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Gun Machine

Gun Machine

Titel: Gun Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warren Ellis
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Straßenseite.
    Angst fuhr ihm in die Brust wie ein Messerstich, als er einen Sticker mit der Aufschrift UNTER DEM SCHUTZ VON SPEARPOINT SECURITY entdeckte– im Schaufenster eines Billigschuhladens, der etwa, aber nicht exakt auf Höhe des Fetch lag.
    Tallow peilte die Kneipe mit zusammengekniffenen Augen an. Das Schaufenster des Schuhladens ging nicht auf die Seite des Fetch raus, die an die Gasse grenzte. Wahrscheinlich hatte die hellwache Kamera, die sich vermutlich hinter der Scheibe befand, nicht das Geringste gesehen.
    Außerdem fiel ihm auf, dass die Gasse nicht von polizeilichem Absperrband abgeriegelt wurde und dass keine Zeugenaufrufe an den Häuserwänden klebten.
    Tallow fuhr weiter. Ihm war bewusst, dass sein Glück mal wieder auf eine harte Probe gestellt worden war.
    Als Tallow am Ericsson Place parkte, klingelte sein Handy. Mit den Händen halb am Steuer fummelte er es aus der Tasche. Er versuchte, zwei Sachen auf einmal zu machen, während sein Hirn bereits auf sieben Hochzeiten tanzte. Beim dritten Anlauf gelang es ihm, das Telefon ans Ohr zu halten. » Hallo? «
    » Detective? «
    » Mrs. Westover? «
    » Ja. « Emily Westover stieß ein kleines, beunruhigendes Lachen aus. » Ich wollte mich nur noch mal bei Ihnen bedanken. Weil Sie sich so gut um mich gekümmert haben. «
    Tallow horchte auf den Hintergrund. Emily befand sich in ihrem Apartment. Ihre Stimme klang stumpf, typisch für Räume mit dicken Fenstern, die die Außenwelt verstummen ließen und Geräusche aus dem Inneren absorbierten. Aus einem Nachbarzimmer drang gewöhnungsbedürftige Musik, die Tallow kurz darauf als Gesänge amerikanischer Ureinwohner identifizierte. Doch sie wirkten nicht sehr authentisch– eine Platte aus den Neunzigern, die Ethno-Klänge mit gedämpften Beats und elektronischen Chill-Out-Strömungen kombinierte.
    » Es war mir eine Freude, Mrs. Westover. Was kann ich für Sie tun? «
    » Gehen Sie nicht nach Werpoes « , sagte sie schnell.
    » Was? Warum sollte ich? « , fragte Tallow, während er dachte: Interessant.
    » Es « , stotterte sie, » es ist einfach nicht sicher. Und ich habe Angst, dass ich Sie darauf gebracht haben könnte. «
    » Ist Ihr Mann wieder in der Arbeit? «
    » Ja. Er weiß nicht, dass ich Sie anrufe. Wahrscheinlich findet er es heraus, wenn er die Telefonrechnung bekommt, den Einzelverbindungsnachweis, Sie wissen schon. Aber ich wollte mich trotzdem bei Ihnen bedanken. «
    » Was ich vorhin schon fragen wollte, Mrs. Westover… die Brosche an Ihrem Jackett. Was ist das? «
    » Das ist ein Rothirschamulett. Es… Versprechen Sie mir, dass Sie mich nicht auslachen? «
    » Versprochen « , sagte Tallow und ließ ein Lächeln in seiner Stimme anklingen.
    » Es soll mich beschützen. Ein Schutzzauber. Im Glaube der Ureinwohner schützt der Rothirsch vor dem Unbekannten. «
    Tallow wurde von einer Welle tiefen Mitleids erfasst. Für diese Brosche hatte Emily wahrscheinlich locker fünfhundert Dollar hingeblättert, und vermutlich besaß sie einen Stapel CD s und eine Festplatte voller MP 3s, die genauso wenig mit amerikanischen Ureinwohnern zu tun hatten wie der Rotz, den sie im Moment hörte. Unwillkürlich dachte er an Vivicy– an die mysteriösen Zauberer, die Machen beschäftigte, ohne sie auch nur annähernd zu verstehen; an das Büro, das von Geldmassen zeugte, aber auch vom Fehlen jeglichen Gespürs für Ästhetik und Gestaltung, wie es die Natur selbst der gewöhnlichsten Ratte verlieh; und an die Musik, die einen Fertigbau-Himmel heraufbeschwor, dessen Einrichter abseitige Billigmarken bevorzugten.
    Und Emily? Emily lebte in einer Lüge. Mit ihrem Reichtum konnte sie sich nichts als hübsche Fälschungen kaufen. Sie war eingesperrt in einem Glasschloss, bewacht von Männern, die allesamt für ihren Gatten arbeiteten.
    » Verstehe « , meinte Tallow. » Mrs. Westover, warum sagen Sie mir nicht, was Ihnen wirklich Sorgen macht? «
    Doch auf ihre kaputte Art hatte sie bereits versucht, ihm zu sagen, dass sie es wusste. Irgendwie hatte sie von Westovers Verbindung mit dem Killer erfahren, doch was sollte sie mit diesem Wissen anfangen? Das Wissen hatte sie gebrochen. Sie konnte höchstens versuchen, über das bisschen, das sie herausgefunden hatte, möglichst viel zu lernen, und so hatte sie sich über amerikanische Ureinwohner informiert. Und was hatte sie erreicht? Nun fürchtete sie sich vor allem und jedem.
    Wieder lachte sie, ein Lachen wie splitterndes Glas. » Was mir wirklich

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