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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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zahnlückiger Kinder und ihrer besorgten, regenschirmbewaffneten Eltern. Der Kartenschalter befand sich auf der anderen Seite des Parks, einen langen Fußmarsch entfernt, und Joe Winder hatte vor, die Zeit zu nutzen, um sich einen Fluchtplan auszudenken. Statt dessen schlugen seine Gedanken seltsame Kapriolen; er bemerkte zum Beispiel, wie hoch der Prozentsatz übergewichtiger Menschen bei den Wunderland-Besuchern war. Handelte es sich um einen echten Querschnitt durch die amerikanische Bevölkerung? Oder reisten fette Menschen öfter nach Florida als schlanke? Dreimal verlangsamte Joe Winder seine Schritte, um über diese Frage nachzudenken, und dreimal knallte Pedro Luz ihm die verdammte Krücke in die Kniekehlen. Niemand blieb stehen, um sich einzumischen; wahrscheinlich nahmen alle an, daß Winder ein Taschendieb oder irgendein Unruhestifter war, den der Sicherheitsdienst geschnappt hatte.
    Am Ende verlief sich die Menge, und auch der Nieselregen hörte auf. Die beiden Männer waren allein, überquerten den Laufgang, der das Delphinbecken überspannte. Die Badeattraktion war vorzeitig geschlossen worden, da die Dompteure bei der Parade gebraucht wurden für den Fall, daß die Löwin unruhig wurde. Joe Winder hörte aufbrandenden Applaus quer durch den Vergnügungspark-Feuerwerkskörper explodierten über der Kingsbury Lane. Der Umzug hatte begonnen!
    Winder dachte an Carrie Lanier und hoffte, daß sie vernünftig genug war, nicht nach ihm zu suchen. Er spürte, wie Pedro Luz’ Krücke sich zwischen seine Schulterblätter bohrte. »Stopp«, befahl der Sicherheitsmann.
    Eine silberhaarige Gestalt erschien am Ende des Laufganges vor ihnen. Es war ein hochgewachsener Mann, der zwei rote Behälter trug.
    »Was jetzt?« fragte Pedro Luz.
    Joe Winder verließ der Mut. Skink sah sie nicht. Er lief zwei Treppenabsätze hinunter und stellte die Benzinkanister ins Heck eines Cushman-Motorwagens. Er rannte die Treppen wieder hinauf, verschwand durch eine Tür in der Nähe des Pavillons der Seltenen Tiere und erschien gleich darauf mit zwei weiteren Benzinkanistern.
    »Die Katakomben«, sagte Pedro Luz vorwiegend zu sich selbst.
    Joe Winder hörte, wie er das Holster öffnete. Er wandte sich um und riet Pedro Luz, nichts Verrücktes zu tun.
    »Schnauze, Klugscheißer.«
    Während sie beobachteten, wie Skink das zweite Paar Kanister auf den Cushman lud, erkannte Winder seinen Fehler: er hatte sich zu sehr bemüht, vernünftig und zivilisiert und vielleicht sogar clever zu sein. Solche Bemühungen waren bei Männern wie Francis X. Kingsbury reine Verschwendung. Skink machte es richtig.
    Pedro Luz zielte mit seinem.45er und rief: »Stehenbleiben!« Skink verharrte auf der obersten Treppenstufe. Pedro Luz befahl ihm, die Hände zu heben, doch Skink tat so, als verstünde er ihn nicht.
    »Kenne ich Sie nicht?« fragte Skink, während er näher kam.
    Pedro Luz hatte Schwierigkeiten, den bärtigen Fremden anzusehen, denn eines der Augen des Mannes schien aus seiner Höhle gerutscht zu sein. Während Skink näher kam, verriet er durch nichts, daß er Joe Winder erkannte.
    »Hallo, Leute«, sagte er. Beiläufig bückte er sich, um den verbunden Stumpf von Pedro Luz’ Bein zu untersuchen. »Mein Sohn, Sie verlieren mehr Einzelteile als ein Ford Pinto.«
    Nervös zog Pedro Luz sich wieder in seine Rolle als knallharter Cop zurück: »Zeigen Sie mal Ihre Papiere.«
    Skink griff in seine orangefarbene Regenjacke und holte ein kleines Marmeladenglas heraus. Dieses reichte er dem Sicherheitsmann und sagte: »Ich glaube, das gehört Ihnen.«
    Pedro Luz spürte, wie sein Magen sich verkrampfte. Auf dem Boden des Glases, umspült von Konservierungsflüssigkeit, lag die Spitze seines rechten Zeigefingers. Er sah aus wie ein Stück Tofuquark.
    »Die alte Frau hat ihn abgebissen«, erinnerte Skink ihn, »während Sie sie zusammenschlugen.«
    Wunderbar, dachte Joe Winder. Wir beide werden einen furchtbaren Tod sterben.
    Heiser fragte Pedro Luz: »Wer sind Sie?«
    Skink zeigte auf die fleckigen Bandagen um seinen Brustkorb. »Ich bin derjenige, den Sie im Wohnwagen angeschossen haben.«
    Alle drei zuckten zusammen, als ein römischer Kanonenschlag über der Kingsbury Lane explodierte. Eine Kapelle spielte den Titelsong aus 2001: Eine Odyssee im Weltraum. Es klang schrecklich.
    In dem Becken unter ihnen drehte Dickie der Delphin sich zweimal um seine Längsachse und blies einen feinen Wassernebel aus seinem Nasenloch. Ein paar Tröpfchen benetzten

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