Hafen der Träume: Roman (German Edition)
Seine Zunge hing heraus, und er sah Phillip mit glänzenden Augen an. »Guter Hund«, lobte Phillip. Vorsichtig nahm er die schmutzige Pfote und kraulte Foolish das seidenweiche Fell hinter den Ohren.
»Hallo.« Seth schlenderte über den Vorplatz. Seine Jeans waren fleckig vom Herumtollen mit dem Hund, und seine Baseballkappe saß schräg auf dem Kopf, so dass die strohblonden glatten Haare an einer Seite heraussahen. Das Lächeln kam dem Jungen sehr viel leichter und schneller auf die Lippen als noch vor wenigen Monaten, stellte Phillip fest. Aber es enthüllte eine Lücke.
»Hallo.« Phillip tippte an den Schirm der Baseballkappe. »Hast du etwas verloren?«
»Hmm?«
Phillip wies auf seine eigenen geraden Zähne von makellosem Weiß.
»Ach, das.« Mit dem für alle Quinns typischen Schulterzucken grinste Seth und schob seine Zunge durch die Lücke. Das Gesicht des Jungen war voller als noch vor sechs Monaten, und seine Augen blickten weniger misstrauisch. »Der Zahn saß locker. Musste ihn rausreißen vor ein paar Tagen. Hat schweinemäßig geblutet.«
Phillip sparte sich die Mühe, wegen Seths Ausdrucksweise zu seufzen. Für manche Dinge fühlte er sich einfach nicht zuständig. »Und hat die Zahnfee dir einen Wunsch erfüllt?«
»Red kein Blech.«
»Eines sage ich dir, Mann. Wenn du Cam keinen Dollar abgeluchst hast, bist du nicht wert, dass ich dich Bruder nenne.«
»Also gut. Ich habe zwei Dollar rausgeschlagen. Einen von Cam, den anderen von Ethan.«
Phillip lachte und schlang einen Arm um Seths Schulter. »Von mir bekommst du nichts mehr. Ich habe dich durchschaut«, sagte er und wandte sich zum Haus. »Wie war die erste volle Schulwoche?«
»Langweilig.« Eigentlich stimmte das nicht, gab Seth insgeheim zu. Die Schule war aufregend. Das ganze neue Zeug, das Anna mit ihm eingekauft hatte – ordentlich angespitzte Bleistifte, blütenweiße Schulhefte, Füllfederhalter mit vollen Tintenpatronen. Die Akte-X-Lunchbox hatte er abgelehnt. Nur ein Blödmann ging mit so einem Ding auf die Mittelschule. Immerhin, sich im Laden darüber lustig zu machen, war cool gewesen.
Seine Klamotten waren auch cool, und er hatte tolle Turnschuhe bekommen. Aber das Beste war, dass er zum ersten Mal in seinem Leben nach den großen Sommerferien, die im Juni begonnen hatten, in die gleiche Schule zurückkehren würde und die Kinder in seiner Klasse kannte.
»Hausaufgaben?« fragte Phillip mit erhobenen Brauen, als er die Haustür öffnete.
Seth rollte die Augen. »Mann, kannst du eigentlich an nichts anderes denken?«
»Junge, Hausaufgaben sind mein Leben. Vor allem deine.« Foolish stürmte vor Phillip durch die Tür und rannte ihn vor Begeisterung beinahe um. »Dem Hund musst du noch einiges beibringen.« Aber seine Gereiztheit verschwand sogleich. Er schnupperte. Auf dem Herd köchelte Annas Tomatensauce, und der köstliche Duft stieg ihm in die Nase. »Gottes Segen sei mit uns«, murmelte er.
»Manicotti«, teilte Seth ihm mit.
»Ach? Für diesen Anlass habe ich noch einen Chianti aufgehoben.« Phillip stellte den Aktenkoffer beiseite. »Die Bücher sind erst nach dem Essen dran.«
In der Küche stand seine Schwägerin und füllte Teigröllchen mit Käse. Die Ärmel ihrer tadellosen weißen Bürobluse waren hochgekrempelt, und über dem blauen Rock trug sie eine lange weiße Küchenschürze. Sie hatte ihre hochhackigen Schuhe ausgezogen und tanzte barfuß zu einer Arie, die sie summte. Carmen , erkannte Phillip. Annas wunderbare, dichte schwarze Locken waren hoch gesteckt.
Phillip blinzelte Seth zu und trat hinter sie, umfasste ihre Taille und drückte ihr einen geräuschvollen Kuss auf den Scheitel. »Lass dich entführen. Wir ändern unseren Namen. Dann bist du Sophia, und ich bin Carlo. Komm mit mir ins Paradies, wo du nach Herzenslust kochen kannst, nur für mich allein. Hier gibt es nur Bauernlümmel, und keiner weiß deine Künste so wie ich zu schätzen.«
»Ich fülle nur noch dieses eine Teigröllchen, Carlo. Dann packe ich meine Sachen.« Anna wandte sich um, und ihre dunklen, südländischen Augen lachten. »In einer halben Stunde gibt es Abendessen.«
»Ich entkorke die Weinflasche.«
»Und jetzt kann man nichts zu essen bekommen?« wollte Seth wissen.
»Im Kühlschrank steht Antipasto«, erklärte Anna. »Bedien dich.«
»Ach, nur Gemüse und so’n Fraß«, beschwerte sich Seth, als er die Platte herauszog.
»Genau.«
»O Mann.«
»Wasch dir die Hände, bevor du isst. Du hast den Hund
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