Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
Adresse, dachte Jury, aber schließlich war da ja der schwarze Kaschmirmantel, den Jury ununterbrochen begehrlich beäugte.
»Könnte es vielleicht sein, dass Ihr Freund Hugh sich das alles zusammenfantasiert hat?«
Harry Johnson musterte ihn wortlos mit enttäuschtem Blick.
»Und ich womöglich auch? Ich habe mir Hugh und seine Familie zusammenfantasiert? Das ist doch lächerlich. Was Besseres fällt Ihnen nicht ein?«
Jury lachte. Zum Glück hatte er Johnson nicht verraten, dass er bei der Metropolitan Police war. Noch dazu als Superintendent. Und jetzt würde er es ihm jedenfalls nicht auf die Nase binden. Jurys Frage vorhin war unglaublich lahm gewesen.
»Ich nehme an, das heißt nein?«
»Außer Sie denken, ich fantasiere es mir auch zusammen.«
»Schon möglich.«
»Ich bitte Sie.«
»Vielleicht binden Sie mir ja einen Bären auf.«
»Wieso ? Wieso sollte ich in ein Pub gehen und anfangen, einem wildfremden Menschen eine Geschichte zu erzählen, die nicht wahr ist?«
»Keine Ahnung. Irgendwann werde ich es wahrscheinlich schon noch herauskriegen. Aber erzählen Sie weiter.« Jury sah zu Mungo hinunter, der wieder unter dem Hocker hervorgekrochen war und aufsah, als er Jurys Blick auf sich ruhen fühlte. »Wie erklären Sie sich das mit Mungo?«
»Dass er zurückgekommen ist? Nun, es gibt doch seit jeher Geschichten von Tieren, die von weit her den Weg zurückfanden, die diese wundersamen Reisen machten, um ihr Zuhause wiederzufinden. Wie hieß dieses Buch, das in meiner Jugend so beliebt war? Die Unglaubliche Reise?«
»Und Mungo brauchte dafür ganze neun Monate?« Er sah hinunter. Den Blick, mit dem der Hund zu ihm aufsah, konnte Jury nur als flehend beschreiben.
»Ich höre da irgendwie immer noch eine Spur Sarkasmus heraus. Ich bezweifle natürlich auch, dass Mungo neun oder zehn Monate unterwegs war, aber da ich nicht weiß, was sich in dieser Zeit zugetragen hat, kann ich nicht einmal raten. Vielleicht sind diese Geschöpfe nicht ganz so vergesslich wie wir. Es gibt manchmal Zeiten, da weiß ich nicht einmal mehr, in welcher Straße ich wohne.«
Jury lächelte. »Tut mir leid. War nicht so gemeint. Hat der Ehemann es der Polizei gemeldet?«
»Selbstverständlich. Sie können sich ja vorstellen, wie die Polizei in Surrey reagierte: Frau und Kind wurden vermisst, also war Hugh der Hauptverdächtige. Aber so sind sie nun mal, die Bullen: Englands Stolz und Zierde. Absolut einfallslos.«
»Darauf trinke ich einen.« Jury hielt sein Glas in die Höhe, und Trevor kam herüber. »Hugh fuhr also nach Surrey?«
Seine Neugier wuchs, je mehr Harry ihm erzählte. Er sah zu, wie Trevor sein Glas frisch füllte.
»Hugh? Nein, nicht gleich. Ich ging an seiner Stelle. Er hatte die fixe Idee, wenn Glynnis und Robbie zurückkämen, müsste er unbedingt da sein, um sie zu empfangen.« Dann fuhr Harry fort: »Vielleicht waren sie ja ermordet worden, vielleicht waren sie entführt worden, oder - das war anfangs die Lieblingstheorie: unglückliche Ehefrau verlässt Gatten und nimmt Kind mit. Das war so lächerlich, dass ich nicht verstand, wieso die Polizei sich darauf versteifte.«
»Es war aber immerhin möglich. Schließlich kannte die Polizei die Frau nicht so gut, wie Sie sie kennen.« So hätte ich auch getippt, hatte Jury gerade sagen wollen, verkniff es sich aber und meinte stattdessen mit einem Blick auf den Hund: »Also weiß es nur Mungo.«
»Was es da zu wissen gibt, ja.«
»Ganz zu Anfang sagten Sie, Sie würden mir den Rest noch erzählen.«
Harry Johnson nickte. »Letztes Jahr im Sommer war es, im Juli, glaube ich. Glynn - also, Glynnis - machte sich an jenem Morgen mit Robbie und Mungo im Schlepptau auf, um in Surrey auf dem Land ein paar Häuser zu besichtigen. Sie hielten nämlich nach einem Haus außerhalb von London Ausschau.«
»Als zweites Heim? Als eine Art Wochenendhäuschen?«
»Nicht direkt - aber darauf komme ich später noch. Jedenfalls war Glynnis mit einer Immobilienmaklerin verabredet, die ein paar Objekte hatte, von denen sie glaubte, dass Glynn sich die ansehen sollte. Sie lagen etwa eine halbe Meile voneinander entfernt in der Nähe eines Dorfes namens Lark Rise. Glynn hatte Besichtigungstermine für beide Häuser. Das eine war noch bewohnt, das andere stand leer. Das eine kam absolut nicht in Frage, sie fand es zu niedlich, zu verspielt. Sie rief die Maklerin an, um ihr dies mitzuteilen und wollte zum zweiten Haus weiterfahren. Bei der Maklerin handelt es sich um eine
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