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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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immer:
     
»Einäuglein, wachst du?
Einäuglein, schläfst du?«
     
    Da tat Einäuglein das eine Auge zu und schlief ein. Und als Zweiäuglein sah, dass Einäuglein fest schlief und nichts verraten konnte, sprach es:
     
»Zicklein, meck!
Tischlein deck!«
     
    und setzte sich an sein Tischlein und aß und trank, bis es satt war, dann rief es wieder:
     
»Zicklein, meck!
Tischlein weg!«
     
    und es verschwand alles und Zweiäuglein weckte nun das Einäuglein und sprach: »ei, Einäuglein, du willst hüten und schläfst dabei ein, derweil hätte die Ziege in alle Welt laufen können! Komm, wir wollen nach Haus gehen.« Da gingen sie nach Haus und Zweiäuglein ließ wieder sein Schüsselchen unangerührt stehen, und Einäuglein konnte der Mutter nicht sagen, warum es nicht essen wollte und sprach: »ich war draußen eingeschlafen.«
     
    Am andern Tag sprach die Mutter zu Dreiäuglein: »geh du mit hinaus und hab Acht, ob Zweiäuglein draußen ißt und ob ihm jemand Essen und Trinken bringt, denn essen und trinken muss es doch.« Da trat Dreiäuglein zum Zweiäuglein und sprach: »ich will mitgehen und sehen, ob auch die Ziege recht gehütet und ins Futter getrieben wird.« Aber Zweiäuglein merkte, was Dreiäuglein im Sinne hatte und trieb die Ziege hinaus ins hohe Gras und sprach: »wir wollen uns dahin setzen, Dreiäuglein, ich will dir was vorsingen.«
     
    Dreiäuglein setzte sich und war müd von dem Weg und der Sonnenhitze und Zweiäuglein hub wieder das vorige Liedlein an und sang:
     
»Dreiäuglein, wachst du?«
     
    aber statt daß es nun singen musste:
     
»Dreiäuglein, schläfst du?«
     
    sang es aus Unbedachtsamkeit:
     
»Zweiäuglein, schläfst du?«
     
    und sang immer:
     
»Dreiäuglein, wachst du?
Zweiäuglein, schläfst du?«
     
    Da fielen dem Dreiäuglein seine zwei Augen zu und schliefen, aber das dritte, das von dem Sprüchlein nicht angeredet wurde, schlief nicht ein, doch Dreiäuglein tat es zu, aber aus List, gleich als schlief es auch damit, doch blinzelte es und konnte alles gar wohl sehen. Und als Zweiäuglein meinte, Dreiäuglein schlafe fest, sagte es sein Sprüchlein:
     
»Zicklein, meck!
Tischlein deck!«
     
    aß und trank nach Herzenslust und hieß dann dem Tischlein wieder fortgehen:
     
»Zicklein meck!
Tischlein weg!«
     
    und Dreiäuglein hatte alles mit angesehen. Da kam Zweiäuglein zu ihm und weckte es und sprach: »ei, Dreiäuglein, bist du eingeschlafen! Du kannst gut hüten! Komm wir wollen heim gehen«, und als sie nach Haus kamen, aß Zweiäuglein wieder nicht und Dreiäuglein sprach zur Mutter: »ich weiß nun, warum das hochmütige Ding nicht ißt; wenn sie draußen zur Ziege spricht:
     
›Zicklein, meck!
Tischlein deck!‹
     
    so steht ein Tischlein vor ihr, das ist mit dem besten Essen besetzt, viel besser, als wirs hier haben; und wenn sie satt ist, so spricht sie:
     
›Zicklein, meck!
Tischlein weg!‹
     
    und alles ist wieder verschwunden. Ich hab es genau mit angesehen; zwei Augen hatte sie mir mit einem Sprüchlein eingeschläfert, aber das eine auf der Stirne, das war zum Glück wach geblieben.«
     
    Da rief die Mutter zornig: »willst du’s besser haben, als wir! Die Lust soll dir vergehen!« Und holte ein Schlachtmesser und stieß es der Ziege ins Herz, dass sie tot hinfiel.
     
    Als Zweiäuglein das sah, ging es voll Trauer hinaus und setzte sich wieder auf den Feldrain und weinte seine bitteren Tränen. Da stand auf einmal die weise Frau wieder neben ihm und sprach: »Zweiäuglein, was weinst du?«
     
    »Soll ich nicht weinen?«, antwortete es, »Die Ziege, die mir jeden Tag auf euer Sprüchlein den Tisch so schön deckte, ist mir von meiner Mutter totgestochen; nun muss ich wieder Hunger und Kummer leiden.« Die weise Frau sprach: »Zweiäuglein, ich will dir einen guten Rat geben, bitt deine Schwestern, dass sie dir das Eingeweide von der geschlachteten Ziege geben und vergrabs vor der Haustüre, so wirds dein Glück sein.«
     
    Da verschwand sie und Zweiäuglein ging heim und sprach zu den Schwestern: »liebe Schwestern, gebt mir doch etwas von meiner Ziege, ich verlange nichts Gutes, gebt mir nur das Eingeweide.« Da lachten sie und sprachen: »das können wir dir wohl geben, wenn du weiter nichts willst.«
     
    Und Zweiäuglein nahm das Eingeweide und vergrubs Abends in aller Stille nach dem Rate der weisen Frau vor die Haustüre.
     
    Am andern Morgen als sie insgesamt erwachten und vor die Haustüre traten, so stand da ein

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