Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
die Jägerkleider anziehen, und sie selber zog das zwölfte an. Darauf nahm sie Abschied von ihrem Vater und ritt mit ihnen fort an den Hof ihres ehemaligen Bräutigams, den sie so sehr liebte. Da fragte sie an, ob er Jäger brauchte und ob er sie nicht alle zusammen in seinen Dienst nehmen wollte. Der König sah sie an und erkannte sie nicht; weil es aber so schöne Leute waren, sprach er: ja, er wollte sie gerne nehmen; da waren sie die zwölf Jäger des Königs.
Der König aber hatte einen Löwen, das war ein wunderliches Tier, denn er wußte alles Verborgene und Heimliche. Es trug sich zu, daß er eines Abends zum König sprach: »Du meinst, du hättest da zwölf Jäger?« – »Ja«, sagte der König, »zwölf Jäger sind’s.«
Sprach der Löwe weiter: »Du irrst dich, das sind zwölf Mädchen.« Antwortete der König: »Das ist nimmermehr wahr, wie willst du mir das beweisen?« – »Oh, laß nur Erbsen in dein Vorzimmer streuen«, antwortete der Löwe, »da wirst du’s gleich sehen. Männer haben einen festen Tritt; wenn die über Erbsen hingehen, regt sich keine, aber Mädchen, die trippeln und trappeln und schlurfen, und die Erbsen rollen.« Dem König gefiel der Rat wohl, und er ließ die Erbsen streuen.
Es war aber ein Diener des Königs, der war den Jägern gut, und wie er hörte, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, ging er hin und erzählte ihnen alles wieder und sprach: »Der Löwe will dem König weismachen, ihr wäret Mädchen.« Da dankte ihm die Königstochter und sprach hernach zu ihren Jungfrauen: »Tut euch Gewalt an und tretet fest auf die Erbsen.«
Als nun der König am andern Morgen die zwölf Jäger zu sich rufen ließ und sie ins Vorzimmer kamen, wo die Erbsen lagen, so traten sie so fest darauf und hatten einen so sichern starken Gang, daß auch nicht eine rollte oder sich bewegte. Da gingen sie wieder fort, und der König sprach zum Löwen: »Du hast mich belogen, sie gehen ja wie Männer.« Antwortete der Löwe: »Sie haben’s gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und haben sich Gewalt angetan. Laß nur einmal zwölf Spinnräder ins Vorzimmer bringen, sie werden herzukommen und werden sich daran freuen, und das tut kein Mann.« Dem König gefiel der Rat, und er ließ die Spinnräder ins Vorzimmer stellen.
Der Diener aber, der’s redlich mit den Jägern meinte, ging hin und entdeckte ihnen den Anschlag. Da sprach die Königstochter, als sie allein waren, zu ihren elf Mädchen: »Tut euch Gewalt an und blickt euch nicht um nach den Spinnrädern.« Wie nun der König am andern Morgen seine zwölf Jäger rufen ließ, so kamen sie durch das Vorzimmer und sahen die Spinnräder gar nicht an. Da sprach der König wiederum zum Löwen: »Du hast mich belogen, es sind Männer, denn sie haben die Spinnräder nicht angesehen.« Der Löwe antwortete: »Sie haben’s gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und sie haben sich Gewalt angetan.« Der König aber wollte dem Löwen nicht mehr glauben.
Die zwölf Jäger folgten dem König beständig zur Jagd, und er hatte sie je länger, je lieber. Nun geschah es, daß, als sie einmal auf der Jagd waren, Nachricht kam, die Braut des Königs wäre im Anzuge. Wie die rechte Braut das hörte, tat’s ihr so weh, daß es ihr fast das Herz abstieß und sie ohnmächtig auf die Erde fiel.
Der König meinte, seinem lieben Jäger sei etwas begegnet, lief hinzu und wollte ihm helfen und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so gerührt, daß er sie küßte, und als sie die Augen aufschlug, sprach er: »Du bist mein, und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das ändern.«
Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten und ließ sie bitten, in ihr Reich zurückzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten Schlüssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Löwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte.
De Gaudeif un sien Meester (Münsterisch)
J an wull sien Sohn en Handwerk lehren loeten, do gonk Jan in de Kerke un beddet to ussen Herrgott, wat üm wull selig (zuträglich) wöre; do steit de Köster achter dat Altar un seg: »dat Gaudeifen! Dat Gaudeifen (gaudieben)!« Do geit Jan wier to sien Sohn: he möst dat Gaudeifen lehren, dat hedde em usse
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