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Großvater 02 - und die Schmuggler

Großvater 02 - und die Schmuggler

Titel: Großvater 02 - und die Schmuggler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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hoffnungslos.
    Und Großvater, der doch Schriftsteller war, konnte überhaupt keine Worte finden, gerade jetzt, wo sie am meisten gebraucht wurden.
    »Kannst du mir mal erklären«, sagte Marcus da, »wie das ist, wenn jemand stirbt, ich verstehe das nicht. Wie kann es sein, dass wenn Mischa stirbt und sie keine Schmerzen mehr hat und nicht mehr blind ist und gegen die Wand läuft, sodass es im ganzen Schädel scheppert, dass wenn sie dann stirbt – ja, was macht sie dann eigentlich? Ich meine – verschwindet der ganze Körper oder nur der Kopf? Oder was steigt eigentlich in den Himmel auf? Kommt Mischa überhaupt in den Himmel? So wie du und ich?«
    »Tja, der Himmel«, sagte Großvater mit ziemlich belegter Stimme, »also weißt du, das mit dem Himmel, das ist schwierig. Aber vielleicht kommen Hunde auch in den Himmel.«
    »Vielleicht!«, sagte Marcus empört, denn er glaubte, in Großvaters Stimme eine Unsicherheit zu hören. »Wieso vielleicht ?! Ist das nicht sicher?«
    Aber Großvater hüstelte nur, um nach der leichten Erkältung, die ihn befallen hatte, die Atemwege zu reinigen.
    »Stell dir vor«, sagte Marcus, »alle Hunde, die entrückt werden, wie du immer sagst, oder eher aufgerückt, also in den Himmel meine ich, oder die einfach ruck, zuck sterben, das gibt dann ja eine Masse Hunde, die sich da oben versammeln! Und manche sind ja bösartig und beißen … Muss Mischa sich mit denen allen da oben drängeln?«
    »Nee«, sagte Großvater. »Das glaube ich nicht. Man wird bestimmt lieb und beißt nicht mehr, wenn man zum Himmel aufgerückt wird. Die bösartigen Hunde werden wohl … Tja, wie sagt man dazu?«
    »Ausgewechselt?« , sagte Marcus. »Gegen liebe Hunde, die nicht beißen? Oder kommen sie irgendwohin, wo nur bösartige, bissige Hunde sein dürfen?«
    »Das ist nicht eindeutig geklärt«, sagte Großvater.
    »Aber wie funktioniert das denn, soll nicht der Körper hier auf der Erde bleiben?«
    »Doch«, murmelte Großvater, der nicht mehr richtig folgen zu können schien und lange Pausen machte, bevor er antwortete. »Es ist nur der Geist, der den Körper verlässt«, sagte er dann erklärend.
    »Der Geist?« , sagte Marcus. »Wieso?«
    » Die Seele , heißt es wohl eher. Das, womit man denkt. Und womit man Freude und Traurigkeit spürt. Die verdampft sozusagen aus dem Körper, und die Hülle bleibt zurück. Sozusagen. Verstehst du?«
    »Krass«, sagte Marcus und kraulte Mischa hinterm Ohr. »Krass! Sie verdampft also. Wie wenn man Wasser kocht?«
    »Ja, die Seele verlässt das Irdische und lässt den Körper zurück«, sagte Großvater ein wenig unbestimmt, als hätte er es auswendig gelernt.
    »Verdampft«, sagte Marcus. »Weiß Mischa davon, sodass sie keine Angst hat?«
    »Ich glaube … Ich glaube schon«, sagte Großvater.
    »Mischa«, sagte Marcus, nachdem er eine Weile ganz still dagesessen hatte, und seltsamerweise zitterte seine Stimme ein bisschen, obwohl es etwas Gutes und Schönes war, was er Mischa erzählen wollte. »Mischa … Es ist so, du musst also nicht … du brauchst keine Angst zu haben. Weil du … du verdampfst nur … Mischa. Du verdampfst einfach …«
    6. Marcus hatte sich auf den Fußboden gesetzt und Mischas Kopf in den Schoß genommen. Er kraulte sie, und weil Großvater irgendwie feststeckte und ihm nichts mehr einfiel und er nur dasaß und sie anguckte, fing Marcus an zu berichten.
    Er fand, dass es zwischen erzählen und berichten einen Unterschied gab. Wenn man berichtete, war es irgendwie feierlicher. Und der Doktor hatte sie ja aufgefordert, von lustigen Erinnerungen zu berichten und so. »Mischa«, sagte er und kraulte sie, »jetzt müssen wir uns an etwas Lustiges erinnern und davon berichten, wir müssen es, weil der Doktor es gesagt hat. Verstehst du, Mischa? Ich erinnere mich«, flüsterte er zu Mischa hinunter, deren Kopf ganz still in seinem Schoß lag, »wie wir vor ein paar Jahren im Sommer eine Expedition zum Dreihöhlenberg gemacht haben. Und wir hatten ein Basislager in der ersten Höhle, wo wir unseren Proviant aufbewahrten, Daim und Eis am Stiel und Bananen, aber hauptsächlich Daim, und alle waren dabei: Mina und Cissi und Moa und ich und Großvater. Und gerade als wir zur zweiten Höhle hinaufgekommen waren, fiel Großvater in eine Spalte, weil er so tüddelig war. Und brach sich das Bein. Und wir zogen ihn … schleppten ihn gemeinsam zu der zweiten Höhle hoch. Und wir waren alle zusammen, und du hast geholfen … geholfen …«
    »Marcus«,

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