Grippe
hindurch und strömten ins Erdgeschoss. Manche brannten noch, und die Flammen gingen auf andere und das Haus selbst über, als sie gegen ihre Brüder und die Holztüren auf dem Gang stolperten.
George merkte, dass ihm jemand vom Boden aufhelfen wollte – ausgerechnet Lark. Sogleich folgten die beiden den Frauen und dem kleinen Mädchen Richtung Treppenhaus.
»Weiter!« Lark scheuchte ihn, ehe sie zu zweit nach den anderen drei riefen. »Schnell nach oben!«
Sie preschten durch die geöffnete Feuertür. Georges Herz pochte schwerer, je länger er lief. Wie bei seinem ersten Besuch klebten ihm vor lauter Schweiße die Kleider am Leib. Die Geschichte wiederholte sich schlicht während dieses klaustrophobischen Rennens durch die Gänge; es war eine perverse Form von Déjà-vu, die Toten hatten sich vermehrt und fürs Replay ein dämonisches Feuerkleid angezogen.
Auf halbem Weg die erste Treppe hinauf blieb George stehen, drehte sich um und lief zurück.
»Was hast du vor?«, rief Lark ihm hinterher.
»Die Tür!«, schrie er. »Wir müssen die Feuertür schließen!«
Das war nicht mehr möglich, denn als er den Absatz erreichte, drängelten sich bereits mehrere Tote hindurch. »Fuck!«, fluchte er und kehrte wieder um. »Fuck, fuck, fuck! Sie sind drin! Lauft weiter!«
Während die anderen nach oben eilten, hielt er erneut inne. Er betrachtete seinen Finger; der sah bereits entzündet aus und schmerzte. Am Handrücken zeichnete sich blau eine Ader ab wie ein Kabel, das unter der Haut verlief. Er musste an alte Horrorstreifen denken, weil es auf komische Weise künstlich aussah. Seufzend wandte er sich den nahenden Toten zu.
»Hey!«, rief Lark erneut von weiter oben und wurde langsamer. »Wo bleibst du?«
George blickte düster drein, als er die Hand hob. »Ich wurde gebissen«, antwortete er knapp.
Lark glotzte ihn an, zischte missbilligend und schüttelte den Kopf.
» Fuck, tut mir echt leid, Mann …« Echte Betroffenheit sprach aus seinen Zügen.
»Sicher«, entgegnete George mit einem ironischen Lächeln. Er schätzte den Tätowierten jedoch falsch ein. Zuerst wollte Lark weitergehen, doch dann drehte er sich wieder um, als hätte er etwas vergessen. Er ging ein paar Stufen zurück, streckte seinen langen und sehnigen, tätowierten Arm aus und bot George die Hand an. Sein Blick verriet dem Polizisten, dass er es aufrichtig meinte.
»Mag dich so, wie du bist«, sprach Lark ohne Sarkasmus.
George schlug ein und schüttelte ihm kräftig die Hand.
»Und du bist immer noch ein Sackgesicht«, erwiderte er grinsend.
Lark lächelte und drückte ihm weiter die Hand.
» Pass bloß auf sie auf«, bat George. Ihm war klar, dass Lark genau wusste, wen er meinte.
»Werde ich«, versprach Lark und wandte sich schnell ab.
»Und das kleine Mädchen –«, wollte er fortfahren.
Lark schaute sich noch einmal um und schüttelte verwirrt den Kopf.
»Ich denke –«
»Was denkst du?«, fragte Lark ungeduldig.
» Ach, vergiss es«, winkte George ab. Es konnte nicht sie sein. Einfach unmöglich.
Während sich Lark auf den Weg nach oben machte, bemerkte George gerade früh genug, wie ein Grüppchen Toter hinter der Ecke des ersten Treppenlaufs zum Vorschein kam. Sie sahen aufgeregt aus, weil sie nahmen die Stufen wie Kinder, die zum ersten Mal ein Schloss besichtigten. George empfand beinahe so etwas wie Mitleid, als sich ihre geistlosen, gequälten Gesichter näherten. Der Hunger schien sie unaufhörlich anzutreiben. Würden sie jemals satt, oder war es wie ein Juckreiz, gegen den auch kein Kratzen half?
Der Erste versuchte, ihn anzufassen, ein Mann im fortgeschrittenen Alter mit dunklem Anzug. Er sah niedergeschlagen aus, als käme er gerade von einer Beerdigung. Seiner eigenen vielleicht, dachte George. Er trat ihn, dass er gegen die Nachzügler stieß und mit ihnen von der Treppe purzelte, ein durchaus humoristischer Anblick. Die Übrigen schwärmten wie aufgedunsene Wespen aus. George dachte daran, dass er sein Versprechen gegenüber Norman am Ende wohl doch nicht einhalten würde.
»Also gut, Freunde«, sagte er und hob die Glock. »Packen wir ’ s an.«
Karen kannte die beiden nicht, die ihr folgten, war sich aber ziemlich sicher, dass sie nicht zur Polizei gehörten. Der mit der weißen, ärmellosen Weste war tätowiert, auch auf der Brust, und hatte eine Menge Metall im Gesicht. Dann der rasierte Schädel und die Augenringe, die wie aufgemalt aussahen. So sahen keine Polizisten aus, das stand definitiv
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