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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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und?«
    Währenddessen suchten die Eisblumen ihren Weg an der glühenden Heizung hinab, Mia hörte das Metall leise knacken, überzogen den Fußboden und hielten zielstrebig auf den Polizisten zu. Mias Atem gefror in der Luft. Jetzt erreichte das Eis die schwarzen Halbschuhe des Beamten, knisternd kroch es darüber hin und bildete ein zartes Spitzenmuster auf dem Leder.
    »Hören Sie«, begann Mia, doch der Polizist stieß ärgerlich die Luft aus.
    »Es dauert nur länger, wenn du mich alle paar Minuten unterbrichst«, sagte er, ohne sie anzusehen. Er fuhr sich mit der Hand an die Brust, seine Finger schabten Raureif von seinem Revers, als er sich kratzte.
    Mia spürte, wie ihr Herz anfing zu rasen. Was ging hier vor? Atemlos sah sie, wie das Eis am Hals des Polizisten hinaufkroch, er hustete, als würde er es fühlen — aber er sah es nicht. Seine Lippen wurden blau, seine Finger klackten wie Eiswürfel auf die Tasten. Erstarrt sah Mia, wie Splitter von seinen Händen abflogen, seine Finger bröckelten, gefrorenes Fleisch löste sich, und er schrieb trotzdem weiter, als würde er nichts davon bemerken.
    »Nein«, flüsterte Mia, dankbar, dass sie noch eine Stimme hatte. Da wandte der Polizist ihr das Gesicht zu, seine Haut war blau angelaufen und mit dunklen Adern durchzogen. Knisternd krochen die Eisblumen über ihn hin, erreichten seine Augen — mit leisem Knacken brachen seine Augäpfel, und im gleichen Moment fing er an zu lachen, laut und schrill.
    »Nein!« Mia sprang auf, stürzte zur Tür — und fühlte die Wärme um sich herum. Verwirrt drehte sie sich um und schaute in das rosige Gesicht des Polizisten. Sie sah zum Fenster. Das Eis war verschwunden. War es überhaupt da gewesen?
    »Alles klar so weit?« Der Polizist zog die Brauen zusammen. »Wir waren bei deinem Geburtsdatum.«
    Mia nickte und ging benommen zurück zu ihrem Stuhl. Hatte sie geträumt? Ja, so musste es gewesen sein. Sie war eingeschlafen und hatte sich dieses Szenario zusammenphantasiert. Aber es war so kalt gewesen ...
    »Pass lieber auf, dass du nicht auch noch verrückt wirst«, stellte der Polizist fest und sah sie an, als wäre es nur eine Frage der Zeit, dass sie sich eine Waffe schnappen und in alter Familientradition ihr Gehirn an der Wand verteilen würde. »Erste Anzeichen sind ja schon erkennbar.«
    Mia wollte etwas erwidern, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie musste hier raus, sonst würde sie diesem Kerl sein Stempelkissen auf den Kopf hauen. Sie hatte sich gerade überlegt, in einem plötzlichen Anfall von Übelkeit unbedingt auf die Toilette zu müssen, als die Tür aufgerissen wurde und ein Kerl in braunen, zerschlissenen Klamotten und mit einer Fahne, dass man schon vom Geruch betrunken werden musste, wie ein Kugelblitz ins Zimmer schoss.
    »Ihr blöden Arschlöcher«, grölte er, warf sich über den Schreibtisch und packte den ängstlich zurückweichenden Polizisten am Kragen. »Ich will endlich ...«
    Was er wollte, ging in würgendem Gurgeln unter. Offensichtlich war dem Ärmsten sein Alkoholgenuss zu Kopf gestiegen, sodass sich nun der grüngelbe Inhalt seines Magens auf die Uniform des Beamten ergoss. Gerade als er sein Werk beendet hatte, stürmten drei Polizisten in den Raum und rissen ihn vom Schreibtisch. Mia warf einen letzten Blick auf das totenblasse Wurstgesicht, dann drückte sie sich im allgemeinen Trubel aus dem Zimmer.
    Kaum stand sie auf der Straße, schlug ihr eisiger Wind entgegen. Sie knöpfte ihren Mantel zu und grub die Hände tief in ihre Taschen. Über die Rue de Clignancourt war es nur ein kurzes Stück bis zur Metro, aber natürlich war gleich die erste Ampel auf ihrem Weg rot. Nachdenklich betrachtete sie das Haus auf der anderen Straßenseite. Dunkle Adern zogen über seine Fassade, fast so ... fast so wie die Haut des Polizisten, als das Eis gekommen war. Sie musste mehr schlafen, und das bald, sonst würde sie wirklich noch den Verstand verlieren — wie ihr Vater.
    Sie erreichte die Metrostation Marcadet Poissonniers. Ein warmer Luftzug fuhr ihr wie der Atem eines lebendigen Wesens ins Gesicht, als sie die Treppe hinablief. Das Tunnelsystem empfing sie mit seinen kalkweißen Kacheln und dem kaugummigefleckten Boden, auf dem alle paar Meter Obdachlose saßen. Sie schaute an die Decke. Regelmäßig wurde sie frisch gestrichen, man konnte die Farbe fast noch riechen. Und doch wellte sich die Tunnelhaut überall und schlug Blasen, als wäre sie lebendig, tumoröses Gewebe in den

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