Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
Klingel hineinsetzen und sich hinunterwinden lassen. Unten, da seien drei Zimmer, und in jedem sitze ein Königskind und habe einen Drachen mit vielen Köpfen zu kraulen; denen müßte er die Köpfe abschlagen.
Als das Erdmännchen nun das alles gesagt hatte, verschwand es. Als es Abend war, da kamen nun die beiden andern und fragten ihn, wie es ihm ergangen sei; da sagte er: »Oh, soweit ganz gut«; und er habe keine Menschenseele gesehen, nur des Mittags, da sei so ein kleines Männchen gekommen, das habe ihn um ein Stück Brot gebeten; und als er es ihm gegeben habe, da habe es das Männchen fallen lassen und gesagt, er möge es ihm doch wieder aufheben. Und wie er das nicht habe tun wollen, da habe es zu drohen angefangen; das aber habe er unrecht verstanden und habe das Männchen verprügelt, und da habe es ihm erzählt, wo die Königskinder seien.
Da ärgerten sich die beiden anderen Brüder so, daß sie gelb und grün wurden. Am andern Morgen gingen sie nun alle zusammen an den Brunnen und machten Lose, wer sich zuerst in den Korb setzen sollte. Da fiel das Los auf den ältesten, er mußte sich hineinsetzen und die Klingel mitnehmen. Da sagte er: »Wenn ich klingle, so müßt ihr mich nur geschwind wieder heraufwinden.« Wie er nun ein bißchen unten war, da klingelte was; da wanden ihn die zwei anderen Brüder wieder herauf.
Da setzte sich der zweite hinein, und der machte es ebenso. Nun kam die Reihe an den jüngsten; der ließ sich aber ganz hinunterwinden. Als er nun aus dem Korb gestiegen war, da nahm er seinen Hirschfänger und ging zur ersten Tür und lauschte: da hörte er den Drachen ganz laut schnarchen. Er machte langsam die Tür auf; da saß da eine Königstochter, die hatte auf ihrem Schoß neun Drachenköpfe liegen und kraulte sie. Da nahm er seinen Hirschfänger und schlug zu: da waren die neun Köpfe ab.
Die Königstochter sprang auf und fiel ihm um den Hals und drückte und küßte ihn von Herzen; und sie nahm einen Schmuck, den sie auf ihrer Brust trug und der von altem Golde war, und hängte ihm den um. Da ging er nun auch zu der zweiten Königstochter; die hatte einen Drachen mit sieben Köpfen zu kraulen; die erlöste er auch. Und schließlich erlöste er auch die jüngste, die hatte einen Drachen mit vier Köpfen zu kraulen gehabt. Und die drei Schwestern hatten sich alle so viel zu fragen, und sie umarmten sich ohne aufzuhören. Der jüngste Bruder aber klingelte so laut, bis sie es droben hörten.
Dann setzte er die Königstöcher eine nach der andern in den Korb und ließ sie hinaufziehen. Wie aber nun an ihn die Reihe kommen sollte, da fielen ihm die Worte von dem Erdmännchen wieder ein: daß es seine Gesellen mit ihm nicht gut meinten. Da nahm er einen großen Stein, der dort lag, und legte ihn in den Korb. Und als der Korb ungefähr bis zur Mitte heraufgewunden war, da schnitten die falschen Brüder oben den Strick durch, daß der Korb mit dem Stein auf den Grund fiel, und nun meinten sie, er wäre gestorben. Dann liefen sie mit den drei Königstöchtern fort und ließen sich von ihnen versprechen, daß sie ihrem Vater sagen sollten: die beiden ältesten Brüder hätten sie erlöst.
So kamen sie nun zum König und begehrten jeder eine der Königstöchter zur Frau.
Unterdes ging der jüngste Jägerbursche ganz betrübt in den drei Kammern umher, und er dachte, daß er nun wohl sterben müßte. Da sah er an der Wand eine Flöte hängen, und da sagte er: »Warum hängst du denn da hier? Hier kann doch keiner lustig sein.« Er beguckte sich auch die Drachenköpfe und sagte: »Ihr könnt mir auch nicht helfen!« und er ging so manches liebe Mal auf und ab spazieren, daß der Erdboden davon glatt wurde.
Und schließlich, da kriegte er andere Gedanken, und er nahm die Flöte von der Wand und blies ein Stückchen drauf. Auf einmal, da kamen so viele Erdmännchen, und bei jedem Ton, den er blies, kam eins mehr; da blies er das Stückchen so lange, bis das Zimmer gestopft voll war. Die fragten alle, was sein Begehren wäre; da sagte er, er wollte wieder gern auf die Erde hinauf ans Tageslicht. Da faßten sie ihn alle an, an jedem Faden Haar, was er auf seinem Kopfe hatte, und so flogen sie mit ihm zur Erde hinauf. Wie er oben war, ging er gleich nach dem Königsschloß, wo gerade die Hochzeit mit der einen Königstochter sein sollte. Und er ging auf das Zimmer, wo der König mit seinen drei Töchtern saß.
Wie ihn da die Kinder sahen, da wurden
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