Hamburger, Hollywood & Highways
verschmutzten Metropole der Welt, aber meine Lungen waren anderer Meinung. An Smogtagen gibt es in LA nur eine Devise: Man setzt sich wie viele der knapp 18 Millionen Einwohner ins Auto – gerne einen Hummer, der mit 30 Litern Spritverbrauch auf 100 Kilometer bei 470 Gramm CO2-Ausstoß seinen Beitrag zur grauen Suppe leistet – und kachelt runter zum Strand. Bevorzugt nach Muscle Beach, ein Viertel südlich von Santa Monica. Dort bläst meist ein ordentlicher Wind, und der Smog hat keine Chance. Deshalb konnte man in den guten alten Zeiten Arnold Schwarzenegger beobachten, wie er aus dem Gold's Gym kam. Hatte man richtig Glück, war er sogar in einem der Käfige am Strand zu bewundern. Die ähneln Raubtierzwingern im Zoo, und die Kerle darin pressen so schwere Hanteln in die Höhe, dass mir allein vom Zusehen die Lendenwirbel weh taten. Sicher werden diese Muskelprotze von den Scientologyleuten nie zum Verhaltenstest gebeten. Ich schaute eine Weile zu, und weil auch Maulaffen feilhalten Kalorien verbraucht, ging ich rüber zum Muscle Beach Café . Dort bestellte ich the choice of the day : Das Tages-Angebot war ein Chicken Salad Wrap mit dick Cream Cheese darauf. 1000 Kalorien pro Biss, aber es schmeckte. Arnie pflegte ja zu sagen, „man muss sich sein Frühstück verdienen“. Ich war der Meinung, beim Zusehen hatte ich das getan, wenn auch nicht in seinem Sinne.
Wird aus mir halt kein Governator.
An Schwarzenegger ist ohnehin nicht vorbeizukommen. Er ist omnipräsent im Golden State : Als millionenschwerer Immobilienunternehmer. Als erfolgreichster Schauspieler der 80er und 90er-Jahre. Als Republikanermitglied im demokratischen Kennedy- Clan – seine Ehefrau Maria Shriver ist die Nichte von John F. Kennedy. Und als Gouverneur in der zweiten Amtszeit. Keine schlechte Karriere für einen, der in seiner österreichischen Heimatstadt Thal nicht über den Hauptschulabschluss hinaus kam. Wie kein Zweiter verkörpert Arnie den American Dream . Du kommst als armer Schlucker. Du legst deine Vergangenheit ab. Du kannst alles erreichen. Voraussetzung dafür sind harte Arbeit und Disziplin. Eben nach dem Motto „du musst dir dein Frühstück verdienen“. Das hat er zweifelsohne getan, auch wenn die politische Arbeit des fünffachen Mr. Universum und siebenfachen Mister Olympia unterschiedlich bewertet wird. Seine Ansichten zur Einwanderungsproblematik – die nirgends so groß ist wie in Kalifornien –, zur Todesstrafe und zur gleichgeschlechtlichen Ehe gleichen denen eines strammen Rechten. Sein Durchsetzungsvermögen in der Umweltpolitik dagegen lässt so manchen Grünen blass aussehen. Diese scheinbaren Gegensätze sind typisch für Amerika: Schubladendenken ist etwas für Verlierer. Gewinner machen, was sie für richtig halten. Das gesetzlich abgesicherte umweltpolitische Ziel Schwarzeneggers kann sich jedenfalls sehen lassen: Bis zum Jahr 2050 dürfen in Kalifornien Treibhausemissionen nur 20 Prozent von denen im Jahr 1990 betragen. Also werde ich 2050 wieder in die Stadt der Engel kommen, mich als 85-jähriger unter die Hanteln am Muscle Beach wagen, um mir unter blauem, treibhausgasfreiem Himmel das Frühstück zu verdienen.
Mein Traum von Amerika begann, als ich zwölf Jahre alt war. Damals existierten bei uns im Schwarzwald eine Handvoll weit verstreuter Kinos. So wurde ich zum begeisterten Tramper. Es gab nichts Schöneres, als in finsterer Nacht zur Spätvorstellung ins KKKFilmtheater nach Oberndorf am Neckar zu trampen oder zum Double-Feature ins Spaichinger Kino, wo zwischen den Filmen zwei betagte Damen Rote Würste neben der Kasse kochten. Dort sah ich „Der Weiße Hai“, „Krieg der Sterne“, „Superman“ und „Convoy“ von Sam Peckinpah. Darin wird Trucker Martin Penwald auf einem einsamen Highway vom korrupten Sheriff Lyle Wallace in eine Radarfalle gelockt, was er sich aber nicht gefallen lässt. Andere Trucker solidarisieren sich und bilden einen Konvoi. Es kommt zu jeder Menge Verfolgungsjagden und Explosionen, und für mich war klar, Convoy war der Film des Jahrhunderts. Erstens war mein Papa Trucker, zweitens frönte Penwald wie ich dem CB-Funk, wo er unter dem Code-Namen „Rubber Duck“, also Gummiente, bekannt war, während ich unter „Delta 7“, dem Raumschiff aus den Romanen von Mark Brandis, die Frequenzen beglückte. Noch verführerischer war der Anblick der Highways, die in Convoy und in Hunderten anderer Filme immer direkt in die Freiheit zu führen schienen. Ich konnte an
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