Großstadt-Dschungel
werden Sie noch nicht jetzt umziehen oder die Möglichkeit dazu haben. Wenn aber doch, wird es Ihr Leben bereichern.“
Wovon redest du, Lewis?
„Sie sind an einem Scheidepunkt angekommen.“
Wie wahr. Gute Arbeit, Lewis.
„Ein Transportmittel wird eine Rolle spielen.“
Ein Flugzeug? Steige ich in ein Flugzeug?
„Ein neues Auto wird in Ihr Leben kommen.“ Ein neues Auto? Mit CD-Player? Was bildet der sich eigentlich ein? Ist er ein Quizmaster, oder was?
„Was für ein Auto?“ hake ich nach.
„Sie werden mit dem neuen Auto sehr glücklich werden. Der erste März ist Ihr Glückstag. Innerhalb von achtzig Tagen werden Sie darauf gute Nachrichten erhalten.“ Das heißt von jetzt bis Juni.
Ich unternehme einen erneuten Versuch, ihn zu unterbrechen. „Werde ich befördert?“ Ich sehe auf die Uhr. Sechs Minuten, dreißig Sekunden. „Und wo ich Sie schon an der Strippe habe, können Sie mir wohl sagen, ob ich jemals heiraten werde? Wird Andrew mich jemals wollen? Wird Jeremy mich vermissen? Werde ich Andrew vergessen? Werde …“
„Ich sehe Liebe in Ihrem Leben.“
„Ich bearbeite Liebesromane. Na klar siehst du Liebe in meinem Leben! Gibt es auch Sex? Ich hätte die Tage gern mal wieder welchen. Taucht Andrew irgendwo auf? Hallo? Kannst du mir folgen? Bist du da?“
„Ich sehe viel Liebe. Ich sehe einen Cowboy.“
Ein Cowboy? Er sieht einen Cowboy? Auf der Uhr stehen jetzt mehr als sieben Minuten. Ich weiß, dass ich auflegen sollte, aber ich will noch mehr erfahren. Ich muss mehr erfahren! Erzähl mir mehr!
Ich frage nach meiner Gesundheit („Sehr gute Gesundheit“) und ob ich reich werde („sehr, sehr reich“), und achteinhalb Minuten später realisiere ich, dass ich immer noch Fragen stelle. Also bedanke ich mich, und er sagt, dass ich bald wieder anrufen soll. Ja, klar. Ich habe soeben die Collegegebühren aller seiner Kinder bezahlt. Was will er noch? Soll ich sie auch noch durchs Medizinstudium bringen?
Ich lege auf und stelle fest, dass ich die eigentliche Frage gar nicht gestellt habe.
Vergiss Europa. Vergiss die Beförderung. Ich werde Wahrsagerin. Kann ich eine Jo-Jo werden? Ich möchte eine Jo-Jo werden. Vielleicht bin ich schon eine Jo-Jo. Bitten rufen Sie unter 1-900-die-neue-Jo-Jo an. Und haben Sie Ihre VISA-Karte bei der Hand.
Um 14:30 Uhr steckt Shauna den Kopf zur Tür rein. „Jackie, hast du zu tun? Leanne und ich würden gern mit dir sprechen.“ Leanne ist die Cheflektorin der Reihe „Wahre Liebe“.
Das ist es. Zeit, sich zu entscheiden.
19. KAPITEL
D ann doch noch glücklich, ein bisschen
Es ist der Tag der Leidenschaft, der Rosen und der Konfektschachteln. Ein Tag mit romantischem Potenzial. Ein Tag, der wahlweise auf eine seiner drei Wurzeln zurückverfolgt werden kann: auf das Lupercaliafestival im alten Rom, bei dem junge Männer ihre Frauen auspeitschten, um die Lust zu steigern, oder auf einen der beiden christlichen Märtyrer namens Valentin.
Fröhlichen Valentinstag allerseits.
„Möchten Sie etwas trinken und ein paar Erdnüsse?“ fragt die Stewardess.
Die Sache ist, dass ich nicht eben auf salzig stehe. „Haben Sie auch Plätzchen?“
„Sind einfache Haferkekse in Ordnung?“
Buuuh! Wenn sie schon Haferkekse kaufen, hätten sie nicht wenigstens die mit ein paar Schokoladenstückchen drin nehmen können? Warum nicht diese kleine Zusatzinvestition tätigen und den Leuten eine Freude bereiten? Den Leuten ohne Laktoseallergie. Die mit Allergie wären mit einfachen Haferkeksen sicher glücklicher.
„Was da ist. Und einen Kaffee, bitte.“
Sie reicht mir die Kekse, den Kaffee in der Plastiktasse und ein Zimtherz zum Valentinstag.
Ich denke an meine Grundschulzeit. Für gewöhnlich habe ich aus roter Bastelpappe die Karten selbst gemacht (Janie hat sich standhaft geweigert, die so genannte Grußkartenverschwörung zu unterstützen) und sie an alle Kinder in meiner Klasse verschickt. An fast alle jedenfalls. Der Junge, der sich immer eine Hand vor die Nase gehalten und mit der anderen darin gepopelt hat, bekam nie eine. Und das stinkende Mädchen, dass öfter mal einen „Unfall“ hatte. Ich frage mich, ob unser Grußkarten-Hin- und Hergeschiebe mit seiner ekelhaften Angewohnheit und ihren versuchten Selbstmorden in einem Zusammenhang steht.
Scheiß kommerzielle Feiertage. Sie trennen die, die haben, von denen, die nicht haben. Marc hat gestern zwei Dutzend langstielige rote Rosen vorbeigebracht. Ich habe noch an keinem Valentinstag Rosen
Weitere Kostenlose Bücher