Halo 02 - Die Invasion
seiner Panzerung verschmolz. Im ersten Moment fühlte es sich an, als habe jemand ein Glas Eiswasser in sein Gehirn gegossen. Darauf folgte Schmerz und dann eine vertraute Gegenwart. Kurz vor der Katastrophe auf Reach hatte er schon einmal mit Cortana gearbeitet.
Die Verbindung zwischen Mensch und KI war auf der einen Seite unangenehm, auf der anderen jedoch beruhigend, weil er wusste, zu was Cortana in der Lage war. In den Stunden und Tagen, die vor ihm lagen, würde er sich auf sie verlassen müssen und sie sich auf ihn. Er war wieder Teil eines Teams.
Der Master-Chief salutierte und verließ die Brücke. Die Kampfgeräusche waren lauter geworden und wiesen darauf hin, dass die Kämpfer der Allianz trotz der Bemühungen der Mannschaft weiter vorgedrungen waren. Sie hatten die Luftschleusen hinter sich gelassen und waren bis zum Kommandodeck vorgestoßen.
Rund fünfzig Meter von der Brücke entfernt lagen Körper am Boden. Die menschlichen Verteidiger hatten sie zurückgeworfen, aber dem Chief war klar, dass der letzte Angriff kurz bevorstand. Zu kurz.
Der Master-Chief ging neben einem toten Fähnrich in die Knie, schloss die Augen der Frau und nahm die Munition an sich. Der Captain hatte ihm eine normale Pistole gegeben. Sie feuerte zwölf panzerbrechende 12,7 mm-Geschosse ab, die hochexplosiv waren. Einem Elitekämpfer würde er sich damit nicht entgegenstellen, für einen Grunt würde es jedoch reichen.
Es klickte metallisch, als er die Munition in die Pistole schob. Gleichzeitig tauchte ein blauer Kreis in seinem Helmdisplay auf – die Zielerfassung. Seine Panzerung hatte elektronischen Kontakt mit der Waffe in seiner Hand hergestellt.
Er wusste, dass er mit Cortana das Schiff verlassen musste und lief den Gang entlang. Er hörte seltsame hohe Quieklaute und Gebell, dann erst sah er die Grunts der Allianz. Der erste Außerirdische, der um die Ecke bog, war ein Veteran, was man an der rot abgesetzten Panzerung erkennen konnte. Er trug einen Methantank und den Pistolengurt eines Marines, der über den Boden schleifte. Zwei seiner Kameraden gingen hinter ihm her. Der Master-Chief verbarg sich im Korridor und wartete, bis die affenähnlichen Wesen näher herangekommen waren. Dann eröffnete er das Feuer. Die Kompensatoren in seiner Rüstung dämpften den Rückschlag, trotzdem spürte er, wie die Pistole gegen seine Handfläche schlug. Die drei Grunts brachen durch Kopfschüsse getötet zusammen. Phosphoreszierende blaue Flüssigkeit spritzte über den Boden.
Das war nicht viel, aber es war ein Anfang.
Der Master-Chief stieg über ihre Leichen hinweg und ging weiter. Sein Ziel war ein Rettungsboot, und er war entschlossen, alles zu tun, um auch eines zu finden.
Die Würdelosigkeit betrübte den Elitekrieger namens Isna ’Nosolee, aber da sie zu seinen Befehlen gehörte, wartete er ab, bis die Grunts, Jackals und zwei Mitglieder seines eigenen Volkes durch die Luftschleuse der Menschen gestürmt waren. Erst dann verließ er das Schiff selbst. Obwohl mit einer Plasmapistole und einem halben Dutzend Granaten bewaffnet, war er hier, um zu beobachten und nicht, um zu kämpfen. Das bedeutete, dass der Elitekämpfer gezwungen war, sich auf seine Energieschilde und seine aktive Tarnung zu verlassen. Beides würde ihn am Leben erhalten.
Seine Rolle, mit der er leider nicht sehr vertraut war, bestand darin, als „Ossoona“, als Auge des Propheten zu dienen. Sein Vorgesetzter hatte ’Nosolee erklärt, man müsse erfahrene Offiziere in Situationen bringen, in denen sie Informationen sammeln konnten. Das musste allerdings so früh erfolgen, dass es noch qualitativ hochwertige Informationen zu gewinnen gab.
Die Elite war zwar intelligent und mutig, aber die Propheten hatten den Eindruck, dass ihre Mitglieder dazu neigten, alles in ihrem Weg zu zerstören, sodass ihren Analysten nach der Schlacht kaum Gegenstände zur Auswertung verblieben.
Die Propheten hofften, dass sie durch einen Ossoona unter den Kämpfern mehr über die Menschen erfahren würden. Dazu gehörten Informationen über ihre Waffen und Truppenstärken ebenso wie die Aussicht auf den höchsten Preis, den es zu erringen gab: die Koordinaten ihres Heimatplaneten, der „Erde“.
’Nosolee hatte drei Aufgaben. Er sollte die KI des Schiffes entwenden, hohe Offiziere gefangen nehmen und alles, was er sah mit den Helmkameras aufzeichnen. Die ersten beiden Aufträge würden wohl schwierig zu erfüllen sein, aber zumindest die Videoausrüstung
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