Gute Beziehungen
wiesie ihr Auto in die Werkstatt brachten und reparieren ließen, damit es wieder funktionierte.
Doch obwohl die Kinder ihre Eltern auf die Palme brachten, schienen sie normal und gesund zu sein, ganz gewiss nicht emotional gestört im klassischen Sinn. Die meisten fanden, dass ihre Eltern Probleme hatten und psychologische Hilfe brauchten. Offen sprachen sie über Familienzank und Konflikte und fühlten sich ungerecht oder respektlos behandelt. Sie wurden häufig bestraft und beklagten, dass ihre Eltern selten zuhörten oder Verständnis zeigten. Manche begannen zu lügen und die Schuld bei anderen zu suchen. Manche kapselten sich ab und mieden nach Möglichkeit den Kontakt mit den Eltern, und einige bekannten, ihre Eltern zu hassen.
Nach den ersten Sitzungen erklärten die meisten, sie würden gern wiederkommen. Sie hatten das Gefühl, dass ich ihnen zuhörte und sie verstand, während ich hoffte, die Behandlung würde die erforderlichen Veränderungen in ihrem Leben bewirken, was manchmal auch der Fall war.
Doch diese Jugendlichen täuschten sich hinsichtlich ihrer Eltern. Auch die brauchten keine Psychotherapie. Sie kamen gut mit dem Leben zurecht, waren erfolgreich und führten überwiegend gute Ehen. Ehrlich bemüht, ihrer Elternrolle gerecht zu werden, kümmerten sie sich um ihre Kinder und waren sehr traurig über diese Entwicklung. Sie taten, was sie für richtig hielten, belohnten oder bestraften die Kinder, um ihnen die Grenzen zu setzen, die sie für nötig hielten, und waren im Wesentlichen genauso autoritär wie ihre eigenen Eltern. Einige wenige gaben zu, ernstere Konflikte mit den Kindern hätten hin und wieder zu Gewaltausbrüchen geführt, und einige Kinder waren von zu Hause fortgelaufen.
Immer und immer wieder hörte ich die gleichen Aussagen von den Jugendlichen:
Ich habe kein Problem, meine Eltern haben eins.
Lassen Sie lieber meinen Vater zur Therapie kommen.
Sie bestrafen mich zu oft.
Sobald ich alt genug bin, hau ich ab.
Allmählich hasse ich meine Mutter.
Ich kann sie nicht mehr ertragen.
Ich rede nicht mehr mit ihnen.
So begann ich mich zu fragen: »Wie soll ich diese jungen Leute behandeln, wenn sie davon überzeugt sind, dass ihre Eltern sich verändern müssen? Wie soll ich einer Jugendlichen bei einem Problem helfen, das sie nach Meinung der Eltern hat, wenn sie sagt, sie seien das Problem? Und umgekehrt, wie soll ich den Eltern dieser verstörten und unglücklichen Jugendlichen helfen, wenn sie die Therapie nicht für nötig halten?«
Zu Hause versuchte ich eine Antwort auf diese Fragen zu finden, und sagte meiner Frau, ich hätte das Gefühl zu versagen. Zum Glück war sie eine gute Zuhörerin. Eines wusste ich mit Bestimmtheit: Ich wollte diesen Eltern helfen, eine bessere Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen. Schließlich beschloss ich, etwas Neues zu versuchen; eine Entscheidung, die mein Leben verändern sollte. Zu der Zeit, als ich über diese Probleme nachdachte und nach einer Lösung suchte, gab ich an der University of California in Los Angeles einen Führungskurs, und mir wurde klar, dass die Eltern-Kind-Beziehung der Beziehung zwischen Managern und Mitarbeitern in Wirtschaftsorganisationen gleicht. Ich fragte mich, ob man nicht einfach ein Trainingsprogramm für Eltern entwickeln könnte, wie in dem Führungskurs, den ich gerade hielt. Das ist es, dachte ich. Ich vermittle Eltern die Fertigkeiten, die sie brauchen, damit sie zu demokratischen Managern ihrer Familien werden und dadurch eine bessere Beziehung zu ihren Kindern herstellen können. Partizipatives Elternverhalten! Training, bevor Problemeauftreten! Vorbeugung, um eine Behandlung zu vermeiden!
Mit neuem Elan machte ich mich an die Arbeit und entwickelte einen Kurs, der aus acht Sitzungen und vierundzwanzig Stunden bestand, und nannte ihn Effektivitätstraining für Eltern (Parent Effectiveness Training, PET) . Den ersten Kurs hielt ich mit siebzehn Teilnehmern im Hinterzimmer einer Cafeteria in Pasadena ab. Damit hatte ich meine Berufsrolle neu definiert: Ich war zum Lehrer geworden, zum Gruppenleiter, Trainer, Multiplikator. Statt in der Behandlung sah ich meine Aufgabe jetzt in der Vorbeugung. Ich war voller Hoffnung, ein neuer Mensch!
Vorsicht ist besser . . .
Mütter sind zuständig für Lebensweisheiten. Vielleicht wird ihnen das in die Wiege gelegt. Als ich ein Kind war, sagte meine Mutter immer: »Vorsicht ist besser als Nachsicht.« Ihre hat das sicherlich auch gesagt. Alle meine Freunde hatten
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