Guter Sex Ohne Stress
er in seiner Schulzeit sowieso nichts zum Thema beitragen können. »Und als Loser dastehen, das wollte ich nun ganz bestimmt nicht!«
Bei Kathrin ging es daheim in puncto Nacktheit und gegenseitiger Zärtlichkeit ganz offen zu. Allerdings seien die Eltern beim Thema Sex ein bisschen verklemmt gewesen. Als es um die Aufklärung ging, hätte die Mutter ihr ein Buch geschenkt. Aber da wusste sie ohnehin schon alles von ihren Freundinnen. »Ich war eine absolute Spätzünderin. Alle meine Freundinnen unterhielten sich über BH s, Tampons und den ersten Freund. Mit 16 bekam ich endlich meine Regel und die Brüste wuchsen immer größer. Ganz ehrlich: Ich war vom plötzlichen Frausein fast überfordert und mochte meinen Körper nicht leiden. Selbstbefriedigung hab ich deshalb erst später während meiner ersten Beziehung angefangen. Dann fand ich es aber schön, mich selbst zu verwöhnen.«
Unabhängig davon, welche Erfahrungen man in seiner Kindheit und Jugend sammelt, verarbeitet jeder seine Eindrücke ganz individuell. Es gibt keine allgemeingültige Formel, die lautet: »Wenn in der Biographie dies passiert, folgt im späteren Leben das.« Wie die Spuren auf der Seele des Menschen entstehen, ist ein so komplexer Prozess, dass selbst Wissenschaftler ihn bis heute nicht vollständig entschlüsseln können. Während es immer noch ein Rätsel ist, warum der eine nahezu unverletzbar durchs Leben geht, während ein anderer schon durch scheinbar kleine Enttäuschungen aus der Bahn geworfen wird, steht eine Tatsache fest: Die Beschaffenheit der Psyche ist kein Kurs ohne Umkehr. Auch wenn sich Menschen in ihrem Charakter nicht von Grund herauf ändern, so kann doch jeder als Kapitän seines eigenen Schiffes das Ruder ein Leben lang korrigieren, um ein zufriedeneres Leben zu führen. Noch vor ein paar Jahren bezweifelten Hirnforscher den Sinn von Psychotherapien im Erwachsenenalter. Man ging davon aus, dass sich der Charakter bereits in jungen Jahren in die Nervenzellen »eingeprägt« hat und sich die Strukturen im ausgewachsenen Gehirn nicht mehr verändern. Heute weiß man, dank moderner Untersuchungen in der Magnetröhre, dass es sehr wohl lohnt, wenn Menschen sich mit sich selbst auseinandersetzen. Die Wissenschaftler konnten anhand der Untersuchungen zeigen, dass sich jeder neue Gedanke und jedes neue Erlebnis im Gehirn einen neuen biochemischen Weg sucht – die stimulierten Nervenzellen strecken ihre Fortsätze aus und verankern sich damit zu einer Funktionseinheit –, ein neues Programm startet und die ausgedienten Nervenbahnen schalten sich aus. Und neu verknüpfte Nervenbahnen bedeuten praktisch nichts anderes als die Chance, nicht nur sein Denken, sondern auch sein Handeln zu verändern.
Sozialer Kitt – die Bindungen
Die biochemische Kommunikation der Hirnnervenzellen hat auch eine ganz praktische Bedeutung bei der Entwicklung der individuellen Bindungsfähigkeit. Ab der Kindheit wird im Gehirn durch die emotionalen Erfahrungen mit den Eltern der Bindungsstil programmiert, den Wissenschaftler im Wesentlichen in drei Typen unterteilen. Rund 60 Prozent der Menschen gehören demnach zu den sogenannten sicheren Bindern, etwa 30 Prozent zu den ängstlich-vermeidenden und der Rest zu den ängstlich-ambivalenten Bindern. Auch wenn niemand zu 100 Prozent in allen Kriterien eines Bindungsstils übereinstimmt, gibt es doch prägnante Eigenschaften, durch die sich jeder einem Bindungstyp zuordnen kann. Sicher gebundene Personen wuchsen in einer feinfühligen Familienatmosphäre auf. Sie konnten jederzeit auf die emotionale Unterstützung ihrer Eltern bauen und brauchten nie zu fürchten, alleingelassen zu werden. Deshalb fällt es sicheren Bindern auch im späteren Leben leichter, anderen Menschen zu vertrauen und an die lebenslange Liebe zu glauben. Sie bevorzugen eine ausgeglichene innige Sexualität mit dem Partner. Ängstlich-vermeidend gebundene Menschen erfuhren in ihrer Kindheit, dass sie sich auf die emotionale Anwesenheit ihrer Eltern nicht verlassen konnten. Das Vertrauen, Liebe und Unterstützung zu bekommen fehlt ihnen. Aus Angst vor Ablehnung lassen sich ängstlich-vermeidende Binder deshalb häufig gar nicht erst auf emotional tiefe Beziehungen ein, zelebrieren ihre Freiheit und pfeifen auf Romantik. In Sachen Sex bleiben sie gefühlsmäßig lieber an der Oberfläche, konzentrieren sich mehr auf den funktionalen Akt und neigen so zur sexuellen Selbstkontrolle. Ängstlich-ambivalent gebundene
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