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Greife nie in ein fallendes Messer

Greife nie in ein fallendes Messer

Titel: Greife nie in ein fallendes Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedhelm Busch
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einer Roadshow zum Thema Zertifikate teilzunehmen. In rund 30 deutschen Großstädten wollte man potenzielle Kunden über die Inhalte dieser Finanzprodukte informieren.
    Seit geraumer Zeit erfreuen sich Garantie-, Index-, Discount- oder |259| Bonuszertifikate vor allem in Deutschland einer wachsenden Beliebtheit. Offensichtlich erhoffen sich gerade Kleinanleger von dieser Art der Vermögensanlage für kleines Geld Gewinnchancen und zugleich eine Sicherheit, die sie Aktien nach den schmerzlichen Erfahrungen in der Vergangenheit kaum noch zutrauen. In der Tat kann sich der Anleger bei Zertifikaten entsprechend seiner eigenen Risikoneigung gegen mögliche Kursverluste absichern, nur beschneidet er dadurch gleichzeitig seine Gewinnchancen. Maximale Sicherheit und maximaler Erfolg schließen sich gegenseitig aus.
    Doch gibt es in dieser Massenproduktion der Zertifikatsindustrie den folgenden, gemeinhin eher unterschätzten Schwachpunkt: Dass ein Zertifikat nichts anderes ist als eine Schuldverschreibung des jeweiligen Emissionshauses, die Sicherheit dieser Finanzanlage also von dessen Bonität abhängt, wird zwar immer wieder ausdrücklich erwähnt, vom Anleger aber wohl nur am Rande zur Kenntnis genommen. In der Regel steht hinter dem einzelnen Zertifikat eine Bank. Und wann geht eine Bank schon pleite? Höchst selten! Also muss man sich darum auch nicht besonders sorgen. Oder? Mit dem Beginn der Bankenkrise im Herbst 2007 wird diese Zuversicht wahrscheinlich ein wenig ins Wanken geraten sein.
    Nur ein spektakulärer Unfall auf diesem Markt, vielleicht der Zusammenbruch eines bedeutenden Emittenten, und schon könnten diese modischen Anlagekonstrukte wie eine Monsterwelle die Finanzmärkte weltweit überrollen. Doch sollte man allein wegen dieser Möglichkeit gegen Zertifikate auf die Barrikaden steigen?
     
    Von allen möglichen Finanzdienstleistern werden nahezu täglich, weitgehend ungehemmt durch bürokratische Auflagen, neue Spielarten dieser Finanzprodukte auf den Markt geworfen. Angesichts der komplizierten Machart und der verwirrenden Vielzahl der Zertifikate sind aber wahrscheinlich nur wenige Anleger in der Lage, die Sicherheit und die tatsächlichen Kosten dieser Konstruktionen auch nur annähernd genau einzuschätzen. Eine Aufklärung über die Funktionsweise, die Kosten und die Qualität der neuen Produkte war deshalb auch in meinen Augen dringend erforderlich. Dennoch fühlte ich mich nicht wohl in meiner Haut. Ich hatte meine Börsenberichterstattung |260| und auch meine Vorträge im Grunde immer als Werbung für die direkte Aktienanlage und für eine langfristig geplante Vermögensbildung verstanden. Demgegenüber haben viele Zertifikate nur indirekt etwas mit Aktien zu tun. Sie richten sich in erster Linie an Spekulanten, die mit geringem Einsatz in kurzer Zeit viel Geld verdienen wollen. Warum auch nicht? Nur lag das nicht unbedingt in meinem Interesse.
    Trotz aller Bedenken hielt ich aber eine breite Informationskampagne über die Innereien dieser Konstrukte für sinnvoll. Meine Aufgabe bei dieser Rundreise durch Deutschland sah ich allerdings nicht darin, selber über Chancen, Risiken und Kosten zu sprechen – dafür gab es Spezialisten, die sich in dieser komplizierten Materie bestens auskannten. Ich wollte und sollte vielmehr in einem einführenden Vortrag über die allgemeine Situation an den Finanzmärkten sprechen, sollte also den Boden bereiten, in den die Zertifikate eingepflanzt werden konnten.
    Es gehört seit Jahren zu meiner regelmäßigen Tätigkeit, die Lage an den Finanzmärkten zu beleuchten. Doch das Gespräch mit dem Taxifahrer während meiner Fahrt zum Frankfurter Flughafen hatte mir »in the nutshell« verdeutlicht, welche generelle Verantwortung die Massenmedien gegenüber ihrem Publikum haben. Ihre Möglichkeiten der Beeinflussung reichen vom korrekt gesprochenen Deutsch über das Verständnis von Gesellschaft und Politik bis hinein in die kleinen und großen Sorgen um das tägliche Geld. Darüber sind gewiss zahlreiche, auch profunde Gutachten und Bücher geschrieben worden. Ob die Erkenntnisse hieraus bei allen Medienmachern angekommen sind, darf jedoch bezweifelt werden.
    Ich selber hatte mich bei meinen Börsenkommentaren auf dem Boden meiner wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung immer recht wohl gefühlt, auch wenn ich bei meinen Einschätzungen nicht selten von den aktuellen Kursbewegungen scheinbar widerlegt wurde. Wer sich vor der Jahrtausendwende meine Warnungen vor

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