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Hallo Mister Alzheimer

Hallo Mister Alzheimer

Titel: Hallo Mister Alzheimer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Taylor
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den Symptomen lebt, wie man mit sich selbst lebt und wie man mit anderen Menschen lebt.
    Nun bin ich nicht gegen Grundlagenforschung über Ursachen und Heilverfahren, aber wenn sie mehr als 90 Prozent aller Forschungsgelder verschlingt, dann stimmt etwas ganz und gar nicht. Wir haben von Demenz betroffene Individuen vergessen. Wie sind wir dahin geraten? Die Wahrheit ist, dass derjenige die meisten Forschungsgelder erhält, der die stärkste Lobby hat. Zurzeit gibtes keine starke Lobby für Menschen mit Demenz, aber aus der Pharmaindustrie und aus Organisationen, die dem Märchen Glauben geschenkt haben, fließt viel Geld.
    Der Wert von Mythos Alzheimer und meinen Gesprächen mit diesen Denkern besteht in der Untersuchung des pharmazeutischen Komplexes und der Organisationen, die behaupten, uns zu unterstützen und die Beseitigung unserer Krankheit als Daseinsbegründung anführen. Diese und viele andere Autoren richten unseren Blick darauf, neue und andere Fragen, Antworten und Lösungen zu suchen.
    Gegenwärtig halte ich es für diejenigen von uns, die mit der Krankheit leben, für das Beste, sich klar zu machen, dass niemand die faktischen Antworten auf unsere Fragen hat. In Bezug darauf, was Alzheimer verursacht, wie er geheilt werden kann oder auch nur, wie man am besten ein Heilverfahren findet, gibt es keinen Konsens und es entsteht auch keiner. Es bleibt Personen mit Demenz überlassen, eigene Antworten zu finden und sie miteinander zu erarbeiten.
    Es tut mir leid, nicht mit einer befriedigenderen Antwort bezüglich dessen, woran wir leiden, aufwarten zu können. Gegenwärtig ist es jedoch die beste Antwort, die ich geben kann.
    Richard

37. Warum singt meine Frau, die an Demenz erkrankt ist?
    Lieber Richard,
    als ich am vergangenen Sonntag neben meiner Frau, Francis, in der Kirche saß, begann sie, zusammen mit der übrigen Gemeinde die Prozessionshymne zu singen. Sie kannte sogar die Worte der dritten Strophe: «Ein’ feste Burg ist unser Gott»! Zu diesem Zeitpunkt lebte meine Frau mit den Symptomen tiefster Demenz. In den vergangenen anderthalb Jahren hat sie nicht ein einziges Wort gesprochen. Sie ist kaum imstande, im Haus umher zu schlurfen.
    Seit jenem Sonntag habe ich begonnen, mit ihr gemeinsam zu summen. Sie kennt Hymnen und Lieder, deren Text ich längst vergessen habe. Es ist erstaunlich. Heißt das, ihr Zustand bessert sich? Wurden meine Gebete erhört? Heilen sie die Medikamente?
    Noah L.

    Hallo!
    Ihre Frau scheint mit dem Singen einen neuen Weg für sich entdeckt zu haben, um sich auszudrücken. So erging es vielen, die lange Zeit stumm waren. Plötzlich beginnen sie zu singen! Es scheint, als habe das Gehirn, unsere persönliche Quelle unendlicher Weisheit, der Speicherung und Zusammenstellung von Klängen eine besondere Rolle, aber keinen besonderen Ort vorbehalten. Singen entstammt vielen Regionen des Gehirns und stimuliert viele Teile davon. Wenn wir singen, zeigen sich Kaskaden von Hirnaktivität über das gesamte Gehirn hinweg. Das musikalische Gedächtnis wird besser erhalten als das sprachliche, weil Musik, anders alsSprache, nicht in einem bestimmten Hirnareal gelegen ist, sondern über viele Teile des Gehirns hinweg verarbeitet wird. Unser Gehirn scheint Musik zu mögen. Es hat einen einzigartigen Plan entwickelt, um sie zu speichern und abzurufen.
    Forscher und klinisch Tätige stellen fest, dass Menschen sich noch an Musik erinnern und darauf reagieren, wenn alle übrigen Kommunikationsmittel ausgefallen sind. Vertraute Lieder können Menschen mit Demenz helfen, mit anderen in Kontakt zu treten, sich leichter zu bewegen und Freude zu empfinden. Musik hat die Macht, den Geist zu umgehen, durch uns hindurch zu strömen und dabei starke Gefühle auszulösen und den Körper dahin zu bewegen, sich mit dem Rhythmus in Einklang zu bringen.
    Ich selbst habe immer gern gesungen. Ich kann es nicht sehr gut, aber das hat mich nie davon abgehalten, es oft, mit viel Freude und laut zu tun. Wenn ich allein bin und bisweilen in Gegenwart Dritter summe ich vor mich hin. Manchmal ist es ein altes Lied (ich mag die neuen nicht, ich kenne den Text nicht und es fällt schwer, sich darin einzuschwingen), manchmal ist es ein Kinderlied, das ich aus meinem Frontallappen anscheinend nicht loswerde.
    Das Interesse an Musik für Menschen mit Alzheimer hat enorm zugenommen. Kate Gfeller, Leiterin des Fortbildungsprogramms Musiktherapie an der University of Iowa, veröffentlichte im The Journal of Music

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