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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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wirklich geschehen? Alles? Starsea und Montgomery Creek und Russell Hedges? Du weißt, wovon ich rede?«
    »Ja. Ich war mir selbst nicht sicher, ob es wirklich war, bis ich gerade deine Stimme hörte. Mein Gott, Jeff, ich bin immer und immer wieder gestorben, es war…«
    »Ich weiß. Bei mir war es das gleiche. Aber davor, erinnerst du dich wirklich an all die Dinge, die wir erlebt haben, all diese Leben?«
    »An jedes einzelne davon. Ich war Ärztin und Künstlerin… du hast Bücher geschrieben, wir…« »Wir sind gesegelt.«
    »Auch das.« Er hörte ihr Seufzen, ein langgezogener, stimmloser Laut des Bedauerns und der Müdigkeit, und mehr. »Was diesen letzten Tag betrifft, im Central Park…« »Ich dachte, es würde das letzte Mal sein, ich dachte, du – wärst verschwunden. Für immer. Ich mußte zum Schluß bei dir sein, auch wenn es nur… ein Teil von dir war, der mich nicht wirklich kannte.«
    Sie sagte nichts, und nach mehreren Sekunden lastete das Schweigen zwischen ihnen wie zuvor die verlorenen Jahre. »Was fangen wir jetzt an?« fragte Pamela. »Ich weiß nicht«, sagte Jeff. »Ich kann noch nicht klar denken, du etwa?«
    »Nein«, gestand sie ein. »Ich weiß nicht, was im Moment das beste wäre, für uns beide.« Sie machte eine Pause, zögerte. »Weißt du… Kimberly ist heute krank aus der Schule heimgekommen – deshalb ist sie ans Telefon gegangen –, aber sie hat nicht bloß eine Erkältung, heute ist der Tag, an dem sie ihre erste Periode hatte. Ich starb, gerade als sie zur Frau wurde. Und jetzt…« »Ich verstehe«, sagte er.
    »Ich hab’ sie nie großwerden sehen. Und ihr Vater auch nicht. Und Christopher, er fängt gerade mit der High-School an… Diese Jahre sind so wichtig für sie.«
    »Es ist zu früh, als daß wir schon feste Pläne machen könnten«, sagte Jeff. »Es gibt zuviel, was wir aufnehmen, verarbeiten müssen.«
    »Ich bin nur so froh zu wissen… daß ich mir nicht alles eingebildet hab’.«
    »Pamela…« Er suchte vergeblich nach den Worten, mit denen er alles hätte ausdrücken können, was er empfand. »Wenn du wüßtest, wie sehr…« »Ich weiß. Du brauchst es mir nicht mehr zu sagen.« Er legte den Telefonhörer behutsam nieder, starrte ihn lange an. Es war möglich, daß sie zuviel zusammen erlebt hatten, mehr gesehen und gewußt und miteinander geteilt hatten, als sie in dieser Welt gewachsen waren. Gewinnen und Verlieren, Ergreifen und Loslassen…
    Pamela hatte einmal gesagt, sie habe »die Dinge bloß anders, nicht besser gemacht«. Das stimmte nicht ganz. Manchmal hatten ihre Handlungen positive Auswirkungen auf sie und die Welt im allgemeinen gehabt, manchmal negative, am häufigsten keins von beiden. Jedes Leben war anders gewesen, unvorhersagbar in seinem Ausgang und seiner Wirkung. Trotzdem hatten diese Entscheidungen getroffen werden müssen, dachte Jeff. Er hatte gelernt, die möglichen Verluste zu akzeptieren, in der Hoffnung, sie würden durch die Gewinne aufgewogen werden. Der einzige und schwerste Fehler, das wußte er, wäre es, niemals etwas zu riskieren. Jeff blickte auf und sah sein Spiegelbild im dunklen Rauchglas des Bücherregals: graue Stellen im Haar, unter den Augen schwach geschwollene Tränensäcke, dünne Falten, die seine Stirn zu zerknittern begannen. Sie würden niemals wieder geglättet werden, diese Anzeichen des Alters; sie würden sich nur vertiefen und ausbreiten, neue Hieroglyphen einer verlorenen Jugend, mit jedem verstreichenden Jahr unauslöschlich auf sein Gesicht und seinen Körper geschrieben.
    Und dennoch, überlegte er, würden die Jahre alle neu und unbekannt sein, ein sich stetig veränderndes Muster unvorhergesehener Ereignisse und Empfindungen, die ihm bis jetzt vorenthalten worden waren. Neue Filme und Theaterstücke, neue technische Entwicklungen, neue Musik – Herrgott, wie er sich nach einem Lied sehnte, irgendeinem Lied, das er noch nie zuvor gehört hatte! Der unbegreifliche Kreislauf, in dem er und Pamela gefangen gewesen waren, hatte sich als eine Art von Gefängnis erwiesen, nicht als Befreiung. Sie waren dem täuschenden Luxus auf den Leim gegangen, sich ständig auf Zukunftsalternativen zu konzentrieren; ebenso wie Lydia Randall mit der blinden Zuversicht ihrer Jugend geglaubt hatte, des Lebens Wahlmöglichkeiten würden ihr auf ewig zur Verfügung stehen. »Wir haben soviel Zeit«, hörte Jeff sie sagen, und dann tönte das Echo seiner eigenen, an Pamela gerichteten Worte ihm aufs neue durch den

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