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Große Liebe Desiree

Titel: Große Liebe Desiree Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarett
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Motten vom Licht. Aber er hatte schon gemerkt, daß Miss Désirée Sparhawk nicht so war wie die anderen Frauen, die er bisher getroffen hatte, und er konnte den entsetzten Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht vergessen, als ihr klar wurde, wer - nein, was er war. Warum, zum Teufel, hatten die Briefe ihm nichts darüber gesagt, auf welche Weise ihr Vater gestorben war?
    Er folgte einer steil ansteigenden Straße, die den Hügel hinaufführte. Auf dem morastigen Boden rutschte er mit seinen Stiefeln bei jedem Schritt. Sparhawks Schwester hatte sich als Schönheit entpuppt - groß und schlank und doch rund an den richtigen Stellen, mit heller Haut und schwarzem Haar, das ihr Gesicht umrahmte, der Traum eines jeden Seemannes. Vor allem aber waren es ihr trauriger Blick und ihre Verletzlichkeit, die ihn anrührten. Er dachte wieder an die heiteren, humorvollen Briefe, die sie ihrem Bruder geschrieben hatte, und erinnerte sich dann daran, wie er eben diese Briefe benutzt hatte, um Lüge an Lüge zu reihen, bis ihr vor Kummer die Tränen gekommen waren.
    Es war so leicht gewesen, ihre Liebe zu ihrem Bruder für seine Zwecke auszunutzen! Zynisch dachte er daran, was Julia wohl sagen würde, wenn sie ihn heute abend gehört hätte. Die Vorstellung, die er gegeben hatte, war keine Leistung, die ihn stolz machte. Die Lügen waren schon schlimm genug. Was aber würde Désirée Sparhawk wohl erst sagen, wenn sie die Wahrheit erfuhr?
    Zu diesem Zeitpunkt jedoch würde er nichts mehr mit ihr zu tun haben. Dann hätte sie ihren Zweck erfüllt und ihn zu Monteil geführt, und jemand anderem würde die Pflicht zukommen, Entschuldigungen vorzubringen, Erklärungen abzugeben und sie mit einem Schiff nach Hause zurückzuschicken. Was er getan hatte, war nicht schlimmer als irgendeine der üblichen Kriegslisten, als falsche Flaggen oder getarnte Waffen oder ein Dutzend anderer gebräuchlicher Täuschungsmanöver. Bisher hatten ihm solche Tricks Spaß gemacht, hatte er es genossen, einen Gegner zu überlisten. Wenn es ihm gelang, den Krieg mit Frankreich zu verkürzen, würde er unzähligen Engländern das Leben retten. Im Verhältnis dazu zählten die Gefühle einer einsamen Amerikanerin nicht viel.
    Natürlich war es dumm gewesen, sie zu küssen. Sie hatte so verlockend und nachgiebig in seinem Arm gelegen, so überraschend anschmiegsam, daß er alles andere darüber hinaus vergessen hatte. Er zuckte innerlich zusammen bei dem Gedanken, wie vollständig er die Kontrolle verloren hatte, wie er nur noch im Sinn gehabt hatte, sie zu trösten, und wie er sich selbst für das kurze Vergnügen einer einzigen Stunde beinahe ruiniert und seinem Land großen Schaden zugefügt hätte. Wie hübsch und einsam sie auch immer sein mochte, das war sie nicht wert. Er würde vorsichtig sein müssen, damit er nicht noch einmal der Versuchung erlag. Sehr, sehr vorsichtig.
    Nach acht Monaten auf See schmerzten jetzt seine Beine von der ungewohnten Anstrengung, die hügeligen Straßen von Providence entlangzumarschieren. Er kam an einer Taverne vorbei, die vorher überfüllt gewesen war mit lärmenden Zechern, und nun zu seiner Überraschung still und dunkel dalag. Dann fiel ihm ein, daß um Mitternacht der Sonntag begonnen hatte, der sogar in Rhode Island als Ruhetag geachtet wurde. Müde ging er in Richtung seiner Unterkunft, froh darüber, niemandem begegnet zu sein.
    Am Morgen würde Zeit genug zum Reden sein. Dann könnte er noch einmal bei Miss Désirée vorsprechen in der Hoffnung, diesmal die richtigen Worte zu finden, die sie veranlaßten, ihre Meinung zu seinen Gunsten zu ändern.
    Aber in gewisser Weise wünschte er, sie würde es nicht tun.
    »Also, Désirée«, fragte Mariah Sparhawk ohne irgendeine Vorwarnung ihre Enkeltochter, als sie von der Sonntagsandacht zurückgingen, »wann beabsichtigst du, mir von dem Gentleman in meinem Salon gestern abend zu berichten?«
    »Vorsicht, Großmama, da ist es glatt.« Nervös führte Désirée die ältere Frau um eine vereiste Fläche herum und hoffte, sie damit gleichzeitig von der Frage abzulenken. »Ich habe dir heute morgen schon gesagt, daß wir die Kutsche nehmen sollten.«
    »Unsinn, Désirée, ich habe keine Lust zu protzen wie die
    Königin von England wegen der paar Schritte zwischen unserem Zuhause und der Kirche.« Mariah hob den Blick unter dem spitzenbesetzten Rand ihrer Haube und fixierte ihre Enkelin, die sie um einiges überragte. Etwas so Banales wie das Wetter würde sie nicht von ihrer

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