Grippe
pflegten. Zudem fror er. Schauer durchzuckten wie Elektroschocks seinen Körper, während es in seiner Brust laut rasselte. Er hätte richtig kotzen können beim Anblick des blutigen Schleims, der sich zwischen seinen Zähnen über die Lippen ergoss.
Er fing zu lachen an, doch ein Hustenanfall machte die bierselige Ausgelassenheit zunichte. Danach spuckte er einen weiteren Pfropfen Blut in ein Taschentuch und ließ es fallen. Schließlich, als er ausgelacht und gespien hatte, brach McFall in Tränen aus.
Er wusste, dass er sterben würde, und es machte ihn traurig.
Der Revolver lag direkt vor ihm auf dem Tisch, geradezu verlockend nah. Er war geladen; in jeder der sechs Kammern steckte eine Patrone. McFall sah sich bereit, ihn zu benutzen. Angst hatte er keine davor. Nein, vielmehr beruhigte ihn der Gedanke daran, doch er wollte sich den versöhnlichen Schuss für den finalen Moment aufsparen. Das allerletzte Tröpfchen Leben wollte er aus seinem bloßgestellten, matten Körper zehren, ehe er die Waffe gegen sich richtete.
Logisch: McFall wollte keiner von denen werden.
Er schaute durch die Terrassentür hinaus in den Garten. Regen bemusterte die Fensterscheiben wie Schweißperlen, obwohl McFall den überwucherten Rasen klar im Blick hatte. Er war immer noch leer und frei von ihnen – abgesehen von einer, und die fürchtete er nicht. Es handelte sich um diejenige, die seiner Ehefrau ähnelte, und sie starrte ihn durch das Glas an, als wolle sie unbedingt seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie musste durch den Gartenzaun hinterm Nachbarhaus gekommen sein, doch wie genau, wusste McFall nicht. Liebe kennt keine Grenzen, dachte er sich und lachte erneut. Ihr erschloss sich sein Humor natürlich nicht, also schwieg sie und regte sich nicht, als schmolle sie oder sei gelangweilt. Exakt so hätte sich auch seine Frau verhalten, wäre sie noch wach gewesen, wenn er zahllose Male zu spät von der Arbeit gekommen war.
Sie wollte stets ausgehen. Lass uns tanzen, schlug sie dann vor, besonders am Wochenende, wo er doch gerade zu dieser Zeit am meisten zu tun hatte. Als Taxifahrer verdiente man dann am meisten. Dennoch versprach er ihr, pünktlich daheim zu sein, rief sie zuvor sogar an und sagte ihr, sie solle sich feinmachen, da er nur noch »eine letzte Fuhre« machen müsse. Am Ende trudelte er nach ein Uhr morgens ein, um sie wütend und streitsüchtig in den besten Klamotten anzutreffen. Schlimmer war es nur, wenn sie zusammengerollt im Tiefschlaf auf der Couch lag, weil dies bedeutete, dass er erst am Morgen Zoff kriegte, wenn sie es nicht sogar über mehrere Tage hinweg vor sich herschob.
Die Tote trug nach wie vor das gleiche Hauskleid, das McFall seiner Frau vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte. Durch die schmutzige Scheibe sah sie ihr noch ähnlicher. Er wusste, dass es nicht wirklich seine Alte war, die da draußen dem Regen wie eine Demonstrantin trotzte, doch in den letzten Minuten seines Lebens, wollte er das Gegenteil glauben.
Schaden tut ’ s sowieso nicht, dachte er.
McFall schaute ihr in die Augen, ohne vom Stuhl am Tisch aufzustehen.
»Keine verschissene Maske mehr«, sprach er. Ein Gackern entfuhr seinen knochentrockenen Lippen. »Ich bin ganz ich selbst. Mein verficktes, wahres Ich. Zeit, den echten Eddie McFall kennenzulernen.« Ein paar Dinge musste er ihr mitteilen, ein paar unbequeme Wahrheiten. Diese Dinge musste er sich von der Leber reden, bevor er den sprichwörtlichen Geist aufgab. Die Jungs vom Taxistand hatten stets behauptet, er spränge zu milde mit ihr um, und jetzt verstand er, was damit gemeint war. Er hatte ihr zu viel durchgehen lassen
»Hör zu, Liebes«, krächzte er. Die Worte steckten wie Dolche in seinem Hals. »Hättest du deinen fetten, faulen Arsch einmal in Bewegung gesetzt und dich um ’ nen Job bemüht, statt mir ständig die Hölle heiß zu machen –« Er genehmigte sich eine Pause, um Blut in ein frisches Tuch zu husten. »Na ja, dann hätte ich vielleicht weniger Überstunden machen müssen.«
Die Tote wirkte immer noch eingeschnappt. Immer noch grantig, immer noch potthässlich.
»Und überhaupt«, entrüstete er sich weiter. »Immer dieses Gezeter von wegen kein Sex. Äh, sorry: Guck verdammt nochmal in den Spiegel, Liebes«, höhnte er, als stünden seine Arbeitskollegen hinter ihm, um ihn anzufeuern. »Nicht dass du Pammy Anderson –«
Das letzte Wort kam nicht mehr, da er einen stechenden Schmerz in der Brust spürte, als sei sein Herz
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