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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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und die Thorheiten an den europäischen Höfen, welche der Verfasser den Damen am Hofe von Brobdingnag andichtet, bei einer Nation von so erschreckender Höhe ungeheuer und abstoßend werden. Durch solche Mittel und durch tausend andere, in denen man den Griffel eines großen Meisters findet, und bei denen man die Wirkung fühlt, während man der Ursache nur durch eine lange Zergliederung habhaft werden kann, hat Swifts Genie aus einem Feenmärchen einen Roman gemacht, dem man, was Kunst der Darstellung und echten Geist der Satyre betrifft, keinen andern an die Seite stellen kann.

    Der Ruf von Gullivers Reisen verbreitete sich bald in Europa, Voltaire , der sich damals in England befand, rühmte sie seinen Freunden in Frankreich an, und empfahl ihnen, sie übersetzen zu lassen. Der Abbe Desfontaines unternahm diese Uebersetzung. Seine Zweifel, seine Besorgnisse, seine Entschuldigungen sind in einer merkwürdigen Einleitung aufgezeichnet, die sehr geeignet ist, von dem Geist und den Ansichten eines französischen Gelehrten jener Zeit eine Vorstellung zu geben. Dieser Uebersetzer gesteht, er fühle, daß er alle Regeln verletze; und während er um Gnade bittet für die seltsamen Erdichtungen, die er in ein französisches Gewand zu kleiden versucht habe, bekennt er zugleich, daß ihm bei gewissen Stellen vor Schrecken und Verwunderung die Feder aus den Händen gefallen sey, als er alle Wohlanständigkeit von dem englischen Satiriker so keck habe verletzen sehen. Er zittert, es möchten einige Züge bei Swift auf den Hof von Versailles angewendet werden, und er betheuert mit vielen Umschweifen, es sey nur von den toriz und wigts ( torys und whigs ) in dem aufrührerischen Königreiche England die Rede. Er schließt mit der Versicherung an seine Leser, daß er nicht nur dem Geschmack seiner Landsleute zu Gefallen vieles verändert habe, sondern daß er auch alle Einzelnheiten der Seereise und viele andere Eigenthümlichkeiten, die im Original so verwerflich seyen, unterdrückt habe. Ohngeachtet dieser Affektation von Geschmack und Zartgefühl ist die Uebersetzung erträglich. Zwar hat sich der Abbe Desfontaines entschädigt, indem er eine Fortsetzung der Reisen in einem, wie man leicht denken kann, von dem des Originals sehr verschiedenen Style veröffentlichte. [5] Auch in England hat man eine Fortsetzung von Gullivers Reisen (angeblich einen dritten Band) veröffentlicht. Es ist dies die unverschämteste Verbindung von Diebstahl und Verfälschung, die man sich jemals in der literarischen Welt erlaubt hat. Während man behauptet, diese Fortsetzung sey vom Verfasser des echten Gulliver , fand es sich, daß sie nicht einmal das Werk seines Nachahmers war, der nur ein ganz unbekanntes französisches Werk, die Geschichte der Severamben, abgeschrieben hatte. [6]
    Abgesehen von diesen Fortsetzungen mußte ein Werk, das ein so großes Aufsehen gemacht hatte, nothwendig auf die Idee führen, es nachzuahmen, zu parodiren und zu erklären; es mußte nothwendig einige Dichter begeistern, seinem Verfasser Lobsprüche und Satyren eintragen, kurz, es mußte Alles geschehen, was gewöhnlich einen solchen Triumph begleitet, selbst den Sklaven hinter dem Triumphwagen nicht ausgenommen, dessen rohe Beleidigungen den triumphirenden Autor daran erinnerten, daß er noch ein Mensch sey.
    Gullivers Reisen konnten die Gunst, in welcher der Verfasser am Hofe des Prinzen von Wales stand, nur vermehren. Man schrieb ihm sehr feine und sehr herzliche Briefe und viele Scherze über Gulliver , die Yahus und die Lilliputaner . Als Swift England verließ, hatte er die Fürstin und Mistreß Howard um ein kleines Geschenk gebeten, als Andenken an die Auszeichnung, die sie ihm vor einem gewöhnlichen Geistlichen zuzuerkennen schienen. Er hatte das Geschenk der Fürstin auf einen Werth von zehn Pfund Sterling und das Geschenk der Mistreß Howard auf eine Guinee bestimmt, die Fürstin versprach ein Geschenk in Denkmünzen, die sie aber niemals überschickte. Mistreß Howard , ihrem Worte getreuer, sandte Swift einen Ring und kündigte ihm ihn durch einen Brief an, auf den er im Namen Gullivers antwortete; Swift fügte zu der Antwort eine kleine goldene Krone hinzu, die das Diadem von Lilliput vorstellte. Die Fürstin geruhte, ein Stück Seide aus einer irischen Fabrik anzunehmen, aus dem sie sich ein Kleid machen ließ. In seinem Briefwechsel kommt Swift ein wenig allzuoft auf dieses Geschenk zurück. Alles schien darauf hinzudeuten, daß, im Fall der

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