HABE MUTTER, BRAUCHE VATER - Mallery, S: HABE MUTTER, BRAUCHE VATER
nicht.“
„Ich bin Gloria Buchanan, und Sie kennen meinen Enkel. Lassen Sie mich herein.“
Der herrische Ton und die Tatsache, dass die Frau sich als Walkers Großmutter vorgestellt hatte, ließen Elissa gehorchen. Sie trat zur Seite und ließ die alte Dame eintreten.
Gloria Buchanan war ungefähr gleich groß wie Elissa, hielt sich äußerst gerade und war sehr schlank. Jede Stofffaser ihres maßgeschneiderten Kleides schien Designer zu schreien, und für das, was die Schuhe gekostet hatten, hätte Elissa vier neue Autoreifen bekommen – und vermutlich ein neues Getriebe gleich dazu.
Gloria betrat das Wohnzimmer und betrachtete alles genau. Elissa sah nicht ein, warum sie sich wegen des abgenutzten Sofas oder des Durcheinanders auf ihrem Arbeitstisch in der Ecke genieren sollte. Dies war ihr Zuhause, und wenn es dieser Frau nicht gefiel, konnte sie ja gehen.
„Sie wohnen hier?“, fragte Gloria in einem so ungläubigen Ton, als könne sie es nicht fassen.
Bis zu diesem Moment hatte Elissa vorgehabt, ihr einen Platz und etwas zu trinken anzubieten. Aber nun war sie sich da nicht mehr so sicher.
„Sie kennen die Antwort auf diese Frage schon“, sagte sie stattdessen.
„Ganz recht. Ich weiß vieles, aber ich frage mich, ob Sie von sich dasselbe behaupten können. Zum Beispiel bezüglich meines Enkels. Er ist ein wohlhabender und einflussreicher Mann. Sehr bald wird er das Familiengeschäft übernehmen.“
Das wohlhabend und einflussreich überraschte Elissa nicht, wohl aber die Sache mit dem Geschäft. „Er hat es nicht erwähnt.“
„Warum sollte er Ihnen so etwas erzählen?“, fragte Gloria.
Elissa ging auf die Frage nicht ein. „Worauf wollen Sie hinaus?“
„Sie haben sich zu viel vorgenommen, Ms. Towers. Viel zu viel. Wissen Sie, wer ich bin?“
Elissa vermutete, dass Gloria nicht nur darauf anspielte, dass sie Walkers Großmutter war. „Sie können es ja gar nicht erwarten, es mir zu sagen. Also nur zu, ich höre.“
„Mir ist es zu verdanken, dass unsere Familie heute so erfolgreich ist. Ich allein habe unsere vier Restaurants zu dem gemacht, was …“
„Restaurants?“ Buchanan? „Buchanan’s“, das Steak-Lokal? Sie hatte davon gehört, aber noch nie dort gegessen. Sie bräuchte dafür das Kleingeld, das die Schuhe der alten Frau kosteten.
„Wir haben vier Lokale“, sagte Gloria arrogant. „Walker ist in gute Verhältnisse hineingeboren. Etwas, das man von Ihnen nicht behaupten kann.“
„Damit sagen Sie mir nichts Neues“, erwiderte Elissa. Sie war gleichzeitig verwirrt und verärgert. „Würden Sie langsam zum Grund Ihres Besuches kommen?“
„Ich will, dass Sie aus seinem Leben verschwinden.“
Elissa hatte keine Ahnung gehabt, was sie erwarten würde. Damit allerdings hatte sie nicht gerechnet. „Sind Sie verrückt? Sie wollen, dass ich aus seinem Leben verschwinde? Wir sind nicht mehr im 19. Jahrhundert. Sie können nicht bestimmen, welche Freunde Ihr Enkel hat. Außerdem, woher wissen Sie überhaupt, dass ich mit Walker befreundet bin?“
„Das ist unwichtig. Wichtig ist, wer und was Sie sind. Glauben Sie, ich will ein ehemaliges drogensüchtiges Groupie in meiner Familie? Weiß er es, Miss Towers? Haben Sie ihm erzählt, durch wie viele Betten Sie sich geschlafen haben? Dass Sie mit Männern Sex hatten, um Jobs zu bekommen?“
Elissa erschrak. Wie zum Teufel hatte Gloria das alles herausgefunden? „Ich habe nie Drogen genommen. Und was den Rest betrifft – das geht niemanden etwas an.“
„Es geht viele Leute etwas an. Nicht wenige Menschen würde es interessieren zu erfahren, dass der Vater Ihres Kindes nicht tot ist. Er lebt und ist ein Junkie wie eh und je. Ich weiß, dass er ab und zu Kontakt zu Ihnen aufnimmt, weil er Geld braucht. Wäre es nicht schrecklich, wenn er das Sorgerecht für seine Tochter haben wollte? Für das Kind, das Sie ihm gestohlen haben?“
Wie hatte Walkers Großmutter herausgefunden, dass Elissa allen Leuten – inklusive Zoe – erzählt hatte, Neil sei tot? Woher wusste die Frau von dem Geld?
Elissa trat einen Schritt zurück. Sie konnte es hinnehmen, dass ihre eigene Vergangenheit sie eingeholt hatte – aber niemand durfte es wagen, Zoe zu bedrohen. „Raus hier.“
„Einen Moment noch. Ich habe noch einiges zu sagen. Sie werden sich in Zukunft von meinem Enkel fernhalten und jeglichen Kontakt vermeiden. Verstehen Sie mich?“
Das darf doch nicht wahr sein, dachte Elissa grimmig. Das konnte gar nicht wahr sein. Ihr
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