Obi-Wan Kenobi und die Biodroiden
1
Ein halbes Jahrtausend lang hatte Coruscant mit seinen goldenen Türmen wie die galaktische Krone der Republik geglänzt. Die Brücken und gewölbten Solarien stammten aus vergangenen Zeitaltern, als keines Führers Worte zu vermessen schienen, kein Wolkenkratzer zu spektakulär war. Die titanische Ausbreitung der Stadt proklamierte verwegen die Eroberung des Kosmos durch die Ratio.
Mit dem Beginn der Klonkriege glaubten manche, die glorreichen Tage seien vorbei. Ob die Holonachrichten nun von Sieg oder Niederlage berichteten, es fiel nicht schwer, sich vorzustellen, wie brennende Schiffe an fernen Himmeln trudelnd abstürzten, wie riesige Armeen aufeinander prallten und wie unzählige Träume starben. Der Frage, ob der gierige Rachen des Krieges nicht eines Tages auch das Juwel der Republik verschlingen würde, konnte man kaum ausweichen. In dieser Zeit bedeutete das Wort Stadt keinesfalls Errungenschaft, sondern Verletzlichkeit. Nicht Zuflucht, sondern mögliche Zerstörung.
Trotz dieser Ängste blieben die Milliarden Einwohner von Coruscant zuversichtlich und führten ihre Myriaden Leben fort. Ein Schwarm hakenschnabliger Thrantcills flog in perfekter Rautenformation durch Coruscants friedlichen, hellblauen Himmel. Seit hunderttausend Standardjahren zogen sie zum Winter nach Süden, und auch dieses Jahr würde es wohl wieder so sein. Ihre schwarzen Augen hatten mit angesehen, wie die Zivilisation das Tierreich unerbittlich zurückgedrängt hatte. Die früheren Herren des Planeten suchten jetzt in Durabetonschluchten nach Futter, ihre natürlichen Lebensräume waren künstlichen Sümpfen und Permabetonwäldern gewichen. Es war, so behaupteten andere, eine Zeit der Wunder und der wunderbaren Wesen aus hunderttausend verschiedenen Welten. Es war eine Zeit für Optimismus, für Träume und für ungezügeltes Streben.
Eine Zeit voller Möglichkeiten für jene, die Visionen hatten.
Die rot-weiße Scheibe des für zwei Passagiere ausgelegten Transporters der Limulus-Klasse schob sich durch die Wolkendecke von Coruscant. In der Morgensonne glitzerte er wie versilbertes Eis. Wie zu unhörbarer Musik tanzte das Schiff, das seinen modularen Hyperantrieb im Orbit ausgeschaltet hatte, in Spiralen abwärts durch die Schleierwolken und landete leise und sanft wie ein Kuss. Die glatte, glasartige Seite kräuselte sich. Ein rechteckiger Umriss erschien und glitt nach oben. Ein großer bärtiger Mann in einer braunen Robe trat in die Tür und sprang heraus; ihm folgte ein zweiter, glatt rasierter Passagier.
Der Bartträger hieß Obi-Wan Kenobi. Seit so vielen Jahren, dass er sie zu zählen aufgehört hatte, war Obi-Wan der bekannteste Jedi-Ritter der gesamten Republik. Der Zweite, ein beeindruckender jüngerer Mann mit feinem braunem Haar, hieß Anakin Skywalker. Obwohl er seine Jedi-Ausbildung noch nicht abgeschlossen hatte, stand er in dem Ruf, einer der mächtigsten Krieger der Galaxis zu sein.
Sechsunddreißig Stunden lang waren die beiden in ihrem Schiff unterwegs gewesen und hatten währenddessen ihre Jedifähigkeiten genutzt, um sich so lange auf den Beinen zu halten. Obi-Wan war müde, gereizt, ausgehungert und fühlte sich wie jemand, dem man Sand in die Gelenke gestreut hatte. Anakin, so fiel ihm auf, wirkte dagegen frisch und zu allen Schandtaten bereit.
Die heilsamen Kräfte der Jugend, dachte Obi-Wan reumütig.
Nur eine dringende Weisung vom Obersten Kanzler Palpatine hatte die beiden von ihrem Auftrag auf Forscan VI zurückrufen können.
»Also, Meister«, sagte Anakin. »Ich nehme an, hier trennen sich unsere Wege.«
»Ich habe keine Ahnung, worum es eigentlich geht«, antwortete der ältere Mann, »aber du wirst deine Zeit mit Studien im Tempel verbringen.«
Obi-Wan und Anakin gingen den Wolkensteg entlang. Von weit unten dröhnte der Verkehr der Stadt herauf, und der Blick auf die Gehsteige und Straßen wurde gelegentlich durch einen Wolkenschleier oder verirrte Thrantcills abgelenkt. Hinter ihnen entfaltete sich ein verwirrendes Netz von Straßen und Brücken, aber Obi-Wan hatte im Moment für die Schönheit des Anblicks nur wenig übrig. Im Augenblick hatte er andere, dringlichere Sorgen.
Als könnte sein Padawan Gedanken lesen, sagte Anakin: »Ich hoffe, Ihr seid nicht mehr verärgert, Meister.«
Er wollte es also noch einmal ansprechen, sein unbesonnenes Verhalten auf Forscan VI. Forscan VI war eine Planetenkolonie am Rande des Cron-Nebels, die gegenwärtig weder der Republik noch der
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