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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fragte er plötzlich. Der I. Offizier hob die Schultern.
    »Erster Eindruck: Forscher Kerl!«
    »Unsere weiblichen Passagiere werden vor dem Lazarett Schlange stehen.«
    »Und ihre Betten anwärmen …«
    »Kondition genug scheint der Junge zu haben.« Lutz Abels lachte. »Die erste wird unsere ›Bord BB‹ sein …«
    Über Berthilde Bolthe wird noch manches zu berichten sein …
    Zwei Stewards trugen die Koffer Dr. Benders über die Gangway. Es sah aus, als schafften sie Dr. Bender in Stücken von Bord …
    Die Luxus-Kabinen 101 und 103 lagen nebeneinander. 102 war gegenüber … hier wohnte Lord John McHolland, laut Reisepaß Diplomat Ihrer britischen Majestät, im Außenministerium mit besonderen, nicht weiter bezeichneten Aufgaben betraut. 101 und 103 waren Doppelkabinen, und in ihnen lebten seit zehn Stunden vier sehr vornehme, zurückhaltende, freundliche, höfliche, leise, unauffällige, schwarzgelockte, elegant gekleidete Herren. Ihre Schweinslederkoffer waren beste Handarbeit, ihre Manieren vollendet, sie verbreiteten unwiderstehlichen Charme um sich herum, und es gab bereits jetzt eine kleine, sehr einsatzfreudige Gruppe Damen an Bord, die sich auf die kommenden sechs Wochen auf See im wahrsten Sinne des Wortes von Kopf bis Fuß freute.
    An diesem frühen Morgen, wo nur die Mannschaft beschäftigt war, im Speisesaal I das Frühstück eingedeckt wurde, die beiden Schiffsärzte von Bord gingen und nur ein paar Frühaufsteher im Pool planschten, saßen diese vornehmen Herren gemeinsam in Kabine 103 und hatten ein großes Tuch zwischen sich ausgebreitet. Darauf lagen Gewehrläufe und Schlösser, Magazine, langstielige Bürsten und Öllappen, Schalldämpfer und automatische Pistolen. Die immer charmanten Herren hatten nur kurze Unterhosen und Unterhemden an, verdreckte Finger und putzten vier Maschinenpistolen. Dazu tranken sie Cola und Orangensaft, verzichteten aber wegen der explosiven Umgebung auf das Rauchen.
    »Amici –«, sagte Norman White gerade und blickte durch den innen blitzenden Lauf seiner MPi. Er war von den vieren der einzige mit einem englischen Namen. Die anderen hießen Filippo, Colezza und Benzoni. Trotzdem war sein Vater in Palermo geboren, aber wie er da geheißen hatte, wußte keiner mehr. »Amici – nach meiner Schätzung sind an Privatvermögen 10 Milliarden Dollar an Bord. Wenn wir nur den tausendsten Teil herausbekommen, sind das 10 Millionen Dollar! Man muß zugeben: ein sehr humanes Geschäft! Die Steuer ist da ein größerer Gangster, und die garantiert noch nicht einmal das Leben dafür …«
    Er legte den Gewehrlauf hin und putzte seine ölverschmierten Hände an einem Lappen ab.
    »Müssen wir noch einmal alles durchsprechen?«
    Tomaso Colezza winkte ab. Er war der jüngste der vier, 23 Jahre alt, ein Römerkopf wie aus dem Bilderbuch. Für ihn waren die ersten Nächte an Bord schon ausgebucht. »Wir sind keine Idioten, principale«, sagte er. »Wir haben genug geübt. Es wird alles klappen wie Spaghettiessen …«
    Es war ein böser Vergleich, denn gerade bei Spaghetti Bolognese kann man sich das Hemd bekleckern … Aber die vier ehrenwerten Herren dachten daran nicht, lachten laut und putzten ihre Waffen weiter.
    Um halb neun erschienen sie zum Frühstück, einzeln, hintereinander, in weißen Anzügen.
    Die Damen im Speisesaal reckten die Hälse, daß die Wirbel knackten.
    Pünktlich um elf Uhr legte die ›Fidelitas‹ vom Pier ab. Die Stahltrossen klatschten ins Wasser, die Anker rasselten zurück in den Schiffsleib, die Schrauben wirbelten das brackige Hafenwasser zu Schaum auf. Auf dem Sonnendeck spielte die Bordkapelle einen Blues, die Nebelhörner dröhnten den Abschiedssalut, im heißen Wind flatterten die Fähnchengirlanden. An der Reling standen die Passagiere und winkten fröhlich den wenigen Menschen zu, die drunten am Kai standen. Es war ja kein Abschied von der Heimat – der war schon vor Tagen erfolgt –, sondern nur von einem afrikanischen Hafen, der als Umsteigebahnhof gedient hatte.
    Dr. Wolff stand in der Tür an der Reling, wo eben noch die Gangway angeschlossen war, und blickte zurück auf den kleinen, gerbhäutigen alten Mann, der jetzt nicht mehr seine weiße Schiffsarztuniform trug, sondern einen einfachen, sehr unmodernen, zerknitterten hellgrauen Leinenanzug. Er schwenkte beide Arme, und Dr. Bender antwortete, indem er die rechte Hand grüßend an die zerzausten weißen Haare legte … eine letzte Ehrenbezeugung für ein Schiff, das seine ganze

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