Gwen (German Edition)
musste heute früh diese Reporter-Tussi abwimmeln, die von dir ein Interview wollte, ich musste David vertrösten, der mit dir die Planung des Anti-Atomkraft-Tages in Tallahassee durchgehen wollte, und ich musste Norman, der heute hier geschlafen hat, noch eine Erklärung abgeben, warum du gestern nicht heimgekommen bist.“
„Was hast du ihm gesagt?“
„Ich habe mir was aus den Fingern gesaugt, dass du wohl jemanden kennen gelernt hättest, und dass du, falls es etwas Ernstes wäre, ihn sicher mal mitbringen würdest, dass dein Privatleben aber deine Sache wäre - was man sich eben so alles abfaselt, wenn man um den heißen Brei herumredet.“
„Es tut mir Leid, wenn du deswegen Stress hattest.“
Pat rollte stöhnend die Augen. „Wie kannst du nur Statler am Tag bekämpfen und in der Nacht mit ihm schlafen?! Das ist so … schwierig.“
Gwen ließ den Kopf hängen. „ Schwierig ist gar kein Ausdruck!“
„Oh, Gwen, Gwen, Gwen, Gwen, Gwen, warum suchst du dir nicht endlich einen netten Mann?“ Etwas besänftigt reichte Pat ihr die Zeitung. „Wenn du und Mr. Umweltverschmutzer so intensiv miteinander beschäftigt wart, wie ich vermute, habt ihr vielleicht nicht mitgekriegt, dass Swen Statler heute Nacht ums Leben gekommen ist.“
„Doch, das haben wir mitgekriegt. Ich habe ihn schließlich e rschossen.“
Missbilligend zog en sich Pats Mundwinkel nach unten. „Darüber macht man keine Witze, Gwen! Hier steht, es war ein Autounfall.“ Sie deutete auf die Schlagzeile: „STATLERS BRUDER TOT. Ferrari überschlug sich nach Familienfeier. Alkohol im Spiel?“
Der Text unter dieser Überschrift gab nicht viel mehr an Information her. Weiter unten jedoch fiel Gwen ein anderer Artikel ins Auge. Sie las von einem Bandenkrieg rivalisierender Drogengangs aus Miami, der ausgerechnet im friedlichen Villenviertel Catnecktowns zu einem Schusswechsel mit mehreren Toten eskaliert war.
Wally hatte also ganze Arbeit geleistet, stellte Gwen erschaudernd fest.
„Deine Freundin aus Irland hat schon wieder angerufen“, teile Pat ihr mit, als Gwen später vom Einkaufen zurückkam.
„Du meinst Maureen?“ Gwen räumte den Käse in den Kühlschrank.
„ Auf jeden Fall lässt sie dir ausrichten, dass du dich bei ihr melden sollst. Irgendeiner heiratet, und man erwartet anscheinend von dir, dass du bei den Hochzeitsvorbereitungen hilfst.“ Pat ließ Venus auf die Terrasse hinaus. „Sag mal, spinnen die Iren? Dazu sollst du extra nach Europa fliegen?“
Gwen packte die Tomaten aus für den italienischen Salat, den sie geplant hatte. „Das ist so üblich in meiner Heimat. Das ganze Dorf, auf jeden Fall aber die ganze Familie hilft mit. Schließlich ist es kein entfernter Bekannter, der heiratet, sondern mein Bruder. Natürlich fliege ich da hin!“ Das Flugticket dürfte ihr Konto gerade so hergeben. Oh, Gott, sie hatte noch gar kein Hochzeitsgeschenk! Sie musste tatsächlich dringend mit Maureen telefonieren.
Das prompte Klingeln des Telefons ließ sie aus ihren Gedanken hochschrecken. Sie ging ran und erwartete fast, Maureens melodischen Sopran zu hören. Stattdessen vernahm sie Kiss ’ nicht minder wohlklingende Stimme: „Es geht los, Honey!“
Gwen schnappte nach Luft. „Heute?“
„Du wolltest es doch so schnell wie möglich haben. Und Tante Kiss macht alle Wünsche wahr. Komm in einer Stunde zum vereinbarten Ort! Da besprechen wir alles Weitere.“ Damit legte Kiss auf.
„Das war ja ein kurzes Telefonat“, kommentierte Pat.
Gwen zwang sich zu einem beiläufigen Ton. „Oh, das war nur ein … Freund von Cory.“ In einer Stunde, oh, mein Gott!
Während Pat süffisant spekulierte, ob dieser „Freund von Cory“ nun endlich der dringend nötige Ersatz für Dirk Statler wäre, fielen in Gwens Gedanken alle möglichen Verweigerungsszenarien durcheinander wie Herbstblätter in einer Windböe, angefangen von Kiss anrufen und alles abblasen bis hin zu wegrennen und sich einfach verstecken.
Schließlich riss sie sich zusammen . „Kannst du mir dein Auto leihen, Pat?“
Pat nickte, und Gwen tat alles, was getan werden musste.
Dirk hatte den ganzen Nachmittag bei seiner weinenden Tante Sam verbracht und erste Formalitäten für Swens Beerdigung geregelt. Jetzt wollte er sich erst mal unter die Dusche stellen, als es an der Tür klingelte. Er öffnete. Und lächelte. „Hallo, Gwennie!“
„Komm mit!“, sagte sie. Irgendwie erinnerte ihn das an diesen einen Abend, als sie ihn in der Firma
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