Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
erschauern.
»Sie können sich mit Zach treffen«, sagte sie. »Mein Bruder ist über alle offenen Fälle auf dem Laufenden. Sie werden mich gar nicht vermissen.«
Seine Augenbraue zuckte kaum merklich nach oben. Als wenn … er sie vielleicht doch vermissen würde. »Ich hatte gehofft, dass Sie mir einen vollständigen Bericht über den Berkower-Fall liefern könnten, den ich letzten Monat an die Guardian Angelinos übergeben habe. Das ist Ihr Zuständigkeitsbereich.«
»Zuständigkeitsbereich?« Sie unterdrückte ein abfälliges Lachen. »Wie kommen Sie denn darauf? Alles fällt in meinen Zuständigkeitsbereich, aber ich bin in L . A., also …«
»Sie haben Mandanten in L . A.?« Er klang überrascht und ein bisschen zu interessiert. »Ich wusste gar nicht, dass Ihre kleine Firma jetzt schon auf nationaler Ebene tätig ist.«
Ihre kleine Firma. Langsam sollte sie sich an seine spitzen Bemerkungen gewöhnt haben. Sie gehörten zum Leben dazu, genau wie die Sticheleien, die sie von ihren Cousins erdulden musste, mit denen sie und Zach aufgewachsen waren. Vermutlich war es einfach Langs Art, weil er stets die Kontrolle behalten wollte. Trotzdem ärgerte es sie.
»Wenn Sie wüssten, warum ich dort bin, wären Sie nicht so freizügig mit ihren kaum verhüllten Beleidigungen.«
»Dann sagen Sie es mir.«
Ein paar Skater zischten vorbei und wichen Lang im letzten Moment aus, der den Weg entlangschritt, als hätte er die Anlage gebaut und nicht Vivi und ihr Freiwilligentrupp.
»Kann ich nicht«, sagte sie schlicht. »Vertrauliche Mandanteninformationen.« Jedenfalls waren sie das, sobald sie den Job in der Tasche hatte.
»Also haben Sie wirklich einen Mandanten in Kalifornien? Das ist ja interessant.«
Fast hätte sie geschwindelt, doch das in schönen Farben gemalte Bild ihrer Mutter vom heiligen Petrus, der an der Himmelspforte harrte und Vivi sämtliche Sünden und Fehltritte ihres Lebens aufzählen würde, schreckte sie ab, wie immer. »Um ehrlich zu sein, bemühen wir uns erst um einen neuen Auftrag, aber ich glaube, wir haben eine Chance.« Eine sehr geringe. Aber das waren ihr die liebsten. »Warum interessiert Sie das?«
»Weil …« Er zögerte und warf ihr einen raschen Blick zu. »Ich vielleicht da hinziehe.«
Ihr Herz rutschte ihr so plötzlich und unsanft in die Hose, dass sie förmlich spürte, wie es unten ankam. »Wirklich?«
Er zuckte die Achseln und heuchelte Gelassenheit, obwohl er nicht wirklich so empfand. Das spürte Vivi. »Möglicherweise. Es gibt dort eine freie Position als SAC, um die ich mich beworben habe.«
»Wow, Lang.« Sie boxte ihm spielerisch gegen den Arm und genoss das Gefühl, als ihre Fingerknöchel auf seinen harten Bizeps trafen. »Ganz schöner Aufstieg zum Special Agent in Charge – endlich wären Sie diesen nervigen Zusatz ›Assistant‹ los.« Ein Aufstieg, der ihn dreitausend Meilen weit weg befördern würde. »Würden Sie dort das gesamte Büro leiten?«
»Gott, nein. Nur die Strafverfolgungsabteilung, die ziemlich groß ist. In einem Büro dieser Größenordnung gibt es mehrere SACs, aber es wäre ein Fortgehen – äh, Fortschritt.«
Und Fortgehen. »Sie kommen aus L . A., oder? Haben Sie dort Familie?«
»Nur meinen Dad, und er ist nicht mehr der Jüngste. Ich bin der einzige Sohn in der Nähe. Mein Bruder lebt in Europa und ist eine Schande für die Menschheit.«
Sie schnaubte leicht. »Sehr nette Umschreibung.«
»Das vielleicht nicht, aber es ist wahr.«
Er führte sie zu dem Imbissstand. »Erzählen Sie mir von dem Job in L . A.«
»Um mich Ihrem beißenden Spott auszusetzen? Nein, danke. Das versuche ich zu vermeiden, wann immer es geht.«
»Ich werde Sie nicht verspotten.« Er ging zum Fenster. »Eine Coke?«
»Cherry Slurpee.«
Er verdrehte die Augen. »Und Sie machen sich über mich lustig.«
»Sehen Sie? Sie verspotten mich, weil ich einen Slurpee will.«
»Vivi, Sie sind einunddreißig.«
»Stimmt. Also machen Sie einen Wodka-Slurpee draus, und dann treffen wir uns da am Tisch.« Sie ging zu einem leeren runden Tisch und setzte sich auf eine der zementgegossenen Bänke. Dann drehte sie sich so, dass sie Lang dabei beobachten konnte, wie er ihre Getränke kaufte.
Sie sann darüber nach, was er vorhin angedeutet hatte, nämlich dass er sich um eine Position in Los Angeles beworben hatte.
Es wäre gut, wenn Lang wegzöge, sagte sie sich, indes ließ sich das Engegefühl in ihrem Herzen nicht verleugnen. Sie würde mit einem anderen
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