Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Nur, dass die Stimme jetzt wie mehrere Stimmen klang – wie ein Chor, der gleichzeitig sprach.
Die Schatten bedeckten nun den Fußboden. Janey blickte zur Schlafzimmertür. Selbst wenn sie es bis dorthin schaffen würde, hätte sie noch den Rest bis zum Korridor vor sich. Der Fussboden sah nicht mehr fest aus, der Teppich wallte und wogte.
»Kommen Sie schon runter, Miss Mays«, sagten die Stimmen. »Worauf warten Sie?«
Janey ließ das Mobilteil auf das Bett fallen. Die Dunkelheit des Fußbodens war wie ein Abgrund aus Tinte, und sie befürchtete, dass das Bett jeden Augenblick darin versinken würde. Stattdessen begann die Tinte anzusteigen wie eine Flut.
Janey unterbrach die Telefonverbindung und wählte die Durchwahl für die Hausmeister. Es läutete zwei Mal, dann knisterte es in der Leitung.
»Hausmeister.«
»J.C. Gott sei Dank.«
»Diese Worte hat noch nie jemand in einem Atemzug gesagt, Miss Mays.«
»Es gibt ein Leck in 226«, sagte sie. »Beeilen Sie sich.«
»Was für eine Art von Leck?«
Kanalisation? Wasser? Eine Spalte zur Hölle?
»Es verfärbt den Teppich«, sagte sie.
»Kennen Sie den Heizkessel im Keller?«
»Sorgen Sie sich nicht darum.«
»Ich glaube, dort liegt das Problem.«
»Was hat das mit einem Leck im ersten Stock zu tun?« Es stieg nun schnell und war schon mehr als 30 Zentimeter über der Bodenhöhe.
»Er hat über die Jahre hinweg eine Menge Dunkelheit angesammelt und jetzt ist ein Dichtungsring geplatzt.«
»Wann können Sie hier sein?«
»Oh, in ein oder zwei Tagen.«
»J.C.?«
» Das ist einer unserer Namen. « Die Stimmen hatten sich wieder vermischt. Janey unterbrach die Verbindung.
Die dunklen, öligen Schatten waren nun nur noch ein paar Handbreit unterhalb der Matratze. Sie stellte sich vor, wie kalt das Wasser – nein, es ist ein Schatten, kein Wasser – sein würde und wie es wäre, darin auf der Flucht zu waten. Vorausgesetzt, dass sich der Fußboden noch darunter befand. Die Schatten waren aus den Ecken des Zimmers hervorgequollen und waren nun näher , so als ob es sich um feste Säulen der Dunkelheit handelte.
Sie hatte Angst davor, was das Telefon als nächstes mit ihr anstellen würde, aber sie konnte das Mobilteil nicht loslassen. Auf die Gefahr hin, das Gleichgewicht zu verlieren, beugte sie sich zu ihrem Nachttisch und griff in die Schublade. Sie versuchte, nicht auf die Dunkelheit zu blicken, aber sie konnte nicht widerstehen. Das schattenhafte Meer beraubte sie ihrer Seeschärfe, und sie erinnerte sich an den Spruch, dass, wenn man lange in einen Abgrund blickt, dieser auch in einen hineinblickt. Schließlich blinzelte sie und stellte fest, dass sich ihre Hand in der Schublade befand.
Sie tastete sich durch Taschenbücher, Vibratoren, Schmuck und Zigarettenpackungen, bis sie den Revolver fand.
Sein kalter Griff verschaffte ihr Trost, und sie zog die Waffe in den Raum. Es handelte sich um einen Revolver vom Kaliber 38, einfach zu laden und zu gebrauchen, aber sie konnte sich nicht erinnern, ob sie ihn geladen hatte. Sie angelte mehrere Patronen aus der Schublade und legte sie auf den Nachttisch. Eine fing an zu rollen und fiel in den dunklen Nebel. Es war kein Aufprall auf den Boden zu hören.
Janey schob ein paar Patronen in die runden Bohrungen der Trommel, dann schwenkte sie die Trommel zurück in den Rahmen. Sie war sich jedoch nicht sicher, auf was sie schießen würde. Sie zielte mit dem Revolver quer durch den Raum, in der Hoffnung, dass ein wirkliches Ziel erscheinen würde. Denn, welchen Nutzen hätte eine Kugel gegen die Abwesenheit von Licht?
Die Schwärze war nun nur noch fünfzehn Zentimeter unterhalb der Oberkante der Matratze. Sie gab weder ein gurgelndes Geräusch noch das Zischen entweichender Luft von sich, und ihre Stille war viel furchteinflößender, als es ein seltsames flüssiges Geräusch gewesen wäre.
Weil sie sich mit dem Revolver in der Hand ein wenig sicherer fühlte, wählte sie wieder die interne Verbindung. Rhonda war an der Rezeption und kaute schmatzend auf ihrem Kaugummi herum.
»Ja?«, sagte Rhonda in gewohnt geistesabwesender Weise.
»Hier ist Janey. Ist alles in Ordnung?«
Denn falls ja, bin ich diejenige, die man neu verdrahten muss.
»Einer der Gäste kam aus der Bar und hat in die Topfpflanze gepinkelt, aber ansonsten ist nichts Außergewöhnliches für einen Freitag mit Coronas im Angebot.«
Der Schatten überlappte nun die Oberkante der Matratze, seine ansteigende Flut hatte sich zum Rand
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