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Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Anleitung« anhand der Länge ihrer Schatten die Höhe der Burgtürme berechnet hatte. Das veranlasste Graf Lecter, sich nach einem besseren Hauslehrer umzusehen – und keine sechs Wochen später traf Herr Jakov, ein bettelarmer Gelehrter aus Leipzig, auf Burg Lecter ein. Die Begegnung mit ihm führte zum dritten einschneidenden Erlebnis Hannibals.
    Graf Lecter stellte Herrn Jakov seinen neuen Schüler in der Schlossbibliothek vor und ließ die beiden dann allein. An regnerischen Tagen hing ein Hauch von kaltem Rauchgeruch in der Bibliothek, der unauslöschlich in das uralte Gemäuer eingegraben schien.
    »Mein Vater sagt, Sie werden mir viel beibringen.«
    »Wenn du viel lernen willst, kann ich dir dabei helfen.«
    »Er hat mir erzählt, Sie sind ein großer Gelehrter.«
    »Ich bin ein Lernender.«
    »Meiner Mutter hat er erzählt, Sie wären von der Universität ausgeschlossen worden.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Warum?«
    »Weil ich Jude bin – Aschkenase, um genau zu sein.«
    »Aha. Sind Sie unglücklich?«
    »Dass ich Jude bin? Darüber bin ich froh.«
    »Nein, ich meinte: Sind Sie traurig, nicht mehr an der Universität lehren zu können?«
    »Ich bin froh, hier zu sein.«
    »Fragen Sie sich, ob ich Ihre Zeit auch wert bin?«
    »Jeder verdient es, dass man sich mit ihm beschäftigt, Hannibal. Wenn jemand auf den ersten Blick langweilig erscheint, musst du nur genauer hinsehen, du musst in ihn hineinsehen.«
    »Hat man Sie in dem Zimmer mit dem Eisengitter vor der Tür untergebracht?«
    »Ja.«
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen – es lässt sich nicht mehr abschließen.«
    »Das habe ich zu meiner Beruhigung auch schon festgestellt.«
    »In diesem Raum war früher einmal Onkel Elgar untergebracht.« Hannibal begann, seine Stifte vor sich aufzureihen. »Das war in den 1880er Jahren, lange vor meiner Zeit. Sehen Sie sich die Fensterscheibe in Ihrem Zimmer einmal genauer an. In das Glas ist mit einem Diamanten ein Datum eingeritzt. Das hier sind die Bücher, die Onkel Elgar geschrieben hat.«
    Hannibal deutete auf ein Regal voll riesiger Lederfolianten, von denen einer stark verkohlt war.
    »Wenn es draußen regnet, riecht es hier drinnen immer nach Rauch. Die Wände waren mit Heuballen verkleidet, um seine Reden zu dämpfen.«
    »Seine Reden?«
    »Ja, es ging darin um religiöse Fragen, aber ... wissen Sie, was ›Unzucht‹ oder ›unzüchtig‹ bedeutet?«
    »Ja.«
    »Ich selbst weiß es zwar nicht so genau, aber ich glaube, es bedeutet Dinge, die man in Mutters Anwesenheit nicht sagen würde.«
    »So könnte man es ausdrücken«, bestätigte Herr Jakov.
    »Was das Datum auf der Fensterscheibe angeht – es ist genau der Tag, an dem jedes Jahr der erste Sonnenstrahl auf das Fenster trifft.«
    »Onkel Elgar hat auf die Sonne gewartet.«
    »Ja, und es ist auch der Tag, an dem er dort drinnen verbrannt ist. Sobald der erste Sonnenstrahl in sein Zimmer fiel, bündelte er mit dem Monokel, das er beim Verfassen dieser Bücher trug, das Licht und entzündete damit das Heu, mit dem die Wände ausgekleidet waren.«
    Im Anschluss an dieses Gespräch zeigte Hannibal seinem neuen Lehrer Burg Lecter. Nach der Besichtigung des Hauptgebäudes überquerten sie den Hof mit dem mächtigen Steinblock, in dessen Mitte ein massiver eiserner Ring eingelassen war. Auf der flachen Oberseite des Steins waren die Scharten einer Axt zu erkennen.
    »Dein Vater hat mir erzählt, du hast die Höhe der Burgtürme berechnet.«
    »Ja.«
    »Wie hoch sind sie?«
    »Der Südturm genau vierzig Meter, der andere einen halben Meter niedriger.«
    »Was hast du als Gnomon verwendet?«
    »Den Stein hier. Ich habe die Höhe des Steins und die Länge seines Schattens gemessen und dann um die gleiche Uhrzeit den Schatten der Türme, und anhand dieser Längenverhältnisse habe ich anschließend mithilfe des Strahlensatzes die Höhe der Türme berechnet.«
    »Die Seitenkanten des Steins sind aber nicht genau senkrecht.«
    »Deshalb habe ich mein Jojo als Senkblei verwendet.«
    »Konntest du die zwei Messungen gleichzeitig vornehmen?«
    »Nein, Herr Jakov.«
    »Wie groß ist die durch den Zeitunterschied bedingte Abweichung zwischen den beiden Schattenmessungen?«
    »Wegen der Drehung der Erde beträgt sie alle vier Minuten ein Grad. Das hier ist übrigens der Rabenstein. Nana darf mich auf keinen Fall auf ihn setzen.«
    »Verstehe«, sagte Herr Jakov. »Er hat wohl einen längeren Schatten, als ich dachte.«
    Sie hatten es sich zur Angewohnheit

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