HABE MUTTER, BRAUCHE VATER - Mallery, S: HABE MUTTER, BRAUCHE VATER
fünfzehn Jahre doch nur Soldat gespielt.“
Nicht nur gespielt, dachte er. Aber auf diese Diskussion wollte er sich im Augenblick nicht einlassen. Denn trotz ihres barschen Tons wirkte sie … schwach. Ein Wort, das er noch nie gewählt hatte, um Gloria zu beschreiben. Doch es stimmte. Bleich und ungeschminkt, wie sie derzeit war, wirkte sie viel älter als sonst. Ihr weißes Haar fiel ihr schlaff über die Schultern, und trotz des Morgenmantels, der bestimmt ein Designerstück war, erschien sie ihm klein und zerbrechlich.
„Du triffst dich nicht mehr mit dieser Frau, oder?“, fragte sie. „Du würdest mit ihr nur deine Zeit vergeuden.“
Im Nu verflüchtigte sich seine Sorge um Gloria. „Das geht dich nichts an“, entgegnete er. Die Freude, zu sagen, dass er es nicht tat, wollte er ihr nicht machen. Zumindest traf er Elissa nicht auf die Weise, die seine Großmutter im Sinn hatte.
„Ich verbiete es dir“, sagte sie.
„Was ermächtigt dich denn dazu? Willst du mich vielleicht feuern?“
„Ich bin deine Großmutter. Du hast mich zu respektieren und mir zu gehorchen.“
„Alles hat seine Grenzen“, sagte er und stand auf. „Ich gehe jetzt ins Büro. Cal und Reid kommen dich bestimmt bald besuchen.“
„Das würde ich ihnen auch raten“, sagte Gloria. „Aber nicht Dani. Sag ihr, dass ich sie nicht sehen möchte. Sie gehört nicht zur Familie.“
13. KAPITEL
Elissa ließ das Tigerauge, mit dem sie gerade gearbeitet hatte, fallen. Der kleine Stein kullerte über die Tischplatte zu den Süßwasserperlen und blieb dort liegen.
Heute Abend klappt rein gar nichts, dachte sie gereizt. Sie war zu unruhig, um kreativ zu sein. Wie hatte nur alles so schnell außer Kontrolle geraten können? Ihr Leben war immer relativ einfach gewesen. Sicher, finanziell hatte sie zu kämpfen gehabt, aber ansonsten war alles gut gelaufen. Und nun musste sie sich plötzlich mit ihrer Familie, mit Walker und mit zu vielen Schmuckbestellungen herumschlagen. Aber so rasch, wie Walker gestern abgehauen war, nachdem er ihren Reifen abmontiert und in die Werkstatt gebracht hatte, war wohl damit zu rechnen, dass er in Zukunft kein so großes Thema mehr sein würde.
Und genau das begann sie langsam aufzuregen. Wie konnte er es wagen, so etwas mit ihr zu tun und dann zu verschwinden? Es war weder höflich noch nachvollziehbar. Warum hatte er sich eigentlich angemaßt, zu entscheiden, dass sie nicht miteinander schliefen?
Da Zoe schon im Bett war, lief Elissa hinaus, als sie Walkers Wagen kommen hörte. Sie wartete im Dunkeln, bis er ausgestiegen und beinahe schon am Fuß der Treppe zu seiner Wohnung angelangt war, und sagte: „Ich möchte mit dir reden.“
Er wirkte nicht überrascht. Das bedeutete, dass er sie wahrscheinlich schon von Weitem gesehen hatte. Hatte er vorgehabt, einfach an ihr vorbeizugehen?
Sie ging zu ihrer Wohnungstür, wartete, bis er eingetreten war, und schloss die Tür hinter ihnen. Doch sobald sie einander gegenüberstanden, wusste sie plötzlich nicht mehr, was sie sagen sollte.
„Wie war die Arbeit?“, fragte sie und kam sich ziemlich dumm dabei vor.
„Gut. Viel zu tun. Außerdem habe ich meiner Großmutter einen Besuch abgestattet, was für gewöhnlich alle anderen Probleme relativiert.“
Gloria Buchanan war kein Thema, das Elissa heute Nacht besser schlafen lassen würde.
„Es … entschuldige, dass du zu meinen Eltern mitfahren musstest“, sagte sie. Das war zwar überhaupt nicht das, was sie vorgehabt hatte zu sagen, doch jetzt schien es angebracht. „Es war sicher nicht besonders angenehm für dich.“
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Es war keine große Sache.“
„Sie haben nicht geglaubt, dass wir nur gut befreundet sind. Damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Vater hat zugegeben, dass er dich mit Fragen gelöchert hat.“
„So sind Väter nun mal.“
Es hatte alles keinen Sinn. Sie suchte keinen Mann, und er war nicht an ihr interessiert. Sie hatte es verstanden. Nun ja, ein Teil von ihr zumindest. Ihr Körper ignorierte diese Erkenntnis hartnäckig.
„Danke, dass du mit Zoe geredet hast“, sagte sie. „Keine Ahnung, warum ich dachte, ich könnte mich mit meiner Familie versöhnen, ohne mit meiner Mutter zu streiten. Es ist geradezu beängstigend, wie wir nahtlos dort weitermachen, wo wir seinerzeit aufgehört haben. Man sollte doch meinen, nach acht Jahre hätte sich etwas geändert.“
„Das wird es auch. Gib der Sache Zeit.“
Sie ging zur Couch.
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