Haltlos
Komm schon Miss ich-will-nicht-zu-spät-in-die-schulekommen-und-meinen-tadellosen-ruf-beim-lehrpersonal-verlieren!“ wie immer beugte sich Amber lächelnd zur Beifahrertür und stieß sie auf. Mit eiligen Schritten sprang Tessa die Stufen hinab und stieg hastig in Ambers Auto ein, bevor diese es sich noch anders überlegen würde und vor Ungeduld allein vorausfahren würde. „Bin schon da!“ trällerte sie ihrer Freundin belustigt über deren gespieltes abgenervt sein zu. „Anschnallen“, fauchte Amber ihr entgegen und fuhr rasant und johlend los. Sie stellte das Radio leiser und warf Tessa einen prüfenden Blick zu. Wenn sie es darauf anlegte, konnte sie aus Tessa lesen, wie aus einem Buch. Nachdem Tessa nicht mit der Sprache rausrücken wollte, ergriff Amber das Wort. „So ein mieser Tag heute?“ Tessa wollte etwas erwidern, doch Amber kam ihr zuvor. „Lass sein T. du brauchst doch nichts sagen. Zehn Jahre, ich weiß. Sagte doch ein sch… Tag.“ Auch das liebte Tessa an Amber. Sie brachte mit erstaunlicher Präzision all das zum Ausdruck, was in Tessa vorging.
2.
„OK, Sonnenschein. Jetzt lenken wir dich mal ein wenig von deinem selbst auferlegten Martyrium ab. Aber ich weiß, wie ich dich aufheitern kann. Was schaust du so skeptisch? Mir reicht ein einziges Wort aus, um die Gewitterwolken über deinem Kopf zu vertreiben. Ich sage nur: MIKE! – Ah, wusste ich es doch. Ich sehe ein Lächeln. - Wie geht es denn Mr. und Mrs. Perfekt so?“ Grinsend warf sie Tessa einen verstohlenen Blick zu und registrierte selbstverständlich, dass sich bei ihr die Wangen röteten. Hätte sie es nicht bemerkt, müsste man sich ernstlich Gedanken darüber machen, ob Tessa jemals wieder in ihrem Leben zu ihrer Freundin ins Auto steigen sollte, denn dann wäre Amber absolut blind. „Hör schon auf uns immer so zu nennen“, kicherte Tessa eher, als dass sie ernstlich sauer war. „Na seid ihr nicht mehr das perfekte Paar? Was ist denn am Wochenende vorgefallen, was du mir verschwiegen hast? Muss ja was richtig Schlimmes gewesen sein, wenn Du soo reagierst? Hat er sich es anders überlegt und sucht sich jetzt eine Freundin in seinem Alter?“ fragte Amber mit gespielter Unschuld in der Stimme. Tessa überlegte. Insgeheim sah sie Mike und sich natürlich als DAS perfekte Paar. Beide waren sie jung und gesund. Er war äußerst attraktiv und auch wenn sie wie jede andere Frau auf der Welt auch immer etwas an sich finden würde, dass ihr nicht gefiele, so würde sie doch auf einer Skala für gutes Aussehen von eins bis zehn auch um die neun bis zehn liegen. Wobei hier mal ganz schnell klarzustellen ist, dass die zehn natürlich die höchste und beste Note ist, die man erzielen kann. Mike studierte Wirtschaftsjura an der MWC. Tessa würde nach der High School ein BWL-Studium beginnen. Von ihren jetzigen Noten ausgehend auch tatsächlich erfolgreich beenden, im Gegensatz zu vielen anderen, die diesen Studiengang belegen. Danach würde sie die Leitung in der Firma der Familie übernehmen. Diese wurde zurzeit von den Aufsichtsräten geführt, was sich aber nach Abschluss ihres Studiums oder mit Beginn ihres 24. Lebensjahres ändern würde. So hatten ihre Eltern es verfügt. Von Lukas Seite aus war da wenig Hilfe zu erwarten, da er sich seit dem Tod ihrer Eltern eher zu einem sogenannten „Problemkind“ entwickelt hatte. Ständige Raufereien, Mutproben oder andere Vergehen kosteten ihn sowohl seinen Schulabschluss (nicht das er einen bei seinem Erbe nötig hätte) als auch seine reine Weste (mit anderen Worten er ist vorbestraft). Josh konnte ihn gerade so vor einem Ticket fürs Jugendgefängnis retten und ihm so einen weiteren Abrutsch auf der sozialen Leiter des Lebens ersparen. Nur gedankt hat Lukas es ihm nicht. Egal. Tessa war vermögender, als ein einzelner Mensch in seinem Leben ausgeben konnte. Dies hatte sie ihren Eltern und Großeltern zu verdanken. Ihre Großeltern haben aus dem nichts einen führenden Weltkonzern aufgebaut, den ihre Eltern nach deren Tod übernommen haben und wiederum ihren Kindern als Erbe hinterlassen hatten. Auch Mike kam aus einem guten Haus, soll heißen, dass auch seine Familie recht vermögen war. „Tess? T.? Hör doch auf schon wieder vor dich hin zu träumen. Erzähl schon, was war am Wochenende?“ „Da gibt es nicht viel zu erzählen.“ „Komm schon, du verarscht mich jetzt. Da war NICHTS? Aber du hast deinen Mr. Right schon zu Gesicht bekommen? Oder war er tatsächlich mit heißen
Weitere Kostenlose Bücher