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Große Liebe Desiree

Titel: Große Liebe Desiree Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarett
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Sommer, in dem Désirée acht Jahre alt geworden war, und Obadiah war beinahe fünf. Der Krieg war noch nicht vorüber. Sie hatten beide Shillinge, die sie auf dem Markt ausgeben konnten, Shillinge, die von einem englischen Schiff stammten, das ihr Vater vor einem Monat gekapert hatte. Die alte Frau mit den rosa Zuckerwaren, die sie am liebsten mochten, hatte ihren Stand noch nicht aufgebaut, und so waren sie und Obadiah zur Brücke gelaufen, um Steine ins Wasser zu werfen.
    »Komm vom Geländer runter«, hatte sie in strengem Ton befohlen. »Du weißt, was Großmama dir gesagt hat.«
    Er war auf die oberste Sprosse geklettert und darauf herumbalanciert. »Sie wird es nicht erfahren, außer, du erzählst es ihr.« Er hatte die Silbermünze hochgehalten, um sie in der Morgensonne zu bewundern, und dann war er hinunter in den Fluß gefallen.
    »Obadiah!« Ohne Zögern war sie aufs Geländer geklettert und ihm nachgesprungen, die Röcke aufgebläht wie Ballons. Prustend hatte sie ihn an die Oberfläche gezogen und ihn und sich selbst mühsam über Wasser gehalten, bis drei Seeleute sie aus dem Fluß fischten.
    Während sie hustend und verlegen vor den Seeleuten stand, das Kleid ruiniert von dem schmutzigen Wasser, hatte ihr Bruder nur gegrinst und ihr seine Hand mit dem
    Shilling entgegengestreckt. »Schau, Désirée«, hatte er stolz gesagt. »Deinetwegen habe ich ihn nicht verloren.«
    Er hatte an jenem Tag den Shilling nicht für Süßigkeiten ausgegeben, sondern entschieden, daß er zu kostbar sei, um ihn gegen Zuckerware einzutauschen. So hatte er die Münze mit dem gekerbten Rand aufbewahrt und sie immer in der rechten Tasche seines Mantels bei sich getragen.
    Bis jetzt. Désirée blickte starr auf den vertrauten Shilling in der Hand des Engländers, und Tränen strömten über ihr Gesicht.
    »Aber, meine Kleine«, hörte sie ihn sagen, »ich wollte Sie nicht zum Weinen bringen.«
    Als hätte er das Recht dazu, legte Jack sanft den Arm um ihre zuckenden Schultern und zog sie an seine Brust. Und weil sie jetzt wußte, daß das, was er gesagt hatte, die Wahrheit war, schloß sie die Augen und erstickte ihr Schluchzen in der weichen Wolle seines Mantels. Im Moment war es egal, daß er Engländer war. Er war freundlich, er sorgte sich um ihren Bruder, und er bot ihr die Geborgenheit, die sie brauchte. Sie fühlte sich so müde, und sie hatte Angst, und beides zusammen war mehr, als sie allein ertragen konnte.
    Er umfaßte ihre Schultern, seine Hand war überraschend warm vom Feuer. »Still jetzt, Mädchen, mit Tränen ändern Sie nichts. Ich wette, Obadiah würde nicht wollen, daß Sie seinetwegen weinen.«
    »Aber seinen Glücksshilling in Ihrer Hand zu sehen -nichts würde ihn davon trennen!« Ihre Stimme brach. »Sie können nicht wissen - Gott im Himmel, wie sollten Sie auch? -, daß ich ihm zu Weihnachten von dem Shilling geschrieben habe. Ich erinnerte ihn daran, wie er seinetwegen in den Fluß gesprungen war, und fragte im Spaß, ob er ihn inzwischen ausgegeben habe. Nie hätte ich gedacht, er könnte so sehr an mir zweifeln, daß er Ihnen den Shilling gab, um mich davon zu überzeugen, daß er wirklich in Schwierigkeiten steckt!«
    Beinahe grob zwang er sie, ihn anzusehen. »Er hat niemals an Ihnen gezweifelt«, sagte er grimmig. »Zweifeln Sie nicht an ihm! Denn trotz allem hat er nie aufgehört, an Sie zu glauben.«
    Sein Gesicht war dem ihren so nahe, daß sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Seine Hände auf ihren Wangen konnte sie sich ihm nur schwer entziehen, und sie versuchte es auch gar nicht. Sie merkte, daß sie zitterte, ihre Knie waren weich, als sie sich hilfesuchend an ihn lehnte. Sie schloß die Augen, und mit beinahe schmerzhafter Intensität nahm sie den Druck seines Körpers gegen den ihren wahr, den leichten Geruch von Salzwasser, der in seinem Mantel hing, und die sanfte Berührung seiner Daumen an ihrem Kinn.
    Und dann fand sein Mund den ihren und glitt warm und behutsam und zugleich verführerisch über ihre Lippen. Schockiert forderte ihr Gewissen, dies sofort zu beenden, aber statt dessen fühlte sie, wie ihr Mund seinem Verlangen nachgab und sich ihre Lippen für ihn öffneten. Er drängte sie nicht, er gab ihr Zeit, sich an die neue Empfindung zu gewöhnen, bis ihr Begehren wuchs und sie ihn freiwillig willkommen hieß. Er lockte sie, und sie folgte ihm, zögernd zunächst und verwirrt von der Entdeckung, was ein Kuß bedeuten konnte. Nach Robert hatte kein Mann mehr

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