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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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ich gelegentlich in New London aufgesucht hatte. Trotz der erschreckenden Umgebung lief mir das Wasser im Munde zusammen. Die Sucht nach Süßem ist eines der wenigen Laster, die mich menschlicher machen.
    Der Stoff über mir bewegte sich, wölbte sich unter dem Gewicht menschlicher Regungen. Ein schmaler Schlitz erschien an einer Stelle, an der zuvor kein sichtbarer Saum erkennbar gewesen war, und gab den Blick auf das Gesicht eines Mannes Ende dreißig frei. Er hatte kurz geschnittenes, glänzendes braunes Haar, blaue Augen, so fahl, dass sich die Iris kaum vor dem Weiß abhob, schmale rosarote Lippen und eingefallene Wangen, die dafür sorgten, dass sein zaghaftes Lächeln aussah wie ein Riss in einer Mauer. »Hallo! Willkommen in Hängemattenstadt! Wenn ich richtigliege, sind Sie die J. A.-Frau?«
    Im Allgemeinen erhob ich schon aus Prinzip Einwände gegen derartige Kürzel; allerdings lautet mein vollständiger Titel Associate Legal Counsel des Homo Sapiens Confederacy Diplomatic Corps Judge Advocate, und ich konnte kaum erwarten, dass irgendjemand imstande war, diesen Titel in einem Atemzug herunterzurattern. »Ja. Ich bin Counselor Andrea Cort. Sind Sie der Botschafter?«
    Seine schmalen Lippen zuckten. »Die Nutzung dieses Titels gestehen mir unsere geschätzten Hausherren nicht zu.«
    »Die KIquellen haben Einwände gegen den Titel ›Botschafter‹?«
    »Hier schon.«
    Wenn die intelligente Software anfing, sich wegen irgendwelcher Berufsbezeichnungen einzupissen, deutete das entweder auf eine wichtige Veränderung ihrer Beziehungen zu unserer Spezies hin, oder die Verhaltensrichtlinien auf One One One stellten eine Art Präzedenzfall dar. Aber das entsprach weitgehend dem, worauf man mich vorbereitet hatte. »Hat man Ihnen einen Grund dafür genannt?«
    Sein Lächeln fiel in sich zusammen. »Sie wurden auf dem Weg hierher offenbar nicht gerade umfangreich informiert.«
    »Ich bin erst seit sieben Stunden aus dem Interschlaf raus.« Und wartete immer noch auf den Zusammenbruch, der stets binnen vierundzwanzig Stunden nach dem Erwachen wie mit der Keule zuzuschlagen pflegt. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    »Ich denke, ich kann Ihre Frage drinnen beantworten. Wenn Sie mich inzwischen irgendwie ansprechen wollen, mein Name ist Gibb. Stuart Gibb. Sehen Sie in mir einfach den leitenden Oberarsch.« Der Schlitz öffnete sich etwas weiter, und er streckte mir beide Arme entgegen. »Holen wir Sie mal hier rauf, damit wir Sie auf den neuesten Stand bringen können. Möchten Sie mir irgendetwas anreichen?«
    Ich hatte eine weiche, zylindrische Tasche mit dreimal Kleidung zum Wechseln, ein paar Kosmetika und einer beträchtlichen Menge an Banngut dabei. Ich hatte nie irgendwelche Skrupel empfunden, sie irgendjemandem zu übergeben. Die Tasche war ein Tchi-Erzeugnis und als solches geradezu dafür geschaffen, Leute zufriedenzustellen, die ihre Tage und Nächte damit verbrachten, sich über irgendwelche eingebildeten, unpassenden Sonderrechte zu ereifern. Gibb hätte jeden Quadratzentimeter der Tasche tagelang studieren können, ohne je an meine Sachen zu kommen.
    Gibb verschwand mit meiner Tasche und ließ wenige Sekunden später eine Leiter herab. So locker sie herunterfiel und so sehr sie im Fallen im Wind auch flatterte, so solide war sie, nachdem sie einmal voll ausgerollt war und sich versteift hatte. Ich griff zu, überprüfte die Tragfähigkeit und fragte mich, wie es wohl wäre, wenn ich abrutschen und in diese sturmumtoste Hölle stürzen würde.
    Eine Erleichterung. Meine alte Todessehnsucht meldete sich mal wieder zu Wort.
    Ich atmete tief durch, zwang meine Glieder zur Ruhe, Ruhe, Ruhe, Ruhe, murmelte mein persönliches Mantra, Unsichtbare Dämonen, und kletterte hinauf.
    Als ich mich durch den Schlitz nach oben zog, hinein in die wärmere Luft und das trübere Licht, packte Gibb meinen Oberarm, um mich zu stützen. Seine Berührung war mir auf Anhieb zuwider. Ich ließ mich von ihm zu einer Stelle etwa einen Meter neben der Öffnung führen, wo ich mich ausruhen konnte, und mir war gar nicht wohl, als sich das weiche, gummiartige Material unter meinem zusätzlichen Gewicht noch weiter durchbog.
    Im Inneren erwies sich dieses hängemattenartige Gebilde als große, runde Kammer, die in der Mitte herabsackte. An einem kreisrunden Grat, der um die breiteste Stelle verlief, hing eine Vielzahl fest verschnürter Stoffbündel. Der Grat sorgte dafür, dass das ganze Gebilde eine Form behielt, die

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