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Grete Minde

Grete Minde

Titel: Grete Minde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Feins; aber bei Tag ist es ein Spielzeug, und dann sieh, dann gibt mir's auch zu lachen, wenn ich so seh, wie sie das Würmchen aufputzen und einen kleinen Prinzen aus ihm machen möchten. Denn du mußt wissen, es ist ein häßlich Kind, und alles an ihm hat eine falsche Stell und paßt nicht recht zusamm', und ich seh es in Gedanken schon groß, wie's dann auch so hin und her schlenkert, grad wie der Gerdt, und sitzt immer krumm und eingesunken und streckt die Beine weit, weit von sich. Ach, es hat schon jetzt so lange dünne Beinchen. Wie die Spinn an der Wand.«
    »Und Trud?« fragte Valtin.
    »
Die
sieht nur, daß es ein hübsches Kind ist, oder sie tut doch so. Und dann fragt sie mich: ›Nicht wahr, Gret, es sieht gut?‹ Und wenn ich dann schweig oder verlegen seh, dann redet sie auf mich ein, und dann heißt es: ›Sieh doch nur den Mund; ist er nicht klein? und hat auch nicht solchen Wulst. Und seine Augen stehen nicht so vor.‹ Aber es hilft ihr nichts, es ist und bleibt der Gerdt, und ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    Valtin schüttelte den Kopf und sagte: »Und das ist alles, was du hast?!«
    »Ja und nein. Und du mußt mich nicht bedauern. Denn ich habe ja noch die Regine, die mir von alten Zeiten erzählt, und ich habe Gigas, der mir seine Blumen zeigt. Und dann hab ich den Kirchhof. Und mitunter, wenn ich ein rechtes Glück hab, dann hab ich
dich

    Er sah sie zärtlich an und sagte: »Du bist so gut und trägst alles und willst
nichts

    Sie schüttelte den Kopf. »Ich will eigentlich viel, Valtin.«
    »Ich glaub's nicht.«
    »Doch, doch. Denn sieh, Liebe will ich, und das ist viel. Und ich kann kein Unrecht sehn. Und wenn ich's seh, da gibt es mir einen Stich, hier gerad ins Herz, und ich möchte dann weinen und schrein.«
    »Das ist es ja, Grete. Darum bist du ja so gut.« Und er nahm ihre Hand und drückte sie und sagte ihr, wie lieb er sie habe. Und dann sprach er leiser und fragte sie, ob sie sich nicht öfter sehen könnten, so wie heut, und so ganz wie von ungefähr. Und dann nannt er ihr die Plätze, wo's am ehesten ginge. Hier der Kirchhof sei gut, aber eigentlich die Kirche drin, die sei noch besser. Am besten aber sei die
Burg
, da sei niemand und sei alles so schön und so still und der Blick so weit.
    Grete war es zufrieden, und sie sagten einander zu, daß sie, solange die schönen Herbstestage dauerten, sich allwöchentlich einmal oben auf der Burg treffen und miteinander plaudern wollten. Und als sie das beschlossen, hing ihm Grete die Kastanienkette um, die sie bis dahin getragen, und sagte ihm, er sei nun ihr Ritter, der zu ihr halten und für sie fechten und sterben müsse. Und dabei lachten sie. Gleich danach aber trennten sie sich und gingen auf verschiedenen Wegen, auf daß niemand sie zusammen sähe, wieder in ihre Wohnung zurück.
     
Neuntes Kapitel
     
Auf der Burg
    Sie hielten Wort, und eine Woche später, während welcher Grete mehr als seit lang unter Truds Launen und einem Rückfall in ihre frühere Strenge gelitten hatte, trafen sie sich nachmittags auf dem Kirchhof und gingen durch Tor und Vorstadt erst bis an die »Freiheit« und dann auf einem ansteigenden Schlängelwege bis zur Burg selbst hinauf. Hier, auf dem großen Außenhof, der zugleich als Wirtschaftshof diente, war ein buntes und bewegtes Leben: im Taktschlag klang es von der Tenne her, die Scheunentore standen offen, und die Mädchen, die beim Flachsbrechen waren, sangen über den Hof hin:
     
    »Es waren zwei Königskinder,
    Die hatten einander so lieb.
    Sie konnten zusammen nicht kommen,
    Das Wasser war viel zu tief.
     
    ›Ach Liebster, könntest du schwimmen,
    So schwimme doch her zu mir...‹«
     
    Es klang so traurig. Aber die Gesichter der Mädchen lachten dabei.
    »Hörst du«, sagte Valtin, »das gilt uns. Sieh nur die Hübsche mit dem Flachskopf. Sieht sie nicht aus, als könnte sie sich ihr Brauthemd von ihrem eignen Wocken spinnen?«
    Grete schwieg. Ihr war so weh. Endlich sagte sie: »Laß uns gehen, Valtin. Ich weiß nicht, was es ist. Aber das fühl ich, daß ich hier auch stehen und die Hände fleißig rühren und singen möcht. Sieh nur, wie die Spreu von der Tenne fliegt. Es ist alles so frei und luftig hier, und wenn ich hier mitstünd, ich glaube, da verwehte manches, was mich quält und drückt.«
    Valtin suchte nach einem Trosteswort, und sie schritten, als er sie wieder beruhigt, über einen wüsten Grasplatz, auf einen aufgemauerten und halbausgetrockneten Graben zu,

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