Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
anhaltende Zeit des Verdrängens und der Befangenheit geschlittert.
Getröstet von ihren Freunden verstrich die Zeit und allmählich begannen die Wunden zu heilen. Und irgendwann, die schillernde Jahrtausendwende war schon lange vorüber, fand auch Amelie wieder den Mut, sich dem Leben erneut zu stellen. Aber dieses Mal wollte sie vieles besser machen. Ihr Plan sah vor, auf sämtliche Pannen, die das Leben ihr aufzeigte, mit Vorsicht und Weisheit zu reagieren und nicht wieder blindlings ins Unglück zu rennen. Sie wollte Situationen klug abwägen und, das war das Allerwichtigste, sie wollte sich nie wieder Hals über Kopf in irgendjemanden verlieben.
***
Etliche Jahre nach dem verheerenden, privaten Eklat, in der üppig besuchten Mozartstadt Salzburg, im renommierten Grand Hotel Mirabell, im geschäftigen Caférestaurant des Hotels ... zur irrsinnig stressigen Vorweihnachtszeit:
Advent, Advent ein Lichtlein brennt!
Warum nur, warum – muss alles vergehen?
Warum nur, warum - bleibt gar nichts bestehen!
Du gehst von mir ... schaust Dich nicht um.
Gib mir die Antwort,
warum nur, warum?
Warum ist gerade dieses Lied von Udo Jürgens im Radio zu hören? Melancholie kann ich momentan ganz und gar nicht gebrauchen. Ich zähle doch erst jugendliche neunundzwanzig Lenze und ich habe vermutlich noch ein langes, fabelhaftes Leben vor mir. (Nun, heute war zugegeben ein anstrengender, scheibenbekleisterterTag, demzufolge hat sich meine Lebenserwartung bedauerlicherweise leicht reduziert. Ach, nein, nein ... positiv denken, Amelie!)
Es ist wirklich ein Jammer, dass man sich am Ende eines stressigen Arbeitstages nur an jene zweiprozentige Gästeschicht erinnert, die an allem und jedem rumgemeckert hat. Man cancelt die achtundneunzigprozentigen positiven Aspekte des Tages aus dem Gedächtnis und hält einfach an den lächerlichen, aber zugegeben nervenaufreibenden zwei Prozent fest. Leider ankern an Tagen wie diesen oft verdrossene Gestalten in meinen Gewässern. Sie durchkreuzen dabei navigations- und ruhelos die Stadt und in der Folge legen sie irgendwann ihr marodes Schinakel in unserem Caféhaus an, nur, um dann alles (inklusive Servicekräfte – also mir und meinen lieben, gutmütigen Kollegen) in ihrem unmittelbaren Umkreis mit ihrer schlechten Laune zu injizieren.
Aber auch ein bescheidener Tag neigte sich irgendwann dem Ende zu, wobei sich heute das Verhalten unsere werten Lady Rainer am besten in meinem Gedächtnis verankert hat.
Sie bestellte bei mir zur Mittagszeit ein klassisches Wiener Schnitzel. Nachdem ich ihr das Gewünschte serviert hatte und gleich wieder abgebogen war - da muss man immens schnell sein, sonst fällt ihr wieder etwas ein -, hörte ich sie schon mit schriller Stimme nach mir rufen.
»Haaalllllllllooooooooo, Fräulein!« 1
»Bitte schön, Frau Rainer!«, erwiderte ich höflich. 2
»Die Kartoffeln sind ja eiskalt«, giftete sie mich brüsk an.
»Das ist ein Kartoffelsalat«, stellte ich klar und konnte bei meinem Erklärungsversuch schon ein zorniges Funkeln in ihren Augen aufblitzen sehen.
Nachdem ich mir selbst einzureden versuchte, dass sie nicht schlimmer war als andere, kam folgender Kommentar:
»Dann ist er viel zu warm!«
Glücklicherweise erging es meiner Freundin Elvira nicht viel besser. Lady Escher ist schwer leidend und darf – laut eigenen Angaben – eigentlich gar nichts mehr essen. »Ach, den Fisch, ja den dürfte ich schon essen, aber ...«
- das ist die Einleitung für eine umfangreiche Umbestellung. Zu guter Letzt bleibt von unserem Mittagsmenü nicht mehr allzu viel übrig:
Kastanienschaumsüppchen
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Pochierter Lachs mit Safranreis und Dillsauce
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Kaiserschmarren mit Zwetschkenröster
Dieser passable Menüvorschlag wird kurzerhand geändert in:
Grießnockerlsuppe ohne Schnittlauch
… Kommentar Lady Escher: Immer diese Cremesuppen, die verträgt unsereins ja nicht.
***
Gegrillter Lachs auf Vogerlsalat …
Aber den Salat auf einen extra Teller. Es kann ja nicht Sinn und Zweck sein, dass der wunderbare Fisch in der Salatmarinade ersäuft.
… Und den Salat nur mit Olivenöl und frisch gepressten Zitronensaft angemacht.
... Und gekochte Kartoffeln dazu, aber die müssen unbedingt ohne Butter und ungesalzen sein.
***
Esterhazyschnitte
(Anmerkung: Diese Buttercremeschnitte ist mitunter das üppigste
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