Großvater 02 - und die Schmuggler
ist doch wohl etwas anderes!«
»Wieso?«, sagte Marcus. »Und was soll das heißen: dass du uns aus der Gefahr gerettet hast? Das waren doch wir, die …«
»Ich bin doch nicht blind und gelähmt!«, sagte Großvater beinahe böse.
»Ja, schon, aber du bist fünfundsiebzig in Menschenjahren, und das mal sieben, dann bist du in Hundejahren fünfhundertfünfundzwanzig Jahre alt, und das ist …«
»Du rechnest falsch!«, sagte Großvater ziemlich scharf und bestimmt. »Du musst in die andere Richtung rechnen! Und ich bin kein Hund! Das ist ein gewisser Unterschied.«
» Wieso denn? «, sagte Marcus stur.
»Es ist ein Unterschied«, knurrte Großvater beinahe, oder vielleicht murrte er eher. Aber da fragte Marcus noch einmal, ob man es mit Menschen genauso machen müsste, besonders mit Großvater beispielsweise, denn er wäre ja ziemlich alt.
»Jaha! Jaha!«, sagte Großvater darauf ein paarmal.
Er wirkte beinahe böse, aber das lag wahrscheinlich daran, dass er schon um Mischa trauerte, die bald sterben sollte. Und da sagte Marcus (der sah, dass Großvater nicht mehr so froh und energisch wirkte): »Aber wir haben dich doch gern , und du hast uns doch auch große Dienste geleistet. Genau wie Mischa. Und wenn du blind wirst und total tüddelig, zum Beispiel, sollen wir dich dann auch zum Tierarzt bringen?«
»Ich bin nicht tüddelig!«, sagte Großvater, und da sagte Marcus zur Erklärung: »Aber Gunilla hat gestern auch gesagt, du wärst manchmal ganz schön tüddelig.«
Und da, genau da, hatte Großvater »Herrgott!« ausgerufen, aber da waren sie schon bei der Tierklinik angekommen.
Sie gingen hinein, und Großvater trug Mischa in den Armen. Er ging mit besonders energischen Schritten, aber Marcus tat, als sähe er es nicht, obwohl es ziemlich lustig aussah. Er ließ es auf sich beruhen und sagte nichts.
»Über dreißig Kilo Hund«, sagte Großvater.
Wozu die Bemerkung nun auch immer gut sein sollte.
5. Es kam ein Arzt im weißen Kittel, der Mischa über den Kopf streichelte und ihre Schönheit lobte, wenn man so sagen will, jedenfalls sagte er, sie habe einen ungewöhnlich schönen Kopf, obwohl sie das vielleicht immer sagten, bevor sie ihnen eine Spritze gaben, dachte Marcus.
Vielleicht gab es eine Regel dafür, was man in solchen Fällen sagen sollte.
Dann zeigte der Doktor ihnen den Weg in den sogenannten Einschlafraum . Der Raum maß drei mal fünf Meter und hatte kein Fenster. Er war in blauen Tönen gestrichen, und der Teppich war grün, und es standen zwei Stühle mit Armlehnen und weicher Polsterung darin. In der Mitte zwischen den Stühlen lag ein anderer Teppich. Großvater beugte sich ein bisschen mühsam hinunter und legte Mischa auf den Teppich; sie blickte ein bisschen verwundert auf, legte sich dann aber zurecht und sah in die Richtung, wo sie glaubte, Marcus zu finden. Es sah aus, als fragte sie sich, was eigentlich los war.
Da fing Marcus ein bisschen zu weinen an, riss sich aber gleich wieder zusammen.
Der Doktor sagte, diese erste Spritze sei nur dafür, dass man sich ruhig fühlen sollte, und da sagte Marcus: » Ich will aber keine, ich bin ganz ruhig!«
»Nein, die Spritze ist für Mischa und nicht für dich«, sagte der Doktor und erklärte, dass sie jetzt eine Weile dasitzen und in aller Ruhe mit Mischa reden könnten, bevor er hereinkäme und ihr die letzte Spritze gäbe.
»Worüber sollen wir denn reden?«, fragte Marcus.
Da sagte der Doktor, dass sie sie einfach an Dinge erinnern sollten, die sie zusammen gemacht und an denen sie Spaß gehabt hätten. Und dann gab er ihr die Beruhigungsspritze und ging.
»Herrgott!«, sagte Großvater noch einmal, aber diesmal beinahe lieb. Es war, als wüsste er nicht richtig, was er sagen sollte, als wären ihm die Worte ausgegangen. Eigentlich schluchzten sie beide ein wenig, Großvater und Marcus, nur Mischa war ganz cool. Aber Großvater sagte: »Jetzt müssen wir uns wirklich zusammennehmen ! Oder uns zusammenreißen ! Oder uns ermannen ! Wir können nicht hier sitzen und traurig sein, denn dann wird Mischa vielleicht auch traurig, und das ist doch nicht der Sinn der Sache. Dafür sind wir doch nicht hierhergefahren, oder?«
»Nee«, sagte Marcus.
»Dafür hab ich dich doch nicht mitgenommen«, sagte Großvater.
»Okay«, sagte Marcus. »Soll ich beruhigend mit ihr sprechen, oder machst du es?« Und Großvater sagte: »Ja, sprich du mit ihr so beruhigend, wie es eben geht, ich glaube, du kannst das.«
Es war aber ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher