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Gullivers Reisen

Gullivers Reisen

Titel: Gullivers Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Swift
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bald wieder ausgesöhnt, und sogar gegen mich außerordentlich zärtlich.
    Es war ungefähr 12 Uhr Mittags und ein Diener trug das Essen auf. Es bestand ausschließlich aus einem nahrhaften Fleischgericht, wie es sich für den einfachen Stand und die Beschäftigung eines Bauern ziemt; die Schüssel aber hatte vierundzwanzig Fuß im Durchmesser. Die Gesellschaft bestand aus dem Pächter, seiner Frau, drei Kindern und einer alten Großmutter. Als diese sämmtlich sich um den Tisch gesetzt hatten, welcher ungefähr dreißig Fuß Höhe betrug, stellte mich der Pächter in einiger Entfernung von sich selbst auf denselben hin. Ich zitterte aus Furcht und hielt mich, aus Besorgniß herabzufallen, so weit wie möglich von dem Rande entfernt. Die Frau des Pächters zerschnitt ein kleines Stück Fleisch, zerkrümmelte etwas Brod auf einen hölzernen Teller und stellte denselben vor mir hin. Ich machte ihr eine tiefe Verbeugung, zog Messer und Gabel aus der Tasche und begann zu essen, worüber sich Alle außerordentlich freuten. Die Herrin ließ ein kleines Likörglas, welches ungefähr vier Maas enthalten konnte, durch eine Magd holen und füllte dasselbe mit Getränk. Mit einiger Schwierigkeit erhob ich das Glas mit beiden Händen, trank auf die Gesundheit Ihrer Gnaden mit der höflichsten Verbeugung, indem ich, so laut es mir möglich war, die Worte im Englischen ausrief; hierüber aber lachte die Gesellschaft so herzlich, daß ich durch den Lärm beinahe taub geworden wäre. Das Getränk schmeckte wie dünner Cyder, aber durchaus nicht unangenehm. Hierauf gab mir der Herr ein Zeichen, ich möchte an seinen Teller hintreten; als ich nun auf dem Tisch ging (und die ganze Zeit hindurch war ich, wie der nachsichtige Leser wohl vermuthen und entschuldigen wird, in höchster Ueberraschung), stolperte ich zufällig über eine Brodkruste und fiel flach auf mein Gesicht, jedoch ohne mich zu beschädigen.

    Sogleich stand ich wieder auf; da ich nun bemerkte, die guten Leute seyen hinsichtlich meiner sehr besorgt, schwenkte ich meinen Hut, den ich der Höflichkeit gemäß unter dem Arme hielt, mehreremale über meinem Kopfe und gab dreimaliges Hurrah, um zu zeigen, ich habe keinen Schaden durch meinen Fall erlitten. Als ich jedoch auf meinen Herrn zuging (so werde ich ihn in Zukunft immer nennen), ergriff sein jüngster Sohn, ein muthwilliger Knabe von ungefähr zehn Jahren, mich bei den Beinen, und hielt mich so hoch in der Luft empor, daß ich an allen Gliedern zitterte; sein Vater aber riß mich aus seiner Hand und gab ihm zugleich einen so heftigen Schlag auf das linke Ohr, daß derselbe in Europa eine Schwadron Kavallerie würde zu Boden geworfen haben. Zugleich befahl er, den Knaben von dem Tische fortzujagen. Ich aber besorgte, der Knabe werde Groll gegen mich hegen, und erinnerte mich, wie ungezogen Kinder bei uns sich gegen Sperlinge, Kaninchen, junge Hunde und Katzen benehmen. Deßhalb fiel ich auf die Knie, zeigte auf den Knaben und gab meinem Herrn so gut wie möglich zu verstehen, ich wünsche, er möge seinem Sohne verzeihen. Der Vater erfüllte meinen Wunsch; der Knabe setzte sich wieder an den Tisch, worauf ich auf ihn zuging und ihm die Hand küßte, die mein Herr ergriff und mich sanft damit streichelte.
    Während des Essens sprang die Lieblingskatze meiner Herrin ihr auf den Schooß. Ich hörte hinter mir ein solches Schnurren, wie es bei uns einige Dutzend Strumpfwirker zu erregen pflegen, und bemerkte bald, daß dies vom Spinnen jenes Thieres entstand, das dreimal größer als ein Ochs zu seyn schien, wie ich nach der Ansicht seines Kopfes und einer Pfote berechnete, während die Herrin es fütterte und streichelte.

    Die Wildheit, die im Gesicht der Katze lag, brachte mich außer Fassung, ob ich gleich am andern Ende des Tisches, fünfzig Fuß von ihr entfernt, stand, und obgleich meine Herrin sie in der Besorgniß festhielt, das Thier würde plötzlich hervorspringen und mich mit seinen Klauen schlagen. Es war jedoch durchaus keine Gefahr vorhanden; denn die Katze nahm auf mich nicht die geringste Rücksicht, als mich mein Herr in der Entfernung von drei Ellen vor ihr niedersetzte. Da ich nun immer gehört und auf meinen Reisen auch bemerkt hatte, daß Flucht oder Furcht vor einem wilden Thiere dasselbe stets zur Verfolgung oder zum Angriff aufreizt, so beschloß ich, in dieser Gefahr vollkommene Gleichgültigkeit zu zeigen. Unerschrocken ging ich fünf- bis sechsmal vor dem Kopfe der Katze auf und nieder und

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