld.«
»Oh ja!«, bestätigte Finn. »Ich habe dich vernich
tet, wie ich auch Douglas und letztlich das ganze Im
perium vernichten werde, sobald ich so weit bin. Und
warum? Weil ich es möchte. Weil ich dazu fähig
bin.«
»Ich habe dich für meinen Freund gehalten, Finn.«
»Du warst schon immer naiv, Lewis.«
»Und warum bist du jetzt hier? Warum bist du
letztlich doch aus dem Schatten hervorgetreten?«
»Es musste einfach geschehen«, sagte Finn glück
lich. »Der Held trifft in einem letzten Duell auf den
Schurken. Nur dass natürlich alle Welt mich für den
Helden und dich für den Schurken hält. Ich trage
schließlich die Rüstung des Helden, und falls ich das
sagen darf: Sie steht mir viel besser als dir!«
»Nur, weil du keinen Sinn für Ironie hast«, fand
Lewis. »Aber du hast Recht, die ganze Sache hat ei
ne gewisse Unausweichlichkeit an sich. Ich konnte
Logres nicht verlassen, ohne mich um meine unerle
digten Aufgaben zu kümmern, ohne mich um dich zu
kümmern. Eine letzte Pflichterfüllung meinerseits,
um Douglas und das Imperium vor der Viper zu ret
ten, die sie an ihrem Busen nähren.«
»Typisch für einen Todtsteltzer«, sagte Finn. »Du
musst es einfach überdramatisieren, es bedeutend machen! Dabei geht es nur um dich und mich, Lewis;
darum, schließlich im Kampf auszutragen, wer von
uns beiden der Bessere ist. Genau wie ich es geplant
habe.«
»Typisch für dich«, hielt ihm Lewis entgegen.
»Du konntest einfach keinen fairen Kampf riskieren;
du musstest schummeln. Hast nicht gewagt, dich of
fen zu zeigen, bis ich mich im Kampf gegen die Ar
mee deiner Meuchelmörder erschöpft hatte …«
»Na ja, völlig richtig«, sagte Finn. »Ich bin ja
nicht dumm. Im Gegensatz zu manchen anderen Leu
te plane ich stets voraus. Jetzt komm schon – genug
geredet! Lass uns kämpfen! Tanzen wir den Tanz des
Blutes und des Todes! Du hast dich doch bestimmt
auch im Verlauf der Jahre immer wieder gefragt, was
passiert, falls die beiden größten Paragone von Lo
gres einander je gegenüberstehen, Mann gegen
Mann. Du musst dich gefragt haben, wer von uns
wirklich der Beste ist, nicht wahr?«
»Nein«, entgegnete Lewis, »habe ich nie. Das un
terscheidet uns, Finn. Dieser Frage habe ich nie auch
nur einen einzigen Gedanken gewidmet. Ich sorgte
mich nur darum, meine Arbeit zu tun, so gut ich es
vermochte. Nicht um zu zeigen, wie gut ich war,
sondern um den Menschen zu helfen, die Hilfe
brauchten. Um die Unschuldigen zu beschützen und
die Schuldigen zu bestrafen. Und das hat uns hier
zusammengeführt, Finn. Keine große Schlacht zwi
schen Held und Schurke, kein legendäres, mythi
sches Duell der Titanen. Ich muss einfach ein letztes
Mal als Paragon tätig werden und die Unschuldigen
schützen, indem ich den Mann töte, der ihre Sicher
heit bedroht. Eine letzte Pflichterfüllung, ehe ich
fortgehen kann: Ich muss den Abfall entsorgen!«
Finn wurde rot vor Wut und attackierte, zielte mit
dem Schwert auf Lewis’ Herz. Lewis hatte das je
doch erwartet, und das Kraftfeld war zur Stelle und
parierte den Schlag. Dann knallten ihre Schwerter so
heftig aufeinander, dass Funken flogen, und dann
hieß es Schritt und Ausfall, Parade und Zustoßen,
und all das mit blendender Geschwindigkeit; zwei
Männer, die einander mit der Erfahrung eines ganzen
Lebens und mit tödlicher Geschicklichkeit umkreis
ten. Bald atmeten sie schwer und grunzten laut vor
Anstrengung, mit der sie ihre Hiebe führten. Zwei
Männer, die einst Partner gewesen waren, falls nicht
gar Freunde, und die einander jetzt so hassten, dass
ihnen keine andere Gemeinsamkeit blieb als dieses
Bedürfnis, einander umzubringen. Ein ums andere
Mal stürzten sie sich aufeinander, wild wie Liebende,
und dabei hassten sie sich mit einer kalten und kon
zentrierten Leidenschaft, die nur mit dem Blut des
anderen zu stillen war. Und überraschend schnell be
stand ein Patt, war keiner mehr
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