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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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Fuß fortstoßen, und dann sollte der Sohn dem Wasser überlassen bleiben. Da nahm er Abschied von seinem Vater, setzte sich in ein Schiffchen, und der Vater mußte es mit seinem eigenen Fuß fortstoßen. Das Schiffchen schlug um, so daß der unterste Teil oben war, die Decke aber im Wasser; und der Vater glaubte, sein Sohn wäre verloren, ging heim und trauerte um ihn.
     
    Das Schiffchen aber versank nicht, sondern floß ruhig fort, und der Jüngling saß sicher darin, und so floß es lange, bis es endlich an einem unbekannten Ufer festsitzen blieb. Da stieg er ans Land, sah ein schönes Schloß vor sich liegen und ging darauf los. Wie er aber hineintrat, war es verwünscht; er ging durch alle Zimmer, aber sie waren leer, bis er in die letzte Kammer kam; da lag eine Schlange darin und ringelte sich.
     
    Die Schlange aber war eine verwünschte Jungfrau, die freute sich, wie sie ihn sah, und sprach zu ihm: »Kommst du, mein Erlöser? Auf dich habe ich schon zwölf Jahre gewartet; dies Reich ist verwünscht, und du mußt es erlösen.« – »Wie kann ich das?«, fragte er. »Heute nacht kommen zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind, die werden dich fragen, was du hier machst; da schweig aber still und gib ihnen keine Antwort, und laß sie mit dir machen, was sie wollen: sie werden dich quälen, schlagen und stechen, laß alles geschehen, nur rede nicht; um zwölf Uhr müssen sie wieder fort.
     
    Und in der zweiten Nacht werden wieder zwölf andere kommen, in der dritten vierundzwanzig, die werden dir den Kopf abhauen; aber um zwölf Uhr ist ihre Macht vorbei, und wenn du dann ausgehalten hast und kein Wörtchen gesprochen hast, so bin ich erlöst. Ich komme zu dir und habe in der Flasche das Wasser des Lebens, damit bestreiche ich dich, und dann bist du wieder lebendig und gesund wie zuvor.« Da sprach er: »Gerne will ich dich erlösen.« Es geschah nun alles so, wie sie gesagt hatte, die schwarzen Männer konnten ihm kein Wort abzwingen, und in der dritten Nacht ward die Schlange zu einer schönen Königstochter, die kam mit dem Wasser des Lebens und machte ihn wieder lebendig. Und dann fiel sie ihm um den Hals und küßte ihn, und war Jubel und Freude im ganzen Schloß. Da wurde ihre Hochzeit gehalten, und er war König vom goldenen Berge.
     
    Also lebten sie vergnügt zusammen, und die Königin gebar einen schönen Knaben. Acht Jahre waren schon herum; da fiel ihm sein Vater ein, und sein Herz ward bewegt, und er wünschte, ihn einmal heimzusuchen. Die Königin wollte ihn aber nicht fortlassen und sagte: »Ich weiß schon, daß es mein Unglück ist«, er ließ ihr aber keine Ruhe, bis sie einwilligte.
     
    Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wünschring und sprach: »Nimm diesen Ring und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin versetzt, wo du dich hinwünschest, nur mußt du mir versprechen, daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wünschen.« Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger und wünschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte.
     
    Im Augenblick befand er sich auch dort und wollte in die Stadt; wie er aber vors Tor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er seltsame und doch so reiche und prächtige Kleider anhatte. Da ging er auf einen Berg, wo ein Schäfer hütete, tauschte mit diesem die Kleider und zog den alten Schäferrock an und ging also ungestört in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr, daß es sein Sohn wäre, und sagte, er hätte zwar einen Sohn gehabt, der wäre aber längst tot; doch weil er sähe, daß er ein armer, dürftiger Schäfer wäre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben.
     
    Da sprach der Schäfer zu seinen Eltern: »Ich bin wahrhaftig Euer Sohn; wißt Ihr kein Mal an meinem Leibe, woran Ihr mich erkennen könnt?« – »Ja«, sagte die Mutter, »unser Sohn hat eine Himbeere unter dem rechten Arm.« Er streifte das Hemd zurück; da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm und zweifelten nicht mehr, daß es ihr Sohn wäre. Darauf erzählte er ihnen, er wäre König vom goldenen Berge, und eine Königstochter wäre seine Gemahlin, und sie hätten einen schönen Sohn von sieben Jahren.
     
    Da sprach der Vater: »Nun und nimmermehr ist das wahr! Das ist mir ein schöner König, der in einem zerlumpten Schäferrock hergeht.« Da ward der Sohn zornig und drehte, ohne an sein Versprechen zu denken, den Ring herum

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